Über 400.000 Menschen in Österreich haben derzeit keine Arbeit – das sind 22% mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Als Mittel gegen die Corona-Job-Krise plant ÖVP-Kanzler Kurz eine sogenannte Arbeitsstiftung: Mit 700 Millionen Euro sollen 100.000 Arbeitslose unterstützt werden. Was der Kanzler verschweigt: Das Budget des Arbeitsmarktservices AMS wurde in den letzten beiden Jahren um dieselbe Summe gekürzt. Kanzler war auch damals Sebastian Kurz.
Die Arbeitslosigkeit in Österreich stieg als Folge der Corona-Krise seit Februar dramatisch an. Mitte April erreicht sie mit 588.000 Menschen ohne Arbeit einen vorläufigen Höchststand. Aktuell sind 409.000 Personen arbeitslos oder in Schulungsprogrammen – das sind 22% mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.
Als Mittel gegen die Job-Krise kündigte die türkis-grüne Bundesregierung schon vor dem Sommer eine sogenannte Corona-Arbeitsstiftung an. Jetzt wird klar: Es handelt sich dabei um gar keine echte Arbeitsstiftung, sondern vielmehr um ein Weiterbildungs-Programm. Die finanziellen Mittel der neuen „Stiftung“ gleichen auch gerade einmal die AMS-Budgetkürzungen der ÖVP-FPÖ Vorgängerregierung aus. Und auch sonst sind noch einige Fragen offen.
Arbeitsstiftung als Mittel gegen Arbeitslosigkeit
Die Idee einer Arbeitsstiftung ist nicht neu. Sie ist ein erprobtes Mittel zur Reduzierung von Arbeitslosigkeit und kommt meist in kleinerem Rahmen zum Einsatz. Menschen ohne Arbeit sollen durch eine solche Stiftung unterstützt werden: Sie erhalten Hilfe bei der beruflichen Neuorientierung oder Weiterqualifizierung und sind währenddessen für bis zu drei Jahre bei der Stiftung angestellt.
Die häufigste Form ist die sogenannte Unternehmensstiftung. Ein oder mehrere Unternehmen, die einen Stellenabbau planen, gründen gemeinsam mit Betriebsrat, Regierung und dem Arbeitsmarktservice AMS eine Stiftung. Sie soll den vom Job-Abbau betroffenen Mitarbeitern ausreichend Zeit für Weiterbildungen oder Umschulungen geben, um anschließend wieder in den Arbeitsmarkt einsteigen zu können. Auch wenn Unternehmen Pleite gehen oder viele Arbeitsplätze in einer bestimmten Region verloren gehen, können Stiftungsmodelle zum Einsatz kommen – sogenannte Insolvenzstiftungen oder Regionalstiftungen.
Regierung kürzt AMS-Budget um 690 Mio. Euro, um es zwei Jahre später wieder um 700 Mio. Euro aufzustocken
Die Regierung unter ÖVP-Kanzler Kurz will nun eine solche Arbeitsstiftung für ganz Österreich. Um 700 Millionen Euro sollen in Zusammenarbeit mit dem AMS 100.000 Arbeitslose erreicht werden. In den Vorjahren kürzte die türkis-blaue Vorgängerregierung das AMS-Budget um etwa diese Summe – Kanzler war auch damals schon Sebastian Kurz.
2018 plante das AMS noch mit einem Budget von 1,94 Milliarden Euro. Die Regierung kürzte die Mittel im selben Jahr auf 1,4 Milliarden. Im Folgejahr 2019 hatte das AMS dann nur noch 1,25 Milliarden Euro zur Verfügung. Die ÖVP-FPÖ-Regierung strich in zwei Jahren also insgesamt 690 Millionen Euro.
Nun verkaufen Kurz und Co. die neue Arbeitsstiftung um 700 Millionen Euro als große Krisen-Investition. Tatsächlich ist das aber ein Nullsummenspiel: Was in den letzten beiden Jahren gekürzt wurde, wird jetzt wieder in die neue Arbeitsstiftung investiert. Trotz hoher Krisen-Arbeitslosigkeit gibt es also de facto nicht mehr Geld, um die Jobs zu retten.
Opposition kritisiert Corona-Arbeitsstiftung als Etikettenschwindel
Obwohl schon vor dem Sommer präsentiert, sind bisher nur wenige Details zur Corona-Arbeitsstiftung bekannt. Kürzlich gab die Regierung bekannt, dass Personen, die im Rahmen der Stiftung mindetens vier Monate an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen, zusätzlich zum Arbeitslosengeld einen Bildungsbonus von 180 Euro erhalten. Die Regierungs-Maßnahme ist eher Weiterbildungsprogramm als echte Stiftung, kritisiert die Opposition. SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch:
„Im Sozialausschuss zum Thema Arbeitsmarkt mit den AMS-Vorständen und der Arbeitsministerin haben alle bestätigt, dass die von der Regierung groß angekündigte Arbeitsstiftung gar keine ist. Denn hier wird – wie es bei einer richtigen Arbeitsstiftung der Fall wäre – niemand angestellt und es werden keine Jobs garantiert, sondern es werden Ausbildungen finanziert.“
Auch die Finanzierung des Regierungs-Projekts sei noch unklar. Dabei gibt es erfolgreiche Beispiele von Arbeitsstiftungen, an denen sich Kanzler Kurz und Co. orientieren könnten. Die voestalpine-Stahlstiftung ist eine solche. 1987 gegründet, wurden darin über 8.700 Menschen betreut – 90 Prozent von ihnen haben Dank der Stiftung wieder Arbeit gefunden.