Der Terroranschlag in Wien forderte am Montagabend vier Todesopfer und zahlreiche Verletzte. In den Stunden des Anschlags reagieren die Bürgerinnen und Bürger heldenhaft. Sie retten Leben und bieten ihr eigenes Zuhause zum Schutz an. Die Reaktionen zeigen: Solidarität und Zusammenhalt sind stärker als Hass.
Als kleine Online-Zeitung können und wollen wir keine Live-Berichterstattung beitragen. Das übernehmen zurecht andere Medien. Was wir beitragen können, ist Solidarität – unsere und jene von allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die in den Stunden nach dem Anschlag heldenhaft und solidarisch gehandelt haben.
Am Abend des 2. November 2020 wurde die Wiener Innenstadt Ziel eines Terroranschlags. Der Angriff forderte vier Todesopfer (Stand Dienstag Vormittag) und noch mehr Verletzte. Die Stunden des Anschlags wird wohl niemand von uns je mehr vergessen können – egal ob wir sie mitten im Geschehen oder aus Entfernung in anderen Teilen des Landes miterlebt haben. Unsere Gedanken und alle Kraft gehören den Opfern und ihren Angehörigen.
Solidarität statt Hass – so reagiert Österreich
Terroristen wollen Angst, Hass und Zwiespalt sähen. In Österreich ernten sie aber vor allem eines: Solidarität. Die Bürgerinnen und Bürger antworten auf den Anschlag mit Mut und Zusammenhalt. Das zeigen die ersten Reaktionen in den Stunden nach dem Anschlag.
Da sind etwa Mikail und Recep. Die beiden jungen Wiener sind in der Innenstadt auf dem Weg in ein Kaffeehaus, als plötzlich Schüsse fallen. In diesem Moment denken sie zuerst an andere: Sie helfen zunächst einer älteren Dame, sich in Sicherheit zu bringen. Dann eilen sie einem angeschossenen Polizisten zur Hilfe und tragen ihn zu einem Rettungsauto. Sie bringen sich selbst in Gefahr, um andere zu retten. Mikail schildert die Geschehnisse in einem Video und sagt: „Egal was passiert, wir sind zu jeder Zeit zur Hilfe bereit.“ Das macht Mut und gibt Hoffnung.
Danke Mikail! Jetzt müssen wir alle zusammenhalten! Ihr seid unsere Helden #miteinander #wien #terroristterror pic.twitter.com/5wMAt70Zgw
— Muhammed Yüksek (@m_yueksek) November 3, 2020
Und da ist Osama Joda. Der 23-jährige Wiener arbeitet in einem Fastfood-Lokal am Schwedenplatz, einem der Schauplätze des Terroranschlags. Er erlebt den Schusswechsel aus nächster Nähe, wie er der Tageszeitung Kurier berichtet. Ein Polizist wird vor den Augen von Osama Joda angeschossen. Der junge Mann zögert keine Sekungen und leistet dem Beamten Erste Hilfe: „Ich habe ihn hinter die Betonbank gezogen und versucht, die Blutung zu stoppen.“ Dann alamiert er die Rettung.
Der selbstlose Einsatz von Osama Joda ist noch bemerkenswerter, wenn man seine Geschichte kennt. Seine Familie und er wollten sich 2019 in Weikendorf in Niederösterreich ein Haus kaufen. Der Bürgermeister der Gemeinde stellte sich gegen den Kauf – er wollte nicht, dass eine Familie mit muslimischem Glauben in seine Gemeinde zieht. Erst nach einem Gerichtsurteil konnte die Familie das Haus in Weikendorf beziehen. Ein Jahr später rettete Osama Joda in der Nacht des Terroranschlags einem Polizisten vermutlich das Leben. Das macht Mut und gibt Hoffnung.
Wiener bieten Fremden Unterschlupf an
Auf der sozialen Plattform Twitter organisieren sich Wienerinnen und Wiener nach Bekanntwerden des Anschlags spontan. Als die Polizei dazu aufruft, geschlossene Räume aufzusuchen, bieten sie unter dem Hashtag #SchwedenplatzTür ihre Wohnungen für alle an, die noch unterwegs sind. Viele Wiener stellen in dieser Notsituation fremden Menschen ihr eigenes Zuhause zum Schutz zur Verfügung. Das macht Mut und gibt Hoffnung.
In den frühen Morgenstunden sind es dann Bäckereien, die ihre Hilfsbereitschaft zum Ausdruck bringen. Das Polizeiaufgebot in Wien ist immer noch hoch, viele Beamte sind seit Stunden im Einsatz. Bäckereien versorgen die Polizistinnen und Polizisten auf den Straßen mit Kaffee und Gebäck. Exekutive und Bevölkerung halten zusammen. Das macht Mut und gibt Hoffnung.
Zusammenhalt ist stärker als Zwiespalt
Im Netz machte ein Video die Runde, in dem ein Wiener aus seinem Fenster den Attentäter auf der Straße direkt unter ihm anschreit. Der Wiener Augenzeuge schreit „Schleich di, du Oaschloch“. Das ist die wohl angemessenste Reaktion: Wien und das ganze Land halten zusammen – das „Arschloch“ soll sich einfach „schleichen“.
Die Reaktionen der Bevölkerung machen Mut und geben Hoffnung. Und sie zeigen: Zusammenhalt und Solidarität sind immer stärker als Hass und Zwiespalt.
Der Terroranschlag in Wien ist eine Ausnahmesituation für alle: Für Kinder und Erwachsene, für Wiener und Nicht-Wiener. Angst zu haben ist vollkommen verständlich und normal. Einige Hilfsorganisationen bieten deshalb psychiatrische Sofort-Hilfe an. Alle Bürgerinnen und Bürger können sich an die Unterstützungs-Angebote wenden:
- Die psychiatrische Soforthilfe für Wien ist rund um die Uhr unter folgender Hotline erreichbar: +43 1 31330
- Der notfallpsychologische Dienst Österreich ist 24 Stunden erreichbar: +43 699 188 554 00
- Auch die Corona-Sorgen-Hotline ist weiter verfügbar, zwischen 8 und 20 Uhr unter +43 1 4000 53000