Mit 1. Jänner hat Türkis-Grün die kalte Progression abgeschafft. Damit sollen die Bürgerinnen und Bürger entlastet werden, die aktuell unter der Inflation zu leiden haben. Doch was ist die kalte Progression überhaupt? Wen betrifft sie? Und wer profitiert von ihrer Abschaffung? Es zeigt sich: Hohe und mittlere Einkommen profitieren von der Abschaffung der kalten Progression am meisten. Von der Inflation stark betroffene niedrige Einkommen eher weniger.
Österreich hat ein progressives Steuersystem. Das heißt: wer mehr verdient, zahlt auch mehr Steuern. Die kalte Progression ist, vereinfacht gesagt, das Aufsteigen in einen höheren Steuertarif. Wenn die Gehälter wegen der Teuerung steigen, dann rutschen viele Menschen in eine höhere Steuerstufe. Sie zahlen also mehr Steuern, obwohl sie sich um ihr Geld nicht mehr kaufen können als davor.
Man spricht allerdings nur dann von kalter Progression, wenn man aufgrund einer Lohnanpassung an die Inflation in einen höheren Steuertarif rutscht. Erhöht sich das Gehalt, weil man befördert wird, oder in einen besser bezahlten Beruf wechselt und deswegen mehr Steuern zahlt, fällt das nicht unter die kalte Progression.
Künftig sollen die Steuertarife in Österreich jährlich an die Inflation angepasst werden. In vielen Ländern ist das bereits seit Jahren gesetzlich geregelt. So werden beispielsweise in der Schweiz, Belgien, Dänemark oder den USA die Steuersätze automatisch an die Inflation angepasst.
Die kalte Progression betrifft nicht alle Steuerzahler in gleichem Ausmaß. Menschen mit hohen Einkommen sind stärker betroffen. Daher profitieren sie von der Abschaffung auch stärker als Menschen mit niedrigen Einkommen. Das Momentum Institut hat errechnet: Haushalte im untersten Einkommensfünftel haben durch die Abschaffung der kalten Progression nur 36 € mehr pro Jahr zur Verfügung. Einkommen im höchsten Fünftel haben dagegen 252 € mehr pro Jahr.
Doch gerade die niedrigen Einkommen leiden am meisten unter der nach wie vor hohen Inflation. Denn sie geben im Verhältnis zum Einkommen am meisten Geld für Miete, Strom und Lebensmittel aus.
Die Opposition kritisiert daher das Entlastungspaket der Regierung. Zwar umfasst es neben der Abschaffung der kalten Progression auch eine Senkung der Lohnnebenkosten, eine automatische Anpassung von Sozialleistungen an die Inflation sowie einige Einmalzahlungen. SP-Finanzsprecher Jan Krainer kritisiert aber, dass durch das Paket kein einziger Preis sinke und kein einziger Profiteur dadurch eine höhere Steuer zahle. Krisenbedingte Übergewinne, beispielsweise von Energiekonzernen wie der OMV, werden mit der türkis-grünen Übergewinnsteuer nur unzureichend besteuert.
Seit Jahren wird eine Abschaffung der kalten Progression immer wieder angekündigt. Insbesondere in Wahlkämpfen ist die Progression und ihre Abschaffung Dauerthema. Das letzte Mal wurde sie im Wahlkampf 2019 von der ÖVP versprochen. In der “Ökosozialen Steuerreform” vom letzten Herbst war von der Abschaffung der kalten Progression aber keine Rede mehr. Der damalige Kanzler Sebastian Kurz sagte als Grund damals selbst, dass vor allem hohe und mittlere Einkommen von der Abschaffung der kalten Progression profitieren würden.
Im Zuge der Teuerung hat Türkis-Grün die kalte Progression aber nun doch mit 1. Jänner 2023 abgeschafft.
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