Sebastian Kurz und seine Türkisen inszenieren sich oft als Partei des Mittelstands. Aber was haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wirklich von der ÖVP?
Sebastian Kurz und seine ÖVP geben sich als Volkspartei. Aber was haben Menschen, die ganz normal arbeiten gehen, wirklich von der ÖVP? Wir haben uns umgehört.
Nicht allen geht es schlecht in der Corona-Krise: Die zehn reichsten Österreicher vergrößerten ihr Vermögen unter Türkis-Grün um 14,6 Milliarden Euro. Und die Gehälter der Vorstandsbosse stiegen im Krisenjahr 2020 um 4% auf durchschnittlich 1,9 Millionen Euro – das 57-fache des österreichischen Durchschnitts-Einkommens. Auf der anderen Seite stehen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: Ihre Gehälter sanken 2020 um 1,8%. Viele haben in der Krise überhaupt ihren Job verloren. Im Frühjahr 2020 waren 1,5 Millionen Menschen in Österreich arbeitslos oder in Kurzarbeit.
Und was macht die ÖVP? Sie gibt denen, die ohnehin schon genug haben. 62% der Corona-Förderungen der Regierung gehen an Konzerne und Unternehmen, nur 31% an Arbeitnehmer. Vom versprochenen Corona-Bonus für Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialbereich ist bis jetzt kein einziger Cent angekommen.
Auch in Oberösterreich versorgt die ÖVP Milliardäre und Firmenchefs. Während die ÖVP-Landesregierung 2018 bei heimischen Kulturinitiativen, darunter Frauenvereine und Theatergruppen, bis zu 20% kürzte, bekam der Motorradhersteller KTM 1,8 Millionen Euro Sonderförderung – ausgerechnet aus dem gekürzten Kulturbudget. KTM-Chef Stefan Pierer ist Milliardär und spendete für den Wahlkampf von Sebastian Kurz mehr als 430.000 Euro an die ÖVP.
2018 beschloss die ÖVP-FPÖ Regierung den 12-Stunden-Tag. Seitdem müssen Beschäftigte bis zu 12 Stunden pro Tag arbeiten, wenn ihr Betrieb das verlangt. Für viele Arbeitnehmer fallen durch die neue Regelung Überstundenzuschläge weg. Sie müssen jetzt für weniger Geld mehr arbeiten.
Eine Arbeitszeitverkürzung, wie sie in vielen Ländern schon erfolgreich getestet wird, lehnt die ÖVP vehement ab.
2018 führte die ÖVP Kindergarten-Gebühren in Oberösterreich ein. Seitdem müssen Eltern zwischen 42 und 110 Euro pro Monat hinblättern, wenn ihre Kinder am Nachmittag eine Betreuungseinrichtung besuchen – für berufstätige Eltern eine Herausforderung. Wer arbeitet und sein Kind deshalb am Nachmittag nicht selbst betreuen kann, den bestraft die ÖVP mit zusätzlichen Gebühren.
Die Kindergarten-Gebühren waren schon ein halbes Jahr nach ihrer Einführung spürbar: 1.806 Kinder wurden von der Nachmittagsbetreuung abgemeldet (11,4%) und 8,6% kommen seither an weniger Nachmittagen in den Kindergarten. Damit schränkte die ÖVP die Betreuung von rund einem Fünftel der oberösterreichischen Kinder ein.
2017 beschloss das Parlament die längst überfällige Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten. Das bringt den Arbeiterinnen und Arbeitern eine Verbesserung beim Kündigungsschutz und einheitliche Regeln bei der Lohn-Fortzahlung im Krankheitsfall. Zwei Parteien stimmten allerdings gegen die Gleichstellung: ÖVP und NEOS.
Der letzte Teil der Gleichstellung ist die Verlängerung der Kündigungsfrist von Arbeiterinnen und Arbeitern. Sie sollte mit 1. Jänner 2021 in Kraft treten, wurde wegen der Corona-Krise aber verschoben – auf Betreiben der regierenden ÖVP.
2017 sorgte die ÖVP in Oberösterreich für Verwunderung. Die damalige Bundesregierung rief die sogenannte „Aktion 20.000“ ins Leben. Dadurch bekamen ältere Langzeitarbeitslose für zwei Jahre einen aus Steuergeld finanzierten neuen Job, um wieder Fuß am Arbeitsmarkt zu fassen. Nach der Aktion fand ein Drittel der Teilnehmer tatsächlich einen neuen Arbeitsplatz.
In Oberösterreich stimmten ÖVP und FPÖ im Landtag gegen die neuen Jobs durch die „Aktion 20.000“.
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