Burgenland

Vorbild Burgenland: Jetzt will auch Wien pflegende Angehörige anstellen

Seit Oktober 2019 können sich im Burgenland Personen, die ihre Angehörigen pflegen, anstellen lassen. Sie haben damit Anspruch auf 1.700 Euro Gehalt sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hat jetzt angekündigt, das Erfolgsmodell in der Bundeshauptstadt einführen zu wollen. Ähnliche Vorstöße kommen auch aus Oberösterreich und Niederösterreich.

Die Situation im Pflegebereich verschlechtert sich ständig

Die Österreicherinnen und Österreicher werden immer älter. Diese an sich erfreulich Tatsache führt jedoch auch dazu, dass immer mehr Menschen auf Pflege angewiesen sind. In Zukunft wird sich dieser Trend noch verstärken. Aufgrund von geringer Bezahlung und schlechten Arbeitsbedingungen sind jedoch immer weniger Menschen bereit, Pflegeberufe auszuüben. Die Corona-Krise hat zu einer Verschärfung der ohnehin schon angespannten Situation geführt.

Viele ausländische Pflegekräfte konnten aufgrund von Reisebeschränkungen ihren Beruf nicht mehr in Österreich ausüben. Die Volksanwaltschaft warnte bereits letztes Jahr vor einem unmittelbar bevorstehenden Kollaps. Das Systemversagen führt bereits seit einigen Jahren dazu, dass immer öfter Angehörige Pflegetätigkeiten übernehmen. Sie opfern sich häufig bis über die Belastungsgrenze hinweg auf und stehen ohne soziale Absicherung da.

Das Burgenland geht bei der Pflege neue Wege

Während die Bundesregierung keinen Plan für eine Pflegereform hat, geht die burgenländische Landesregierung in diesem Bereich voran. Bereits seit Oktober 2019 können sich pflegende Angehörige bei der Pflege Service Burgenland GmbH (PSB) anstellen lassen. Sie bekommen wie Pflegekräfte im Landesdienst für 40 Stunden Arbeit 1.700 Euro und haben darüber hinaus Anspruch auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Für ihre fachliche Qualifikation wird mit einer unentgeltlichen Grundausbildung gesorgt. Aktuell nutzen 200 Burgenländerinnen und Burgenländer das Angebot.

Die sozialpolitische Maßnahme der Landesregierung hat zur Bekämpfung des Pflegenotstandes beigetragen und gleichzeitig Armut verringert. Angesichts des Erfolges drängt Roland Fürst, Landesgeschäftsführer der SPÖ-Burgenland, jetzt auf die Einführung des burgenländischen Modells auf Bundesebene. Die Chancen auf Erfolg sind eher gering. Während sich Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) zurückhaltend gibt, lehnt die ÖVP die Anstellung von pflegenden Angehörigen ab. Ein eigenes Konzept zur Bekämpfung des Pflegenotstandes hat die Bundesregierung bisher nicht vorlegen können.

Wien will das burgenländische Modell einführen

Während von Türkis-Grün keine Verbesserungen im Pflegebereich zu erwarten sind, wagt die Stadt Wien einen Vorstoß. Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) kündigte am Wochenende an, das burgenländische Modell einführen zu wollen. Für die Ausarbeitung eines Konzepts ist der Fonds Soziales Wien zuständig. „Ich finde das Modell sehr gut, und wir sollten das zusammenbringen“, zeigt sich Hacker optimistisch.

Ein ähnlicher Vorstoß erfolgte bereits im April in Oberösterreich. Die zuständige Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ) kündigte ein am Burgenland orientiertes Pilotprojekt an. 30 pflegende Angehörige sollten ab Sommer eine Ausbildung zum Alltagsbegleiter absolvieren. Nach Abschluss würden sie für ihre Pflegetätigkeit bei 38 Wochenstunden Arbeitszeit mit 1.900 Euro entlohnt. Da die ÖVP, welche dem Projekt ablehnend gegenübersteht jedoch offene Fragen sieht, wurde der zur Umsetzung notwendige Beschluss der Landesregierung noch nicht gefasst.

Unterdessen hat auch die SPÖ-Niederösterreich die Anstellung von bis zu 500 pflegenden Angehörigen gefordert. Dabei berief sie sich ausdrücklich auf das burgenländische Modell. ÖVP, Grüne und NEOS stimmten im Landtag jedoch gegen den sozialdemokratischen Antrag. Dennoch ist unübersehbar, dass die bundesweite Zustimmung zum burgenländischen Modell steigt. Die Einführung in Wien dürfte diesen Trend weiter verstärken. Es fragt sich nur, wann die Bundesregierung die Notwendigkeit einer sozialen Reform des Pflegesystems erkennen wird.

Martin Amschl

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