Kommentar

Wirtschaftseinbruch, Corona-Versagen, Korruptions-Ermittlungen: Der Kanzler ist entzaubert

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Was wurde Sebastian Kurz nicht angepriesen. Was wurde nicht für ein künstlicher Hype um ihn erzeugt. Vom politischen „Jahrhundert-Talent“ war die Rede. Von einer Ausnahmeerscheinung. Von einem Wunderkind. Jetzt, wo es darauf ankommt, zerplatzen diese Zuschreibungen wie Seifenblasen.

Schon seine erste Regierung, damals noch mit dem Koalitionspartner FPÖ, stand unter keinem guten Stern. Sie sorgte für die größten Proteste seit gut 20 Jahren gegen eine österreichische Bundesregierung. Ibiza ließ diese Pannen-Regierung platzen. Was Sebastian Kurz schon im Vorfeld der Veröffentlichung des Ibiza-Videos wusste oder nicht wusste, klärt gerade der Untersuchungs-Ausschuss. Damals wurde die alleinige Schuld auf die FPÖ geschoben, mit Grün sollte alles besser werden. Das „Beste aus zwei Welten“ sozusagen. Doch dann kam Corona.

Corona setzt dem Kurz-Zauber ein Ende

Corona stellt zweifelsfrei die gesamte Welt vor eine Herausforderung. Gerade deshalb wäre ein strukturiertes Krisenmanagement, eine klare Kommunikation, Entschlossenheit und Leadership gefragt gewesen. Was davon zeigte Kurz? Herzlich wenig.

Sebastian Kurz nutzt die Corona-Krise vor allem für seine mediale Inszenierung. Bild: BKA/Dragan Tatic

Immer wenn es etwas Positives zu berichten galt, stand der Kanzler in der ersten Reihe. Wurde es ernst, hörte man tagelang nichts von ihm. Seine schlingernde Kommunikation von totaler Panikmache bis hin zu „die Gesundheitskrise ist vorbei“, hat massiv dazu beigetragen, dass die Bevölkerung die Ansagen der Bundesregierung nicht mehr ernst nimmt. Mit fatalen Folgen, denn wenn man sich nur die ärgsten Pleiten, Pech und Pannen der Bundesregierung Kurz II ansieht, kann einem übel werden:

Von einem politischen „Jahrhundert-Talent“ bleibt da nicht viel über. Sebastian Kurz scheint der Rolle des Bundeskanzlers nicht gerecht zu werden. Es sieht stark nach einem Mangel an Leadership, an Integrität und intellektuellem Weitblick aus. Wo es jetzt dringend maßgeschneiderte Unterstützung für Klein- und Mittelbetriebe, ein Arbeitslosengeld, von dem man leben kann, einen klaren Plan, um die ältere Bevölkerung zu schützen, Konzepte für Schulen, Altenheime und Kindergärten bedürfte, wo es Investitionsprogramme zur Belebung der Wirtschaft benötigen würde, kommt wenig bis gar nichts.

Verzweifelt durch die Krise

Die Situation ist eine schwierige, aber sehr viele Länder meistern sie um Welten besser als Österreich. In Finnland sind die Infektionszahlen viel geringer, in Deutschland wächst die Wirtschaft sogar. Wir können nur neidisch auf diese Länder blicken. Vieles liegt am Versagen von Bundeskanzler Kurz und seiner Regierung. Er mag ein guter Macht-Politiker sein, Bundeskanzler scheint ein paar Nummern zu groß für ihn. Er wirkt wie der „Zauberlehrling“ aus der berühmten Ballade von Johann Wolfgang von Goethe. Diese Ballade ist in mehrere Teile gegliedert:

  1. Überheblichkeit und Wichtigtuerei
  2. Umsetzung des Vorhabens
  3. Machtrausch
  4. Angst und Verzweiflung
  5. Hilfloses Schimpfen
  6. Verzweiflungstat und Verschlimmerung
  7. Hilferuf
  8. Rettung durch den Zaubermeister

Kommen diese Phasen bekannt vor? Österreich scheint sich zwischen Phase 5 und 6 zu befinden. Die Lage ist zu ernst, um sie einem „Zauberlehrling“ anzuvertrauen. Die Entzauberung findet statt, selbst die türkise Message-Control kann diesen Prozess nicht mehr stoppen. Es wird Zeit für eine Veränderung.

NeueZeit Redaktion

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