Was eben erst am anderen Ende der Welt geschehen ist, erfahren wir schon kurz später aus den Medien: Online, in der Zeitung, im Radio und im Fernsehen. Aber woher wissen die Journalistinnen und Journalisten, was oft am anderen Ende der Welt oder hinter verschlossenen Türen passiert? Meist von einigen wenigen Nachrichtenagenturen.
Redaktionen erhalten jeden Tag unzählige Meldungen, Berichte von Korrespondentinnen und Korrespondenten und Pressemitteilungen von Parteien, Verbänden und Unternehmen. Den größten Teil jedoch liefert ein dichtes Netz an globalen Nachrichtenagenturen.
Was gerade in der Welt passiert, steht so schon in ein paar Stunden in der Zeitung, flimmert ein paar Minuten später über den Fernsehbildschirm oder findet sich oft noch schneller auf Nachrichtenportalen im Netz. Das heißt: bei Agenturen und Medien muss es schnell gehen. Und wenn es heutzutage schnell gehen muss, ist Copy-Paste im Spiel. So übernimmt die APA internationale Meldungen meist von großen Agenturen. Dabei kopiert und kürzt ein Redakteur oder eine Redakteurin die Meldung. Gegebenenfalls wird sie um Informationen einer anderen Agentur ergänzt. Nun sind die Medien am Zug und die wissen: wer die Nachricht als erstes veröffentlicht, hat Aussicht auf die meisten Leserinnen und Leser, Seherinnen und Seher. Sie haben also vor allem eines: Keine Zeit. Deshalb übernehmen sie die Agentur-Meldung weitgehend.
Nachrichtenagenturen liefern also einen Großteil der Inhalte, die wir dann als Nachrichten lesen, sehen oder hören. Sie sammeln auf der ganzen Welt Informationen, überprüfen und sortieren sie. Schließlich verkaufen sie diese Nachrichten dann an die Zeitungen, Websites, Fernsehsender, … die wir lesen oder anschauen. Welche Nachrichten die Agenturen auswählen und welche Sichtweise sie auf die Ereignisse haben, bestimmt also, was wir aus den Medien erfahren. Diese Funktion als „Türsteher der Nachrichten“ nennt man „Gatekeeping“.
Nachrichtenagenturen können dabei unterschiedliche organisiert sein. Es gibt staatliche, private und öffentlich-rechtliche Agenturen. Die österreichische Austria Presse Agentur (APA) ist eine Genossenschaft, die den heimischen Medien gehört. Damit ist sie allerdings eine Ausnahme: Von den weltweit rund 140 Nachrichtenagenturen stehen nur 20 nicht unter staatlichem Einfluss.
Die APA erhält täglich unzählige Presseaussendungen. Darin informieren Parteien, Unternehmen, NGOs und anderen Organisationen über Themen, die ihnen wichtig sind. In ganz Österreich sowie in Brüssel arbeiten außerdem Korrespondenten und Korrespondentinnen für die Agentur. Ein internationales Korrespondentinnennetzwerk kann sie sich allerdings schlicht nicht leisten. Dafür ist sie auf die Kooperation mit großen, weltweit tätigen Agenturen angewiesen. Die meisten internationalen Meldungen der APA werden deshalb von der Deutschen Presse Agentur (dpa) übernommen. Die dpa wiederum hat Kooperationen mit den großen Agenturen aus den USA, Großbritannien und Frankreich. Die wichtigsten darunter sind Associated Press (AP), Thomson-Reuters aus New York/Toronto sowie die Agence France-Presse (AFP). Sie verfügen über tausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der ganzen Welt.
Eine Sonderstellung nimmt die Agentur Bloomberg ein. Sie ist eigentlich auf Wirtschaftsnachrichten spezialisiert. Was in der Welt geschieht, bestimmt allerdings auch das Wirtschaftsleben. Deshalb legt Bloomberg besonders großen Wert auf korrekte Information über aktuelle Ereignisse. Es geht schließlich um viel Geld. Allerdings gehört die Agentur dem Milliardär und ehemaligen Bürgermeister New Yorks, Michael Bloomberg. Zuletzt bewarb sich der Demokrat als Kandidat für die Präsidentschaftswahlen 2020. Im aktuellen Präsidentschaftswahlkampf will er Joe Biden 100 Millionen Dollar spenden. Wer nun bei Bloomberg über Proteste gegen den Besitzer seines Arbeitgebers oder über die Präsidentschaftswahlen berichtet, ist vermutlich sehr vorsichtig.
Kleinere Anbieter wir die APA sind für internationale Nachrichten von den globalen Nachrichtenagenturen abhängig. Natürlich hat das Nebeneffekte, denn die eingangs beschriebene Copy-Paste-Praxis zieht sich international durch. Von Washington bis Wien werden Inhalte der Meldungen und sogar Formulierungen übernommen. Das Ergebnis dieser Praxis erleben wir täglich in den Medien: Vor allem internationale Nachrichten klingen in den meisten Zeitungen, auf Nachrichtenwebsites, in Fernseh- und Radiosendern sehr ähnlich.
Seröse Medien kennzeichnen Agenturmeldungen, damit Leserinnen klar ist, dass es sich um keine Recherche der Zeitung selbst handelt. Das geschieht bei Zeitungen und Nachrichten-Websites durch ein kleines Kürzel. Da steht dann zum Beispiel: AFP/APA oder einfach Agenturen. Auch Fotos und Videos werden so ausgewiesen markiert. In Radio und Fernsehen wird idealerweise erwähnt. Oft wird allerdings lediglich der Text oder das Video übernommen – ohne jede Kennzeichnung. Im Radio und Fernsehen zum Beispiel, aber auch in der Presse. Vor allem Gratis- und Boulevardzeitungen gehen oft intransparent mit Agenturmaterial um. Als Leserin oder Leser weiß man dann häufig nicht, welche Beiträge recherchiert und welche ungeprüft übernommen wurden.
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