In Österreich sind Einkommen so ungleich verteilt, wie in der Türkei oder Bulgarien. Der Sozialstaat schwächt das ab. Er greift tatsächlich in die Taschen der Reichsten, die Mittelschicht steigt fair aus.
Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut? Wohl kaum. Denn die Einkommensunterschiede in Österreich sind deutlich größer als angenommen. Während der großen Wirtschaftskrise ab 2008 sanken die Spitzeneinkommen für kurze Zeit stärker als die Unteren und Mittleren. Doch spätestens seit Beginn der Erholung 2012 geht die Schere wieder auf. Von wirtschaftlichem Aufschwung haben also vor allem die Reichsten was. Das zeigt eine aktuelle Studie des Wiener Instituts für internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) und der Wirtschaftsuniversität Wien (WU).
Ungleiche Einkommen: Junge sind die Verlierer
Die 10% mit den höchsten Einkommen verdienen in Österreich mindestens das Dreifache des Durchschnitts. Oder das Siebenfache von Geringverdienern. Im Beobachtungszeitraum zwischen 2004 und 2012 zeigen sich deutlich die Verlierer der Einkommensentwicklung in Österreich: Es sind die Jungen unter 30. Ihre Einkommen sind im Vergleich zum Durchschnitt geschrumpft.
Auffällig war auch: Für den Großteil der Österreicherinnen und Österreicher blieb das Einkommen seit 2004, um Inflation etc. bereinigt, beinahe gleich. Und je mehr verdient wird, desto öfter sind es keine Gehälter, sondern Kapitalerträge – also vorhandenes Vermögen, das sich vermehrt. Im obersten Prozent der Einkommen macht es die Hälfte der Einkünfte aus.
Umverteilung greift
Die Untersuchung zeigte aber auch deutlich: Der österreichische Sozialstaat funktioniert. Das verdeutlicht der sogenannte Gini-Index, der Einkommensunterschiede international vergleichbar macht. Ohne Umverteilung wären sie in Österreich vergleichbar mit Staaten wie der Türkei oder Bulgarien.
Bildungs- und Gesundheitssystem, Sozialer Wohnbau und Transferleistungen sorgen für deutlich mehr Gerechtigkeit. Außerdem konnte die Erhebung einen Mythos entzaubern: Die Mittelklasse verliert oder gewinnt bei der Umverteilung nicht. Sie zahlt zwar einerseits in den Sozialstaat ein, profitiert aber in gleichem Ausmaß auch davon.
Für die neue Krise lernen
Es zeigt sich ganz klar: Ohne Sozialstaat und Umverteilung hätte die letzte Wirtschaftskrise Österreich deutlich härter getroffen. Doch auch die Schwächen bei der Krisenbewältigung damals treten klar zutage: Junge und Menschen ohne Ausbildung zahlten d’rauf.
Das gilt es in der Corona-Krise zu vermeiden.
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