Frauen

Frau sein, heißt Spielball der Gesellschaft sein! – Kommentar zum Frauentag

„Hausarbeit ist keine Arbeit“ – Frauen bekommen ihr ganzes Leben eingetrichtert, ihre Arbeit sei nichts wert. Das ist auch oft in bezahlten Berufen der Fall. Als Mutter von drei Kindern, die schon zig Jobs hatte, kann ich sagen: Konservative Politiker:innen denken an den Lebensrealitäten von uns Frauen vorbei. Dabei gäbe es Lösungen: Kinderbetreuung muss ausgebaut & die Wochenarbeitszeiten gekürzt werden!

Zur Person:
Anita Pitsch ist Mutter von drei Kindern und hat deswegen die meiste Zeit ihres Lebens Teilzeit gearbeitet. Mit über fünfzig Jahren hat sie Publizistik zu studieren begonnen, 2018 abgeschlossen und daraufhin den Podcast „Frauenstimmen der Interviewpodcast“ gestartet. Nun setzt sie sich für das Thema Gleichstellung von Frauen in unserer Gesellschaft ein. Anita Pitsch hat regelmäßig inspirierende, selbstbestimmte Frauen aus Kultur und Politik zu Gast und teilt mit der NeuenZeit ihr Gedanken zum Weltfrauentag.

Erst kürzlich wollte Arbeitsminister Kocher (ÖVP) in Teilzeit arbeitenden Menschen Sozialleistungen kürzen. Der Gedankengang: Teilzeitarbeitende seien faul, insofern hätten sie weniger Anspruch auf Sozialleistungen. Sein Ernst? Weiß er denn wen diese Aufforderung trifft? Teilzeitarbeitende – das sind zu einem Großteil Frauen. Und die leisten Enormes für unser Land!

Für eine Frau, die überwiegend für die Kinderbetreuung verantwortlich ist, stellt sich die Frage, Teilzeit oder Vollzeit erst gar nicht. Sie fragt sich, wie schaffe ich das alles?!

Dabei gäbe es Lösungen: Kinderbetreuungseinrichtungen müssten ausgebaut werden und die Wochenarbeitszeit für alle Menschen bei gleichbleibendem Gehalt gekürzt werden.

Für jede dritte Mutter ist die Jobsuche wegen Betreuungspflichten nicht möglich

Frauen sollen immer funktionieren. Wenn es zu viele Arbeitsplätze gibt, sollen sie eher zuhause bei den Kindern bleiben. Wenn es zu wenig Arbeitsplätze gibt, sollen sie arbeiten. Gerade wie es gebraucht wird. Ich kann mich an Diskussionen erinnern, die gar nicht so lange her sind. Da hieß es, wenn Kinder fremdbetreut werden, schadet es ihnen. Oder dass sich die Abwesenheit der Mutter negativ auf die Entwicklung der Kinder auswirke.

Kein Wunder, dass Berufstätigkeit bei vielen Müttern immer noch ein schlechtes Gewissen erzeugt. Diese Sichtweise ändert sich offenbar gerade. Gut so, denn Frauen haben den Wunsch beruflich erfolgreich zu sein – auch Vollzeit. Und dennoch: Für jede dritte Mutter ist die Jobsuche oder Vollzeit arbeiten wegen fehlender Kinderbetreuungsplätzen nicht möglich. Dennoch verstehe ich persönlich den Wunsch Teilzeit zu arbeiten.

Als Mutter von drei Kindern die Frage „…und was arbeitest du“ zu hören, hat auch mich oft zum Augenrollen gebracht. Ich arbeitete doch ganze Zeit!

Gerade weil unbezahlte Arbeit von Frauen nicht anerkannt wird, erscheint sie unsichtbar. Wer nicht nur einen Job ausführt, sondern auch noch Wohnung putzen, kochen, Kinder bespaßen, Alte pflegen muss, kann mit den aktuellen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen kaum Vollzeit arbeiten. 

Vollzeit arbeiten sehr gerne, aber dafür brauchen wir mehr Kinderbetreuungsplätze und verpflichtende Väterkarenz für Unternehmen

Vereinbarkeit von Beruf und Familie stellt für viele nach wie vor eine große Herausforderung dar. Kinderbetreuungsplätze fehlen immer noch. Das war schon bei meinen Kindern vor bald 30 Jahren so. Eine junge Mutter hat mir unlängst über die Schwierigkeiten von geteilter Kinderbetreuung erzählt:

 „Mein Partner will in Karenz gehen, aber das Unternehmen lässt ihn nicht. Seinen Rechtsanspruch einklagen will er nicht, aus Sorge gekündigt zu werden.“

Eine Studie der Arbeiterkammer, zu Väterkarenz in der Partnerschaft, unterstreicht diese persönliche Erzählung: Nur 2 Prozent der Väter können ihre Erwerbstätigkeit für drei bis sechs Monate unterbrechen.

Solange es keine Verbesserung gibt, die dazu beitragen den Alltag von Frauen zu erleichtern, solange wird sich arbeitsmarktpolitisch nicht viel ändern. Da können ÖVP und Wirtschaftskammer noch so sehr Druck machen. Denn auch Mütter, die ihre Kinder alleine erziehen müssen sind mehrfach benachteiligt: Sie sind allein für alle Betreuungspflichten der Kinder verantwortlich.

Was muss sich tun? Arbeitszeit muss anders bewertet werden!

Es muss sich endlich etwas ändern! Künftige Generationen sollen nicht von denselben Schieflagen betroffen sein, wie ich es als Frau mein gesamtes Leben lang war. Führen wir doch endlich kürzere Arbeitszeiten für alle ein, anstatt über Sozialleistungskürzungen für arbeitende Frauen zu reden. Ein Pilotprojekt zur 4-Tage-Woche in Großbritannien zum Beispiel zeigt, dass diese, weniger Stress, bessere Vereinbarkeit der Sorgearbeit und mehr Erholung bringt.

Es ist noch nicht das letzte Wort gesprochen, eine Arbeitsgruppe im Ministerium Kocher nimmt sich diesem Thema an. Zu wünschen bleibt, dass in dieser Gruppe die Lebensrealitäten von Frauen berücksichtigt werden. Vielleicht lasst ihr doch einfach die Betroffenen mitreden, denn die wissen am besten was sie brauchen!

Anita Pitsch

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