Die Bauwut großer Immobilienkonzerne hat zu einem gewaltigen Wohnungsleerstand in Graz geführt. Als Folge steigen die Mieten dramatisch. Laut Schätzungen könnten bis zu 38.000 Wohnungen leer stehen. Trotzdem blockierten ÖVP und FPÖ im Grazer Gemeinderat einen SPÖ-Vorschlag der den Leerstand bekämpfen würde. Die Rathauskoalition stellt sich damit auf die Seite der Immobilienkonzerne.
In den letzten Jahren ist in Graz ein regelrechter Bauboom ausgebrochen. Imme mehr Wohnanlagen schießen aus dem Boden und führen zur Versiegelung von Grünflächen. Dennoch stehen bis zu 38.000 Wohnungen leer. Als eines der größten Probleme sehen Fachleute in diesem Zusammenhang den frei finanzierten Wohnbau. Immobilienkonzerne sind nämlich oftmals vor allem an Wertsteigerung interessiert. Den geschaffenen Wohnraum tatsächlich der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen, liegt nicht in ihrem Interesse. So wird immer mehr Grünland verbaut, ohne, dass dies zu einer Stabilisierung des Wohnungsmarktes führt. Tatsächlich hat die Bauwut nur zu einer Vermehrung des Leerstandes geführt. Damit verbunden ist eine massive Erhöhung der Mietpreise. Eigentumswohnungen sind ebenfalls massiv teurer geworden. Seit 2015 stieg der Quadratmeterpreis um fast 20 Prozent. Für viele Grazerinnen und Grazer ist Wohnen kaum noch leistbar.
Das Problem des Wohnungsleerstandes betrifft nicht nur Graz allein. Es ist ein Phänomen, das in allen österreichischen Großstädten sichtbar wird. In Tirol hat die Landesregierung deshalb beschlossen, bis Ende des Jahres die rechtliche Grundlage für die Durchführung einer Leerstandserhebung zu schaffen. Eine solche lehnt Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) aus Datenschutzgründen ab. Dieses Argument hat sich erst jüngst am Beispiel von Innsbruck als haltlos herausgestellt. Der dortige Bürgermeister Georg Willi (Grüne) ließ den Stromverbrauch erheben und so feststellen können, wie viele Wohnungen aller Wahrscheinlichkeit leer stehen. Gegen ihn eingebrachte Ermittlungen wegen Verstoßes gegen den Datenschutz wurden eingestellt. Ein Blick über die Grenzen zeigt, dass Städte wie Berlin oder Amsterdam bereits starke Maßnahmen bis hin zur Enteignung gegen den Leerstand gesetzt haben. Angesichts dieser Vergleiche ist die Untätigkeit der Stadt Graz absolut unverständlich.
Die SPÖ forderte im Rahmen der letzten Gemeinderatssitzung daher, dass die Leerstandsproblematik endlich bekämpft wird. Als erster Schritt ist die Durchführung einer Erhebung geplant. Nach Feststellung des genauen Ausmaßes des Problems soll eine Reihe von Maßnahmen den Leerstand bekämpfen. Neben der Schaffung von Anreizmodellen ist die Einführung einer Abgabe auf Leerstand geplant. Diese Vorgehensweise ist nicht ungewöhnlich. Sogar das Land Salzburg hat sich, massiv unterstützt vom Salzburger ÖVP-Bürgermeister Preuner, dazu entschlossen, eine Leerstandsabgabe zu planen. Die SPÖ setzt zusätzlich dazu auf Mobilisierungsverträge für Graz. Diesen zufolge sollen Bauträger für den Fall, dass Wohnungen sechs Monate nach Fertigstellung noch immer leer stehen, eine Infrastrukturabgabe an die Stadt zahlen oder ihr ein Einweisungsrecht in ortsüblicher Miethöhe zugestehen.
Im Rahmen der letzten Gemeinderatssitzung wurde der sozialdemokratische Vorschlag von den Grünen und der KPÖ unterstützt. Trotz gegenteiliger Beispiele aus Salzburg und Tirol beharrte die ÖVP Graz in der Gemeinderatsdebatte wieder auf die angebliche Verfassungswidrigkeit der Leerstandserhebung. Sie lehnte den SPÖ-Antrag deshalb ab. Ohne Wortmeldung sprach sich auch die FPÖ, die den Wohnungsstadtrat und damit mitverantwortlich für die katastrophale Situation ist, gegen die sozialdemokratischen Ideen aus. Als Folge bleibt weiterhin unbekannt wie groß der Leerstand ist. Das Verhalten der Rathauskoaltion zeigt, dass ihr die Interessen der Immobilienkonzerne wichtiger sind als die effektive Erhebung und Bekämpfung des Leerstandes.
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