In der Steiermark verlangen manche Hautärzt:innen seit Juli 50 Euro für die Ganzkörperkontrolle von Muttermalen – eine Leistung, die bisher kassenfinanziert war. Der Grund: Ein ungeklärter Rechtsstreit zwischen der steirischen Ärztekammer und der ÖGK. Weil sich die beiden nicht einigen, müssen die Patient:innen für die wichtige Muttermal-Vorsorge selbst zahlen.
Hautkrebs gehört zu den häufigsten Krebsarten in Österreich. Frühzeitige Vorsorge ist daher entscheidend, um gefährliche Hautveränderungen rechtzeitig zu erkennen. Doch in der Steiermark werden Patient:innen, neben den gefühlt ewigen Wartezeiten, seit Juli weitere Steine in den Weg gelegt. Manche Hautärzt:innen verlangen plötzlich 50 Euro für eine Ganzkörperkontrolle von Muttermalen – eine Leistung, die bisher die Kasse übernommen hat. Die wichtige Gesundheitsvorsorge gilt plötzlich als Privatleistung.
Der Hintergrund: ein Streit zwischen der steirischen Ärztekammer und der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). Die Ärztekammer beruft sich auf ein juristisches Gutachten, das die Ganzkörperuntersuchung als nicht von der Kasse gedeckte Leistung einstuft. Die ÖGK widerspricht vehement und verweist darauf, dass diese Vorsorge seit Jahrzehnten direkt abgerechnet wurde. Während sich beide Seiten uneins sind, bleiben die Patient:innen im Unklaren. Und zahlen den Preis.
Der Verdacht liegt nahe, dass die Bürokratie hier als Vorwand für einen weiteren Schritt Richtung Privatisierung dient. Die Zwei-Klassen-Medizin ist ein schleichender Prozess. „Zuerst warte ich monatelang auf den Facharzttermin und dann muss ich für die Untersuchung auch noch selbst bezahlen“, sagt der verärgerte Patient Georg Nussbaumer (Name von der Redaktion geändert). Zu allem Überdruss bekommen die Patient:innen in manchen Hautarzt-Praxen ein Formular vorgelegt, in dem erklärt wird, dass sie Muttermale schon auf Kasse untersuchen lassen können, aber nur „3 bis 6 auffällige Hautveränderungen pro Patient pro Jahr“.
Da fühle ich mich wirklich an der Nase herumgeführt. Soll ich mir also drei Muttermale aussuchen, die ich untersuchen lassen möchte?, ärgert sich Nussbaumer.
Möglich macht die ganze Posse erst, dass jedes Bundesland bei den Gesundheitsleistungen sein eigenes Süppchen kocht. Es gibt keinen bundesweiten Leistungskatalog. Tatsächlich übernehmen die Kassen in der Steiermark laut aktuellem Gesamtvertrag nur die Untersuchung von drei bis sechs (je nach Kasse) auffälligen Muttermalen pro Jahr. Eine umfassende Vorsorge, die alle Muttermale überprüft, ist davon wohl nicht abgedeckt – eine Tatsache, die selbst unter Hautärzt:innen zu unterschiedlichen Handhabungen führt.
Während einige Ordinationen in der Steiermark die 50 Euro in Rechnung stellen, verweigern andere die zusätzliche Gebühr. Doch nicht alle Patient:innen haben das Glück, an eine solidarische Ärztin zu geraten. Und darauf sollte ein System auch nicht aufbauen. Der Geschäftsführer der Steirischen Krebshilfe, Christian Scherer, fordert im Gespräch mit der Kleinen Zeitung jedenfalls ein Ende der bürokratischen Hürden.
„Eine engmaschige Vorsorge, die krankhafte Veränderung (bei Hautkrankheiten) schon in frühen Stadien erkennt, wäre sehr wichtig.“
Für viele Patient:innen hat sich vor allem seit 2020 das Gesundheitssystem verschlechtert. Damals legte die ÖVP-FPÖ-Regierung die vormals neun Gebietskrankenkassen und die Betriebskrankenkassen zur „ÖGK“ zusammen. Versprochen wurden Einsparungen durch die sogenannte „Patientenmilliarde“ und weniger Bürokratie. Geblieben ist ein riesiges Schuldenloch. 2025 wird das Defizit 800 Millionen Euro betragen.
50 Euro mögen auf den ersten Blick nicht viel erscheinen, doch die Konsequenzen wiegen schwerer. Diese Gebühr verstärkt den Eindruck, dass Vorsorge zu einer Frage des Geldbeutels wird – eine gefährliche Entwicklung, die das wichtigste Gut im Gesundheitssystem untergräbt: das Vertrauen der Patient:innen. Nicht zuletzt deswegen ist ein Ende des steirischen Streits dringend erforderlich.
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