Bedenkliche Tendenzen stellt der neue Rechtsstaatlichkeitsbericht der EU in Bezug auf Österreich fest. Vor allem die Angriffe der ÖVP auf Staatsanwälte werden kritisiert. In diesem Zusammenhang sieht die EU auch Probleme im Antikorruptionsbereich. Kein gutes Haar lässt der Bericht auch an der Medienpolitik. Millionen an Werbegeldern würden intransparent vergeben.
Zum bisher zweiten Mal überprüfte die Europäische Union den Zustand des Rechtsstaates in den einzelnen Mitgliedsländern. Grundsätzlich steht Österreich gut da. Im Vergleich zu bereits stark autoritären Staaten wie Ungarn und Polen ist das auch nicht schwer. Bedenkliche Tendenzen gibt es laut EU aber auch in Österreich. Die türkis-grüne Bundesregierung steht wegen ihrer verbalen Angriffe auf die Staatsanwaltschaft in der Kritik. In der Vergangenheit mussten sich Staatsanwälte die gegen ÖVP-Politiker ermitteln, immer öfter mit verbalen und medialen Angriffen auseinandersetzen. In diesem Zusammenhang wird besonders auf die Korruptionsstaatsanwaltschaft verwiesen. Kritik übt die EU auch an der Medienpolitik des Kabinetts. Sie bemängelt im Bereich der Berichterstattung politische Einflussnahme durch die Vergabe von Inseraten.
Wenig Verständnis für die Ergebnisse des Rechtsstaatlichkeitsberichts hat die Regierung. Die zuständige Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) steht zur Kritik an der Staatsanwaltschaft. Diese sei „nicht negativ für den Rechtsstaat“. Ganz anders sieht die Opposition die Sache. Jörg Leichtfried, Europasprecher der SPÖ, meint dazu, dass man nun auch in der EU bemerke, dass sich die ÖVP positive Berichterstattung kaufe. Für die NEOS ist die Kritik aus Brüssel ein Weckruf. Auf die gelassenen Reaktionen der ÖVP reagierten alle Oppositionsparteien mit Unverständnis. SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim meinte, dass gerade Karoline Edtstadler den Rechtsstaat hüten müsse. Türkise Loyalität komme für sie aber anscheinend „vor dem Rechtsstaat und der Verfassung“. Martin Kreutner, früher Leiter der internationalen Antikorruptionsakademie und aktuell treibende Kraft hinter dem Antikorruptionsvolksbegehren, übt ebenfalls Kritik. Er betonte, dass die von der EU beanstandeten Punkte durch die Umsetzung der Forderungen des Volksbegehrens schnell behoben werden könnten.
Mit der Kritik an Österreich steht die EU nicht alleine da. Die NGO Transparency International stellte erst im Juni fest, dass Korruption bei uns zunimmt. Im Länderranking stürzte Österreich von Platz 12 auf Platz 15 ab. Pikanterweise wurden die erst heuer aufgenommenen Ermittlungen gegen Regierungsmitglieder der ÖVP noch gar nicht berücksichtigt. Nächstes Jahr dürfte Österreich daher weiter abrutschen. Die Erhebungen von EU und Transparency Internationale zeigen eindeutig, dass sich die Lage seit der Machtübernahme von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) verschlechtert hat. Natürlich ist der österreichische Rechtsstaat nicht mit den autoritären Regimen in anderen EU-Staaten wie Ungarn und Polen zu vergleichen. Es gibt jedoch auch bei uns Tendenzen, die besorgniserregend sind. Man sollte daher stets wachsam bleiben. Rechtsstaat und Demokratie sind kostbare Güter, die es zu verteidigen gilt.
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