Da fehlen einem die Worte: Der oberösterreichische Ex-Landtagsabgeordnete Jürgen Höckner steht wegen des Verdachts auf dreifache Vergewaltigung vor Gericht. Trotzdem kandidiert er im Herbst für die ÖVP erneut als Bürgermeister der Gemeinde Scharten. Seine Ortspartei hat ihn bereits zum Spitzenkandidaten gewählt.
Dass es ÖVP-Politiker trotz Ermittlungsverfahren der Justiz nicht so mit Rücktritten haben, ist nicht erst seit den Ermittlungen gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz bekannt. Aber was sich ein ÖVP-Bürgermeister aus Oberösterreich jetzt leistet, überschreitet alle Grenzen.
Ex-Landtagsabgeordneter Jürgen Höckner steht wegen des Verdachts auf dreifache Vergewaltigung vor Gericht (es gilt die Unschuldsvermutung). Trotzdem kandidiert er im Herbst für die ÖVP erneut als Bürgermeister der Gemeinde Scharten. Bei der letzten Sitzung stimmten 92% seiner Parteifreunde für seine Kandidatur trotz des laufenden Prozesses. Das berichten die Oberösterreichischen Nachrichten.
ÖVP-Politiker Jürgen Höckner: Prozess wegen des Verdachts auf Vergewaltigung
Die Staatsanwaltschaft Wels klagt Höckner wegen des Verdachts auf mehrfache Vergewaltigung, sexuelle Belästigung und Verleumdung an, die NZ hat berichtet. Er soll eine Mitarbeiterin zwischen 2014 und 2016 zwei Mal sexuell belästigt und drei Mal vergewaltigt haben. Als die betroffene Mitarbeiterin später darüber spricht, soll Höckner sogar noch versucht haben, sie mit einer zivilrechtlichen Klage zum Schweigen zu bringen.
Höckner selbst – er stellte nach Bekanntwerden des Prozesses sein ÖVP-Landtagsmandat ruhend – bestreitet alle Vorwürfe. „Ich habe nichts Unrechtes getan, daher kämpfe ich für mein Recht“, schreibt er in einem Brief an die Schartner Bevölkerung.
ÖVP-Ortspartei kürt Höckner zum Bürgermeister-Kandidaten
Seine Funktion als Schartner Bürgermeister behielt er – und will trotz des laufenden Vergewaltigungs-Verfahrens bei den Wahlen am 26. September erneut als Bürgermeister kandidieren. Die ÖVP-Ortspartei hat ihn bereits zum Spitzenkandidaten gewählt.
Höckner ist zuversichtlich, freigesprochen zu werden, deshalb spreche nichts gegen ein Antreten bei der Wahl. „Die Kandidatur ist ein wesentlicher Bestandteil meiner Auseinandersetzung für Gerechtigkeit und für alle, die mir ihr Vertrauen schenken und mich dies auch in den letzten Monaten wissen ließen“, schreibt der Bürgermeister-Kandidat.
Auch die ÖVP-Landespartei unter Landeshauptmann Thomas Stelzer habe die erneute Kandidatur befürwortet, heißt es aus der Ortspartei Scharten. Die türkise Landeszentrale rudert aber schon zurück: Man habe keinen Einfluss auf die Kandidaturen bei Kommunalwahlen, schreibt die ÖVP Oberösterreich in einer Aussendung. Auf Landesebene werde die betroffene Person jedenfalls nicht mehr als Kandidat antreten.
Im Gerichtsverfahren selbst warten derzeit alle auf die Ergebnisse der Laptop- und Handyauswertung. Wann der bereits laufende Prozess fortgesetzt wird, ist noch unklar. Für Höckner gilt die Unschuldsvermutung.
Steirische ÖVP-Bürgermeisterin steht wegen des Verdachts auf Tierquälerei vor Gericht
ÖVP-Bezirkspolitikerinnen und Bezirkspolitiker scheinen in ganz Österreich jegliches Gespür für Rücktritte verloren zu haben. In der Steiermark steht aktuell eine ÖVP-Bürgermeisterin wegen des Verdachts auf Tierquälerei vor Gericht: Ihr wird vorgeworfen, acht Katzen verwahrlost lassen zu haben, es gilt die Unschuldsvermutung. Seit August 2020 wird ermittelt, einen Rücktritt verweigert die Bürgermeisterin bis heute. Sie lässt sogar offen, auch im Falle einer gerichtlichen Verurteilung weiter im Amt zu bleiben.
Damit folgt die ÖVP-Bürgermeisterin dem Beispiel ihres Bundesparteichefs. Kanzler Sebastian Kurz schloss einen Rücktritt im Falle einer Anklage gegen ihn bereits aus. Derzeit läuft noch ein Ermittlungsverfahren gegen Kurz, das in einer Anklage vor Gericht enden könnte.