Niederösterreich

„Schlag ins Gesicht“: Schließung des Agrana-Zuckerwerks in Leopoldsdorf kostet 120 Arbeitsplätze

Nicht nur für die Arbeitnehmer:innen der Agrana in Leopoldsdorf gab es vergangene Woche schlechte Nachrichten – auch für die Kommune bedeutet die Schließung der Produktionsstätte herbe Verluste. Für die Beschäftigten soll es umfangreiche Unterstützungsangebote geben. Die SPÖ fordert eine permanente Arbeitsstiftung, die den 120 Gekündigten nun weiterhilft.

Noch im Jänner hatte der Zucker-, Frucht- und Stärkekonzern angekündigt, mit einer neuen Strategie hunderte Millionen Euro einsparen zu wollen. Eine Standortdiskussion wollte Vorstandschef Stephan Büttner zu diesem Zeitpunkt noch nicht führen. Dann kam die überraschende Bekanntgabe des Aufsichtsrats: zwei der vier Produktionsstätten sollen geschlossen werden – mit sofortiger Wirkung.

In Niederösterreich ist das Werk in Leopoldsdorf im Marchfeld in Niederösterreich betroffen. Grund für die Schließungen ist laut offizieller Mitteilung des Konzerns eine Gemengelage aus steigenden Kosten, Wettbewerbsdruck, Marktliberalisierungen und regulatorische Vorgaben, die das Weiterführen der Fabriken laut Büttner “wirtschaftlich untragbar” machen soll. Es soll allerdings ein Teil des Standorts als Logistikhub beibehalten werden.

Agrana Leopoldsdorf: Betriebsrat verhandelt Sozialplan

Nun hat das Unternehmen 120 von insgesamt 150 Arbeitnehmer:innen beim AMS im Frühwarnsystem für die Kündigung angemeldet. Für die betroffenen Beschäftigten soll es “umfangreiche Unterstützungsangebote” geben. Das könnten etwa Umschulungen und Qualifikationsprogramme, individuelle Abfindungen und Beratung bei der beruflichen Neuorientierung sein. Auch die Möglichkeit der Übernahme von Stellen an anderen Standorten wird geprüft. Derzeit verhandelt der Betriebsrat einen Sozialplan mit der Konzernspitze. Für die Menschen vor Ort scheint das ein schwacher Trost zu sein.

Mit meinem Alter muss ich wieder schauen, dass ich einen Job finde. Das ist ein harter Schlag ins Gesicht.

Das erzählt Peter Oswald, der den Job in der Agrana schon Jahrzehnte ausgeübt hat. Im Vordergrund steht für viele nicht nur der Verlust eines Arbeitsplatzes, den sie kennen und schätzen, sondern ein “Arbeitsumfeld sehr familiär ist” – wie Maschinenbautechniker Florian Fritscher dem ORF gegenüber schildert.

Agrana-Schließung: “Eine Katastrophe für die Region“

Die Schließung der Agrana-Produktionsstätte bedroht nicht nur die Einkommens- und Lebenssituation der persönlich betroffenen Arbeitnehmer:innen, sondern hat Folgen für die gesamte Kommune: das Lohnniveau, der angespannten Arbeitsmarkt, mangelnde Perspektiven in einem von Abwanderung betroffenen ländlichen Raum.

Die Gemeinde rechnet mit gravierenden Konsequenzen: rund 400.000 Euro Kommunalsteuereinnahmen können laut SPÖ-Bürgermeister Clemens Nagel fehlen. “Eine Katastrophe für die Region,” so beschreibt Nagel. Er befürchtet, dass die Gemeinde die sich zuspitzende Situation trotz Sparmaßnahmen nicht aus eigener Kraft bewältigen kann.

SPÖ Niederösterreich: Arbeitsstiftung soll Betroffene auffangen und Perspektiven bieten

SP-Landesvorsitzender und Kontroll-Landesrat Sven Hergovich sowie der rote Agrarsprecher und Landtagsabgeordnete René Zonschits sprechen sich angesichts der zu erwartenden Folgen dafür aus, den Industriestandort Niederösterreich mit einem Konjunkturpaket und neuen Beschäftigungsinitiativen zu stärken. So wollen sie verhindern, dass weitere Traditionsbetriebe langfristig zu Industrieruinen verkommen.

Zonschits plädiert zudem für die Einrichtung einer permanenten Arbeitsstiftung in Niederösterreich. Vorbild hierfür könnte die Stiftung sein, die im vergangenen Jahr für die Beschäftigten der Kika/Leiner-Pleite eingerichtet wurde.

NeueZeit Redaktion

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