Oberösterreich

Zu wenig Personal: Krankenhaus in Steyr setzte Patientin übers Wochenende vor die Türe

Das Krankenhaus in Steyr musste eine Patientin übers Wochenende nach Hause schicken, weil es zu wenig Personal gibt. Solche „Einzelfälle“ häufen sich in Oberösterreichs Gesundheitssystem. Bundesweit sind derzeit 100 Arztpraxen unbesetzt. 55 davon entfallen auf ein einziges Bundesland: OÖ.

Am Donnerstag bekommt die erwachsene Tochter einer Patientin einen Anruf aus dem Krankenhaus in Steyr: Die Frau Mutter muss überraschend schon am nächsten Tag abgeholt werden. Die Patientin liegt eigentlich auf der Remobilisierungs-Station, muss übers Wochenende aber heim. Es gebe nicht genug Personal, um sie am Wochenende zu versorgen.

Solche „Einzelfälle“ häufen sich in Oberösterreichs Spitälern, berichten Insider aus dem Gesundheitswesen der NeuenZeit. In manchen Krankenhäusern soll es „drunter und drüber gehen“, weil sowohl Ärzt:innen als auch Pflegepersonal fehlen. In Oberösterreichs größtem Krankenhaus, dem Kepler-Klinikum in Linz, sollen mittlerweile Betten aufgrund von Personalmangel leer stehen.

„Meine Kolleginnen und Kollegen sagen, dass die Patienten gar nicht mehr in dem Ausmaß betreut werden können, ohne dass es gefährlich wird“, sagt Kepler-Klinikum Betriebsratsvorsitzender Helmut Freudenthaler zum ORF.

Auch die oberösterreichische Ärztekammer gesteht ein: „Wir verschieben Planoperationen“.

Ärztemangel in Oberösterreich: 55 Praxen stehen leer

Der Personalmangel im Gesundheitsbereich ist österreichweit ein Problem. In Oberösterreich dürfte die Lage aber besonders angespannt sein. Im sogenannten niedergelassenen Bereich – also außerhalb der Spitäler – sind derzeit bundesweit 100 Arztpraxen unbesetzt. Mehr als die Hälfte davon entfallen auf ein einziges Bundesland: OÖ. 55 Praxen jeglicher Fachrichtung stehen hierzulande leer.

SPÖ-Gesundheitssprecher Peter Bind: „OÖ hat Entwicklungen verschlafen“. // Bild: SPÖ

Für das Gesundheitswesen in Oberösterreich zuständig ist Landeshauptmann-Stellvertreterin Christine Haberlander (ÖVP). SPÖ-Gesundheitssprecher Peter Binder wirft ihr vor, „Entwicklungen zu verschlafen und die Verantwortung immer nur an die Ärztekammer“ und andere Akteure abzuschieben. „Es gibt keine richtige Personalplanung im Gesundheitsbereich. Dabei wäre genau das die Aufgabe der Landesregierung. Vor allem im Bereich der Krankenanstalten, aber auch im niedergelassenen Bereich, weil das kommunizierende Gefäße sind“, sagt Binder.

Neuestes Beispiel der Personalplanung in OÖ: Die Landesregierung hat diese Woche drei neue MRT-Geräte für Oberösterreich beantragt. Aber bisher noch nicht daran gedacht, auch Personal aufzustocken, das die neuen Geräte dann bedienen kann.

Gesundheitskasse macht 350 Mio. Euro Minus

Geld allein heilt noch keine Wunden, aber die dringend benötigten Ärzt:innen und Pfleger:innen kosten eben solches. Umso ärgerlicher aus oberösterreichischer Sicht ist das Budget der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). Die ÖGK rechnet heuer mit einem Verlust von 356,8 Millionen Euro, 2023 soll es sogar ein Minus von 468,2 Millionen Euro sein.

In OÖ wirtschaftet die ÖGK traditionell gut. 2021 gelang ein Überschuss von 92,4 Millionen Euro. Weil die Gesundheitskasse aber österreichweit ein Minus schreibt, wandert der oberösterreichische Überschuss zur Gänze nach Wien, um das Defizit zu mildern. Grund ist die von der ehemaligen ÖVP-FPÖ-Regierung beschlossene Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen zu einer österreichweiten Gesundheitskasse. Dabei hatten Landeshauptmann Thomas Stelzer und Gesundheitslandesrätin Christine Haberlander immer versprochen, dass der oberösterreichische Überschuss trotz Kassenreform in OÖ bleibe…

SPÖ-Gesundheitssprecher Peter Binder fordert jetzt eine „Reform der Kassenreform: Es braucht eine Landesgesundheitskasse für Oberösterreich inklusive demokratischer Selbstverwaltung und eine Rückgabe der rund 500 Millionen Euro Rücklage der früheren Gebietskrankenkasse.“ Zudem verlangt Binder eine mittelfristige Personalplanung und kurzfristige Investitionen. So könnten etwa Wahlärztinnen und Wahlärzte so eingesetzt werden, dass sie breite Versorgung übernehmen.

Philipp Stadler

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