Die Nettogehälter von Gerbern liegen 200 Euro unter der Armutsgrenze. Sie fordern mindestens 1.500 Euro brutto monatlich und wollen dafür streiken. Die Reaktion der Bundesregierung? Sie macht es Unternehmen leichter, Gerber als billige Arbeitskräfte aus dem Ausland zu holen. Die SPÖ Burgenland nennt die Löhne der Leder-Arbeiter eine „sozialpolitische Schande“, die sie „nicht hinnehmen wird“. Sie fordert einen Mindestlohn von 1.700 netto für alle.
Von den Medien weitgehend ignoriert finden gerade die Lohnverhandlungen bei den Leder-Arbeiterinnen und -Arbeitern statt. Es ist ein harter Job, bei dem man körperlich schwer arbeitet und mit gefährlichen Chemikalien und giftigen Dämpfen zu tun hat. Trotzdem verdienen Leder-Arbeiterinnen und -Arbeiter gerade einmal einen Mindestlohn von 1.300 Euro brutto. Schon das ist unter der Armutsgrenze von 1.328 Euro! Netto bleiben Gerberinnen und Gerbern überhaupt nur knapp 1.100 Euro.
1.500 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stellen im Burgenland und der Steiermark bei schweißtreibender und gefährlicher Arbeit Leder her. Das wird oft für Luxusprodukte wie teure Schuhe, Autositze oder modische Kleidungsstücke verwendet. Die, die das Leder dafür herstellen, haben ein siebenmal höheres Risiko, bei der Arbeit zu sterben, als der Durchschnitt. Doch sie bekommen nur einen Hungerlohn weit unter dem Durchschnitt. Und das für 40 Wochenstunden Arbeit im Schichtdienst.
Betriebsräte berichten: Wer 1.300 Euro verdient, hat sogar noch „Glück“. Denn vor allem Frauen zahlen die Unternehmen mit verschiedenen Tricks oft weniger als 1.000 Euro. Dabei hatten sich Gewerkschaft und Wirtschaftskammer bereits darauf geeinigt, dass bis 2020 in allen Branchen mindestens 1.500 Euro gezahlt werden sollen. Die Unternehmen in der Lederproduktion weigern sich allerdings.
Heuer wollen die Arbeiterinnen und Arbeitern endlich mindestens 1.500 Euro (brutto) Mindestlohn ab nächstem Juli durchsetzen. Zum Vergleich: Der Handel ist für geringe Gehälter bekannt. Trotzdem konnten die Handelsangestellten wenigstens 1.800 Euro brutto als Mindestlohn aushandeln. Die Unternehmen in der Lederherstellung sind allerdings nicht bereit, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Gehälter über der Armutsgrenze zu bezahlen. Letztes Jahr verhinderten sie dafür sogar einen Kollektivvertragsabschluss.
Den Leder-Arbeiterinnen und Leder-Arbeitern reicht es jetzt: Die Lohnverhandlungen sind derzeit ausgesetzt, sie planen Warnstreiks.
Unterstützung bekommen sie von der SPÖ Burgenland. Deren Landesgeschäftsführer Roland Fürst spricht von „einer sozialpolitischen Schande, die wir im Burgenland nicht hinnehmen werden.“ Die Gehälter seien „völlig inakzeptabel und zum Genieren“, denn „die Menschen können mit derartigen Hungerlöhnen nicht überleben.“
Die SPÖ Burgenland erneuerte ihre Forderung nach 1.700 Euro netto als Mindestlohn in allen Branchen in ganz Österreich. Und die Bundesregierung von ÖVP und Grünen? Die sorgte mitten in den Verhandlungen dafür, dass die Lederindustrie billige Arbeitskräfte aus dem Ausland als „Mängelarbeitskräfte“ einsetzen darf.
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