Der Ärztemangel ist in Niederösterreich besonders heftig. In einzelnen Bezirken gibt es keinen einzigen Kinderarzt. Auch die Fachärztinnen und -ärzte für Urologie und Frauenheilkunde sind Mangelware und teils auf Monate ausgebucht. Ähnlich schaut es bei den Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmedizinern aus. Obwohl Landeshauptfrau Mikl-Leitner 2018 eine „Landarztgarantie“ abgegeben hat, sind heute 6 Mal mehr Praxen unbesetzt als bei ihrem Amtsantritt.
Wer in Niederösterreich einen Facharzt oder eine Fachärztin braucht, hat es nicht leicht. Denn es gibt viel zu wenige, die auch Kassenpatientinnen und -patienten behandeln. Vor allem für Frauenheilkunde und Urologie sind Mangelware. Besonders schlecht schaut es auch bei Kinderärztinnen und -ärzten aus. Und auch viele Landarzt-Ordinationen sind unbesetzt. Dabei gäbe es ein eigenes Kontingent an Medizin-Studienplätzen für jedes Bundesland. Doch Mikl-Leitner ruft es nicht ab. Auch von landesfinanzierten Gemeindeärzten will sie nichts wissen.
In fast allen Bezirken Niederösterreichs fehlen Ärzte
Im ganzen Bezirk Gänserndorf gibt es nur einen Kassen-Facharzt für Urologie – für über 50.000 Einwohner. Keinen einzigen Kinderarzt gibt es im gesamten Bezirk Lilienfeld – bei über 12.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Im Bezirk Melk gibt es zwar eine Kinderärztin mit Kassenvertrag. Bei knapp knapp 40.000 Einwohner:innen reicht das allerdings nicht. Für sie gibt es auch nur einen Urologen und eine Frauenärztin. Ähnlich geht es den 45.000 Menschen, die in Korneuburg leben: Sie haben genau einen Urologen mit Kassenvertrag. Die Liste ließe sich für fast alle Bezirke Niederösterreichs fortsetzen.
Erst unlängst sorgte ein besonders extremer Fall für Aufsehen: St. Pölten hat die Stelle für einen Kinderarzt 70 Mal ausgeschrieben. Inzwischen gibt es dort einen neuen Kinderarzt – allerdings nur weil Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) und die Arbeiterkammer bei der Suche geholfen haben. Sie stellt auch die Ordinationsräume für den neuen Kinderarzt zur Verfügung. Vom Land kam keine Unterstützung.
Heute fehlen 6 Mal so viele Landärzte als bei Mikl-Leitners Amtsübernahme
Ähnlich katastrophal schaut es bei den Allgemeinmedizinerinnen und – medizinern aus. Rückblende ins Jahr 2018: Auch damals war Johanna Mikl-Leitner im Landtagswahlkampf. Und die frisch angelobte Landeshauptfrau gab eine „Landarztgarantie“ ab. Keine Ordination solle länger als ein Jahr leer stehen. Dafür wollte Mikl-Leitner sorgen. Zu diesem Zeitpunkt waren 6 Kassenarztstellen unbesetzt.
Ein großer Erfolg war Mikl-Leitners Landarztgarantie jedenfalls nicht: Knapp 5 Jahre später hat sich die Lage deutlich verschlechtert. Im Dezember 2022 sind 31 Kassenarztpraxen in Niederösterreich unbesetzt. Ganze 20 davon sind seit über einem Jahr verwaist. Das Nachrichtenmagazin „Profil“ bezeichnet die Landarztgarantie deshalb als „Flop„.
Andere Bundesländer haben reagiert, NÖ schaut zu
Den Ärztemangel kennt ganz Österreich. In Niederösterreich ist die Lage allerdings besonders schlimm, denn die Landespolitik tut zu wenig. Dabei lägen Lösungsvorschläge auf dem Tisch – teilweise bräuchte es nicht einmal neue gesetzliche Regelungen. Zum Beispiel hat jedes Land ein gewisses Kontingent an Medizin-Studienplätzen, die es für Kandidatinnen und Kandidaten aus dem eigenen Bundesland reservieren kann. Das Land dürfte dafür Bedingungen stellen – zum Beispiel, dass die angehenden Ärztinnen und Ärzte dann für eine gewisse Zeit in Niederösterreich arbeiten. Allein: Niederösterreich nutzt die Plätze nicht aus. Und die SPÖ-Landesregierung im Burgenland bildet mittlerweile selbst Ärztinnen und Ärzte aus, weil sie sich nicht auf die Bundesregierung verlassen will.
Schon länger ist auch im Gespräch, wieder Gemeindeärztinnen und -ärzte einzustellen, die das Land bezahlt. Doch auch davon will die Landeshauptfrau nichts wissen. Nicht zuletzt könnten die so genannten Landarztstipendien erweitert werden. Jährlich zehn (beziehungsweise im Wahljahr 20) Plätze sind einfach zu wenig. Denn es gilt 31 Landarztpraxen zu besetzen – von Fachärztinnen und Fachärzten reden wir da noch gar nicht. Vor allem: bis die Landarztstipendiaten von heuer ihr Studium beendet haben, werden zahlreiche weitere Kassenärzte in Niederösterreich in Pension gehen.