Oberösterreichs SPÖ-Chef Michael Lindner will den Proporz in Oberösterreich abschaffen. Im Gegenzug fordert er mehr Kontrollrechte für die Opposition. Außerdem sollen die Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher in Zukunft ihre Landeshauptleute direkt wählen.
Die Diskussion um den Proporz ist fast so alt wie die Zweite Republik selbst. Es gilt als nicht mehr zeitgemäß. Denn dadurch „verschwimmen die Grenzen zwischen Regierung und Opposition“, so der Vorsitzende der SPÖ Oberösterreich, Landesrat Michael Lindner. Oberösterreich ist eines der letzten Bundesländer, die daran festhalten. Lindner will den Proporz nun abschaffen. Statt Regierungssitzen sollen Oppositionsparteien stärkere Kontrollrechte bekommen.
Auch sonst brauche es Änderungen in der oberösterreichischen Landesverfassung. Sie ermöglicht nämlich, dass die ÖVP mit 37 Prozent Stimmenanteil zu einer absoluten Mehrheit kommt und dadurch 90 Prozent des Landesbudgets kontrolliert. Für Lindner ist klar, dass eine „demokratische Rundumerneuerung Oberösterreichs“ notwendig ist.
Das ist ein ungewöhnlicher Schritt, denn üblicherweise ist das Verhältnis der Parteien zum Proporz taktisch: Nützt es ihnen, sind sie dafür – schadet es ihnen, sind sie dagegen. Das trifft in diesem Fall nicht zu, denn Lindners Forderung würde ihm selbst den Job kosten. Das ist ihm auch bewusst.
„Es braucht in Oberösterreich echte Kontrollrechte – wie Akteneinsicht und Budgettransparenz – bis hin zu einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen Landtag und Landesregierung!“ Michael Lindner (SPÖ), Landesrat
Im Gegenzug fordert Lindner, dass Minderheiten im Landtag Untersuchungskommissionen durchsetzen können. Außerdem sollen Landtagsabgeordnete mehr Kontrollrechte wie Akteneinsicht erhalten. Denn das würde die Oppositionspolitik erleichtern und so für mehr Demokratie im Land sorgen. Es gehe um eine „klare Trennung von Regierung und Opposition“ und „eine Balance aus Macht und Kontrolle“ in der Landespolitik, so Lindner. Dafür ist er offenbar bereit, auf Amt und Gehalt als Landesrat zu verzichten.
Damit bleibt Lindner bei seiner Linie, die er schon vor seinem Amtsantritt vertrat – auch wenn er sich damit nicht nur Freunde in der eigenen Partei machte. Denn Lindner bekämpfte den Proporz auch schon, als die SPÖ-Landespartei noch dafür war. Das hob der Linzer Bürgermeister Klaus Luger hervor.
„Wenn ich mich als Chef des Magistrats der Stadt Linz – die zugleich Bezirksverwaltungsbehörde ist – der direkten Wahl zu stellen habe, soll das auch für einen Landeshauptmann gelten.“ Klaus Luger (SPÖ), Bürgermeister von Linz
Luger war es auch, der bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Lindner eine zweite SPÖ-Forderung präsentierte: Die Oberösterreicher:innen sollen ihre Landeshauptfrau oder ihren Landeshauptmann in Zukunft direkt wählen. Dabei verwies Luger auf gute Erfahrungen mit Direktwahlen in den Kommunen: Er selbst sei skeptisch gewesen, als die Bürgermeister-Direktwahl beschlossen wurde. Denn dadurch könnte ein:e Bürgermeister:in gewählt werden, die/der keine Mehrheit im Gemeinderat hat. Doch mit Blick auf die Erfahrungen mit der Bürgermeister-Direktwahl betonte Luger: „Im Großen und Ganzen hat sich dieses System hervorragend bewährt“. Ihm sei aber auch klar, dass es für die Landeshauptleute-Direktwahl eine Verfassungsänderung brauche.
Die Forderungen werden im Land zwar nur schwer gegen FPÖ und ÖVP durchzusetzen sein, haben aber verfassungsrechtlich Hand und Fuß. Die SPÖ Oberösterreich hat eigens den Verfassungs- und Verwaltungsrechtsexperten Manfred Matzka an Bord geholt. Gemeinsam mit ihm will Lindner „eine Erneuerungsinitiative ‚Mehr Demokratie für Oberösterreich‘ gegen die Blockade von ÖVP und FPÖ starten!“.
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