Zuerst ankündigen und dann erst überlegen, wie das umgesetzt werden könnte: ÖVP und Grüne bekommen für ihre Corona-Politik der letzten Monate die Rechnung präsentiert. Sie verlieren laut einer aktuellen Umfrage ihre Regierungsmehrheit und kommen zusammen nur mehr auf 48% der Stimmen. Umfrage-Gewinnerin ist SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner: Sie hat die meisten Positiv-Nennungen aller Parteivorsitzenden.
Wäre nächsten Sonntag Nationalratswahl, würden die Österreicherinnen und Österreicher die Bundesregierung abwählen. ÖVP und Grüne verlieren laut der aktuellen Research-Umfrage der Tageszeitung Österreich ihre Regierungsmehrheit. Sie kommen gemeinsam nur mehr auf 48% der Stimmen. Das ergibt 91 Mandate für Türkis-Grün – genau eines zu wenig, um im Parlament die Mehrheit zu haben.
Von den 1.000 befragten Personen (max. Schwankungsbreite: 3,2%) gaben 39% an, die ÖVP wählen zu wollen. Der grüne Koalitionspartner kommt nur auf 9% der Stimmen. Damit wäre die Regierungsmehrheit weg. Die SPÖ legt leicht auf 24% zu, die FPÖ bleibt bei 16%, die NEOS bei 9%.
Das Ergebnis der Sonntagsfrage schlägt sich auch in der Zufriedenheit mit Kurz und Co nieder: Erstmals ist laut Österreich-Umfrage die Mehrheit der Bevölkerung (52%) mit der Bundesregierung unzufrieden. Vor einem Jahr war das noch anders – damals waren insgesamt 70% mit Türkis-Grün zufrieden. Jetzt sind es nur mehr 48%.
Ein ähnliches Bild zeigt auch das neue Politbarometer der Tageszeitung Heute. Abefragt wurde, wer in den letzten 14 Tagen „positiv“ oder „negativ“ aufgefallen ist. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) rasselt bei der Abfrage nach unten: Nur mehr 35% bewerten den Kanzler positiv, gleich 45% stellen ihm ein negatives Zeugnis aus. Etwas besser dran ist Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne): Er hat einen negativen Saldo von „nur“ minus 4 Prozentpunkten. Klare Umfrage-Gewinnerin ist SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Sie ist die einzige aller Parteivorsitzenden, die mehr positive als negative Nennungen aufweist. Die Sozialdemokratin hat überhaupt den höchsten Zustimmungswert im aktuellen Politbarometer: 36% der Befragten geben an, dass Rendi-Wagners Arbeit positiv aufgefallen ist.
Die Wende in den Umfragen liegt wohl an der Corona-Krise, die alle anderen Themen überlagert. Während SPÖ-Chefin Rendi-Wagner als Gesundheitsexpertin punkten kann, verlieren ÖVP und Grüne stetig an Zustimmung. Das überrascht wenig, folgte das Corona-Management der Regierung in den letzten Monaten doch einem recht einfachen Schema: Zuerst groß ankündigen und dann erst überlegen, wie sich das irgendwie ausgehen könnte. Oder die Verantwortung gleich an die Bundesländer (die jetzt für die Abwicklung der Impfungen zuständig sind) oder Gemeinden (sie müssen die Test-Strategie umsetzen) abschieben.
Beispiele dafür gibt es genug. Im Dezember etwa versprach Bundeskanzler Sebastian Kurz Massentests vor Weihnachten und überraschte damit selbst seinen eigenen Gesundheitsminister, der anfangs in die Pläne gar nicht eingeweiht war. Die Bilanz der Massentests: Nur ein Viertel der Bevölkerung nahm das Angebot an, bei der Beschaffung der Tests pfuschte die Regierung und verschleuderte insgesamt 93 Millionen Euro an Steuergeld.
Ebenfalls vor Weihnachten kündigte Kurz das sogenannte Freitesten an. Auch diese Ankündigung scheiterte. Ein paar Wochen später wollte die Regierung stattdessen „Eintrittstests“ durchsetzen, um bestimmte Veranstaltungen wie Sportevents oder Konzerte wieder zu öffnen. Auch das wurde abgeblasen.
Am 1. Dezember des Vorjahres vermeldete die Regierung, dass die ältere Bevölkerung mit kostenlosen Masken der hohen Schutzklasse „FFP2“ versorgt werden soll. Alle über 65-Jährigen sollten je zehn Stück der Gratis-Masken erhalten. Der Haken: Anfang Jänner sind die Gratis-Masken nur bei 280.000 von 1,7 Millionen betroffenen Personen angekommen.
Fast schon in Vergessenheit geraten ist eine große Ankündigung zu Beginn der Pandemie. Im Frühling wurde die Forderung nach einer Bonuszahlung für alle Beschäftigten laut, die auch während des ersten Lockdowns im Krankenhaus oder im Handel arbeiten mussten. Nachdem die Gewerkschaft 140.000 Unterschriften für die Bonuszahlung für die „Helden der Krise“ gesammelt hatte, stellten Vizekanzler und Gesundheitsminister den Corona-Tausender in Aussicht. Angekommen ist er bis heute nicht.
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