Die Corona-Krise trifft Alleinerzieherinnen besonders hart. Viele Unterstützungsleistungen für Eltern sind auf die klassische Vater-Mutter-Kind-Familie zugeschnitten. Das gilt auch für die Corona-Hilfspakete. Alleinerziehende gehen leer aus. Über 90 % von ihnen sind Frauen.
Ob sie nun in Kurzarbeit sind, arbeitslos, im Home Office oder regulär arbeiten: Alleinerzieherinnen kommen durch Corona besonders hart dran. Die einen wissen nicht, wie sie über die Runden kommen sollen, weil sie den Job verloren haben, oder in Kurzarbeit sind. Während sie nicht mehr weiter wissen, sollen sie gute Miene zum bösen Spiel machen: denn tagsüber ist Homeschooling angesagt. Wer im Home Office ist, muss sich parallel zur regulären Arbeit ebenfalls als Lehrkraft versuchen. Und Alleinerzieherinnen, die außer Haus arbeiten, wissen nicht, wie sie ihre Kinder betreuen sollen. Ihren Urlaub mussten die meisten bereits im ersten Lockdown aufbrauchen, als die Schulen im Frühjahr geschlossen waren. Und dann kommt noch die Arbeit zu Hause. Der durchschnittliche Arbeitstag einer Alleinerzieherin dauert 15 Stunden.
Viele Eltern mussten in den letzten Monaten beruflich kürzer zu treten. Dadurch sinken ihre potenziellen Lebenseinkommen, berechnete das Momentum-Institut im Frühjahr. Und schon damals zeigte sich, dass Mütter deutlich schlechter aussteigen als Väter. Hochgerechnet verlieren sie durch den ersten Lockdown durchschnittlich 5.100 € Lebenseinkommen – doppelt so viel wie Väter mit 2.500 €. Insgesamt verlieren Mütter in Österreich 1.3 Milliarden an potenziellem Einkommen.
Nach dem zweiten Lockdown stellt sich die Lage ungleich dramatischer dar. Aktuelle Studien zeigen: Frauen reduzierten im letzten halben Jahr durchschnittlich im gleichen Ausmaß, wie die unbezahlte Arbeit daheim mehr wurde. Damit ist klar, wer die wirkliche Rechnung für Homeschooling und ähnliche Ideen der Bundesregierung zahlt.
Erschwerend kommt hinzu: Die Maßnahmen der Bundesregierung sind auf Familien zugeschnitten. Alleinerzieherinnen bleiben daher oft auf der Strecke. Auch Ingrid Moritz, Leiterin der Abteilung Frauen, Familie in der AK Wien bestätigt: „Wer nicht nach der Norm eines traditionellen Familienbildes lebt, wird noch immer indirekt bestraft.“
Als ein Beispiel von vielen nennt sie den Familienhärteausgleich. Wird ein Elternteil arbeitslos, macht es einen großen Unterschied, ob Paare zusammenleben, oder nicht. Wohnen beide Elternteile im gleichen Haushalt, wird der Einkommensverlust vom Staat abgefedert. Alleinerzieherinnen gehen hingegen leer aus, wenn der Vater den Job verliert und weniger Unterhalt zahlen kann.
Ob das damit zu tun hat, dass Sebastian Kurz‘ engster Krisenstab nur aus Männern besteht, die teilweise erzkonservativ-katholisch sind? Gabriele Heinisch-Hosek, Frauenvorsitzende der SPÖ, hat zumindest den Verdacht. Sie fordert eine Unterhaltsgarantie für Alleinerzieherinnen. Außerdem will die den Familienhärteausgleich reparieren, damit auch Alleinerzieherinnen etwas davon haben. Darüber hinaus fordert sie eine aktuelle Kinderkostenanalyse, damit die tatsächlichen Kosten der Krise für Alleinerzieherinnen auf dem Tisch liegen.
Nicht zuletzt sind sich alle, mit denen man über das Thema spricht einig: Das Arbeitslosengeld muss auf 70% erhöht werden. Sonst folgt auf die Pandemie die soziale Katastrophe. Gerade für viele Alleinerzieherinnen geht es um nicht weniger als ihre Existenz.
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