Kommentar

Pfleger:innen dringend gebraucht, trotzdem bezeichnet Kanzler Nehammer sie als Fehler

Als Bundeskanzler Nehammer im März eine Rede zu seinen „Visionen“ hielt, bezeichnete er die hunderttausenden Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter, die – wie meine Familie – nach Österreich zum Arbeiten gekommen sind, als einen Fehler. Viele von ihnen arbeiten jedoch in Jobs, die kaum noch jemand machen will. Ein Fehler ist daher nur die rassistische Politik der ÖVP, meint Rihab Toumi in ihrem Gastkommentar.

Meine Eltern sind in einem kleinen Dorf in Tunesien aufgewachsen. Mein Vater ist in den Neunzigern als Pfleger nach Österreich gekommen. Kurz darauf ist meine Mutter nachgezogen und hat hier eine Ausbildung abgeschlossen – ebenfalls als Pflegerin.

Am Anfang der Pandemie hat man Pflegekräfte, wie sie, noch beklatscht. Damals traf die Regierung extra Ausnahmeregelungen, um Pfleger:innen aus Rumänien nach Österreich einfahren zu können. Nur drei Jahre später werden sie als “Fehler” bezeichnet – von einer Regierung, die versucht, von dem eigenen Versagen und den eigenen Skandalen abzulenken, indem sie die Sprache von Rechtsaußen übernimmt.

 Die menschenverachtende Rhetorik von ÖVP und FPÖ

 Genau das ist das “neue Profil”, das Karl Nehammer der ÖVP verpassen möchte. Vor etwas über einem Jahr hat er die krisengebeutelte Partei übernommen. Auf der einen Seite befindet er sich in einer der größten Korruptionsskandale, die in Österreich jemals aufgedeckt worden sind. Auf der anderen Seite führt er eine Regierung an, die auf die extreme Teuerungskrise keine Antworten finden kann, weil sie vor allem die Profite ihrer Großspender verteidigen muss. 

Der politische Profiteur dieser Krisen ist die FPÖ, die einfache Antworten bietet, wer uns in diese Krisen gestürzt hat. Anstatt die Probleme an der Wurzel zu packen, hat sich Nehammer dafür entschieden, die rechte Rhetorik der FPÖ zu übernehmen, um so Wählergruppen zurückzuholen.

Unsere Eltern sind kein Systemfehler, sie tragen das System!

Eine Strategie, die noch nie funktioniert hat: Es führt nur dazu, dass der Argumentation der FPÖ mehr Glaubwürdigkeit geschenkt wird. Die Landtagswahl in Niederösterreich war dafür das perfekte Beispiel. Die ÖVP Niederösterreich unter Johanna Mikl-Leitner hat im Wahlkampf rechts geblinkt – und trotzdem fast zehn Prozentpunkte an die Freiheitlichen verloren. Mit dem Steigbügelhalter Udo Landbauer, konnte sich die Landeshauptfrau, trotz des herben Stimmenverlustes, am Thron festhalten.

Wir kämpfen für einen solidarischen Sozialstaat!

Im Bund ist es kaum besser: Die ÖVP  kam nun auf die Idee, den Zugang zum Sozialstaat für Migrantinnen und Migranten erst nach fünf Jahren zu gewähren. Und das obwohl viele Menschen mit Migrationshintergrund systemrelevante Berufe ausüben. Sei es als Pfleger:in, als Putzkraft oder an den Supermarktkassen.

Dass so eine Forderung von der ÖVP kommt, ist nicht überraschend. Seit über hundert Jahren ist in Österreich jeder soziale Fortschritt von arbeitenden Menschen und Gewerkschaften gegen die Konservativen hart erkämpft worden. Sie versuchen jetzt die Bevölkerung zu spalten, um die Arbeitsbedingungen für alle zu verschlechtern. Eine gerechte Gesellschaft gibt es nur durch Solidarität mit allen arbeitenden Menschen!

NeueZeit Redaktion

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