Der steirische Elektromotoren-Hersteller ATB streicht 360 Jobs. Nun herrscht auch noch Chaos bei den Löhnen: Die Beschäftigten erhalten seit mehreren Monaten keine Lohnabrechnungen mehr und bekamen nun sogar um bis zu 800 Euro zu wenig ausbezahlt, berichtet der Betriebsrat. Während ÖVP-Bundeskanzler Kurz immer noch schweigt, bildet sich eine steirische Allianz: Arbeiterkammer, Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) und das AMS arbeiten an einer Arbeitsstiftung, die die ATB-Belegschaft auffangen soll.
Beim steirischen Elektromotoren-Hersteller ATB herrscht erneut Aufregung. Wie berichtet sollen 360 Beschäftigte gekündigt werden, weil der neue Eigentümer – die chinesische Wolong-Gruppe – die Produktion nach Polen auslagert. Dort soll mit billigeren Arbeitskräften weitergearbeitet werden. Während der Abtransport der Produktions-Maschinen von der Steiermark nach Osteuropa eifrig voranschreitet, herrscht bei der Auszahlung der Löhne Chaos.
Die ATB-Beschäftigten erhielten im Oktober bis zu 800 Euro zu wenig ausbezahlt, berichtet der Betriebsrat. Die Geschäftsführung kümmert sich anscheinend nicht mehr um die verbliebenen Mitarbeiter in Spielberg: Die Belegschaft hat seit mehreren Monaten keine Lohnaufzeichnung mehr gesehen. Nun springt sogar die Arbeiterkammer Steiermark ein und hilft bei der Fortzahlung der Löhne.
Der steirische Traditionsbetrieb unter Kontrolle einer chinesischen Investoren-Gruppe meldete am 28. Juli dieses Jahres Insolvenz an. Die ATB-Geschäftsführung nutzte dabei eine Lücke im Insolvenzrecht aus, damit die Produktion ins billigere Ausland verlagert und die Maschinen von einer eigenen Unternehmens-Tochter günstig nach Polen verkauft werden konnten. In der Folge sollen 360 Jobs in der Steiermark gestrichen werden, über 200 Kündigungen wurden schon ausgesprochen.
Das Lohn-Chaos beginnt bereits davor, wie ATB-Betriebsrat Michael Leitner der Neuen Zeit berichtet. Die Beschäftigten waren von April bis Juni in Kurzarbeit – und erhielten in diesem Zeitraum keine schriftlichen Lohnabrechnungen. Auch von Juli bis September fehlen jegliche Lohnaufzeichnungen.
Doch damit noch nicht genug: Weil der Betrieb am 28. Juli Insolvenz anmeldet, bekommen die Beschäftigten ihr Gehalt für die ersten 28 Juli-Tage vom Insolvenzfonds. Dieser Fonds hat das Geld aber noch nicht ausbezahlt. Das Chaos wird noch größer: Die ATB-Geschäftsführung teilt die Belegschaft in zwei Gruppen: Jene, die weiter beschäftigt sind, bekommen ihr Juli-Gehalt als Vorschuss vom Unternehmen ausbezahlt. Alle anderen über 200 Personen, denen bereits gekündigt wurde, erhalten für Juli keinen Lohn.
Für viele geht es dabei um ihre Existenz: Mieten müssen bezahlt, Rechnungen beglichen werden. Also springt die Arbeiterkammer Steiermark ein: Sie gewährt ein zinsloses Darlehen, mit dem die Löhne vorerst finanziert werden können, bis das Geld aus dem Insolvenzfonds eintrifft.
Anfang Oktober stürzen die ATB Beschäftigten noch tiefer ins Lohn-Chaos. Betriebsrat Leitner berichtet, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für September bis zu 800 Euro zu wenig Lohn ausbezahlt bekamen. Die Geschäftsführung erklärt das damit, dass die Beschäftigten in den Vormonaten zu viel Geld erhalten hätten.
„Es ist alles still und heimlich abgelaufen“, sagt Leitner dazu. Die Beschäftigten seien weder darüber informiert worden, dass sie angeblich zu viel Geld erhalten haben sollen, noch dass sie plötzlich weniger Lohn ausbezahlt bekommen. „Wir können auch nicht nachrechnen, was wirklich stimmt, weil die Unterlagen zur Lohnabrechnung seit Monaten fehlen“, so der Betriebsrat weiter.
Eine Teilzeitbeschäftigte – ihr Lohn beträgt eigentlich rund 1.000 Euro – erhielt im Oktober um 500 Euro zu wenig ausbezahlt. Sie ist nicht die einzige, die dadurch vor Schwierigkeiten steht. „Unsere Leute sind zur Bank gegangen, um ihren Lohn zu beheben, aber das Geld war einfach nicht am Konto“, sagt Leitner. Viele kämen durch die unerwartete Lohn-Kürzung in Verzug mit Mieten oder anderen Daueraufträgen.
Auf die Bundesregierung können die leidgeprüften ATB-Beschäftigten weiterhin nicht zählen. Mehrere Terminanfragen bei ÖVP-Bundeskanzler Kurz bleiben bis heute unbeantwortet. In der Steiermark bildet sich nun eine Allianz, um die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Der ATB-Betriebsrat, Arbeiterkammer-Präsident Josef Pesserl, die Gewerkschaft PRO-GE, Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) und das AMS Steiermark bemühen sich um eine Arbeitsstiftung, die die gekündigten ATB-Mitarbeiter auffangen soll.
Man sei in der „finalen Phase des Projekts“, heißt es dazu aus dem Büro der SPÖ-Landesrätin. Die Arbeitsstiftung soll spätestens dann fertig sein, wenn die ersten ATB-Kündigungen mit 1. November schlagend werden. Die Idee: Die Entlassenen sollen in der neuen Stiftung angestellt werden, um sich dort weiterbilden, umqualifizieren und für neue Jobs bewerben zu können.
Was die Bundesregierung unter Kanzler Kurz seit Monaten nicht schafft, stellt die steirische Allianz jetzt in wenigen Woche auf die Beine: Eine Perspektive für die 360 Steirerinnen und Steirer, die bei der ATB ihren Job verlieren.
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