Alle paar Wochen erklingen neue Forderungen der Arbeitgebervertreter die Lohnnebenkosten zu senken. Getarnt werden diese mit dem Argument, Arbeitnehmer:innen mehr netto auszahlen zu wollen, mehr Beschäftigung zu schaffen oder den Einsatz von Steuern und Abgaben effizienter machen zu wollen. Was zumeist tatsächlich dahinter steckt ist der Wunsch der Unternehmen nach höheren Gewinnen. Ein Kommentar von Miriam Fuhrmann.
Gastkommentar von Miriam Fuhrmann
Miriam Fuhrmann ist Fachreferentin im Volkswirtschaftlichen Referat des ÖGB und arbeitet zu den Themen Steuer-, Finanz- und Budgetpolitik sowie zum Thema Lieferketten.
Der Begriff klingt sperrig und nebensächlich. Was damit gemeint ist, ist aber alles andere als das. Von den Sonderzahlungen, über Sozialversicherung und Weiterbildung bis hin zur Finanzierung von Familienleistungen, fällt alles unter diese Definition. Die Lohnnebenkosten, werden als Lohnbestandteil (und volkwirtschaftlich Teil des Arbeitnehmer:innenentgelts) vom Dienstgeber abgeführt. Finanziert werden mit diesen Abgaben zentrale Teile des Sozialstaats, wie das Gesundheitssystem, die Pensionen, die Arbeitslosenversicherung, kommunale Leistungen sowie Familienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld, gratis Schulbücher und die Schüler:innen- und Lehrlingsfreifahrt. Sie sind also eine tragende Säule der Sozialstaatsfinanzierung in Österreich.
In der Vergangenheit kam es bereits zu zahlreichen Senkungen. Seit 2016 wurden die Beiträge zum Familienlastenausgleichsfonds von 4,5 auf 3,7 Prozent, die Beiträge zur Unfallversicherung von 1,3 auf 1,1 Prozent und die Beiträge zum Insolvenzentgelt-Fonds von 0,35 auf 0,1 Prozent gesenkt. Der Einnahmenentfall beträgt für die bisherigen Senkungen rund 1,67 Mrd. Euro pro Jahr. Berechnet wurde dieser Einnahmenausfall auf Basis von WIFO-Daten und vorhandenen Wirkungsfolgenabschätzungen der Regierung.
Diese Prognosen liegen aber zum Teil einige Jahre in der Vergangenheit und beziehen die starken nominellen Lohnsteigerungen der letzten Jahre nicht mit ein. Berücksichtigt man diese, könnten die bisherigen Senkungen bis zu 2,66 Mrd. Euro jährlich betragen. Die schleichende Aushöhlung des Sozialstaats wird dieses Jahr fortgesetzt mit der Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge. Dadurch kommen Mindereinnahmen von 100 – 210 Mio. Euro jährlich hinzu.
Die Diskussion um die Senkung der Lohnnebenkosten verfehlt das eigentliche Problem, nämlich die ungerechte Steuerstruktur, die in Österreich besonders ausgeprägt ist. Für Arbeit fallen hohe Abgaben und Steuern an, für Vermögen hingegen kaum. Dies führt dazu, dass Arbeitnehmer:innen und Konsument:innen das Gros des Steuer- und Abgabenaufkommens finanzieren. Dafür braucht es eine intensivere Debatte, die eine Reform der Steuer- und Abgabenstruktur zum Ziel hat.
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