Österreich

„Politik muss sich entschuldigen“ & „Regierung völlig chaotisch“: Politologen über türkis-grüne Performance

Die Performance von Regierung und Politik ist aktuell ziemlich daneben – das sagen Österreichs Politologen. Politexperte Peter Filzmaier fordert eine Entschuldigung der gesamten Politik, für Politikberater Thomas Hofer ist die Vorstellung von Türkis-Grün eine „Bankrotterklärung“ und Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer meint: „Das Vertrauen in die Regierung ist auf einem absoluten Tiefpunkt.“

Eine sich ständig widersprechende Regierung, explodierende Corona-Infektionen, überlastete Krankenhäuser und totale Verwirrung über Maßnahmen – nicht wenige fragen sich, wie handlungsfähig Türkis-Grün noch ist. Jetzt rechnen auch Österreichs führende Politologen mit der Performance der Regierung ab.

Politexperte Peter Filzmaier fordert im Interview mit ORF.at sogar eine „Entschuldigung“ der Politik. Es brauche nun vor allem eines: „Eine Bitte um Entschuldigung der Politik für Fehlentscheidungen und Versäumnisse.

Maßnahmen zur Eindämmung der 4. Welle können für Filzmaier nur funktionieren, wenn das Vertrauen in die Politik stimmt. Ein Lockdown, an den sich niemand hält, weil niemand mehr auf die Politik hört, der bringe nichts, so der Politologe. Nur durch eine Entschuldigung der Politik und ein ehrliches Eingeständnis könne der für die Kommunikation nötige Respekt wiederhergestellt werden. Parteitaktisches Denken müsse aufhören. Filzmaier nimmt dabei Bund wie Länder und alle Parteien in die Pflicht, insbesondere auch die FPÖ.

Politologen über Regierung in Österreich: Politgeplänkel völlig inakzeptabel

In eine ähnliche Kerbe schlägt Politikberater Thomas Hofer. Die Vorstellung der Regierung sei eine „Bankrotterklärung. Die politische Realität ist mit der echten Realität aufeinandergeprallt.“ Das Politgeplänkel sei in dieser Krise völlig inakzeptabel.

Die ÖVP habe laut Hofer die Corona-Entwicklung ignoriert, um dem Sprech von Ex-Kanzler Sebastian Kurz treu bleiben zu können. Der hat schließlich immer betont, dass die Pandemie für Geimpfte vorbei sei. Hofer: „Kanzler Alexander Schallenberg wollte auf Kurs bleiben und wollte partout die eingeschlagene Linie beibehalten.“ Dabei stimme die Kurz-Aussage schon lange nicht mehr.

Die regierende ÖVP habe keine einheitliche Linie mehr, so der Politikberater weiter. Nach dem Abgang von Kurz „hat man den Eindruck, dass keiner hinter dem Steuer sitzt.“ So konnte es auch passieren, dass die ÖVP-Landeshauptleute von Oberösterreich und Salzburg „sehenden Auges und wissend einen Tag vor der Kehrtwende noch einen Lockdown abgelehnt haben. Das zeigt die aktuelle Orientierungslosigkeit.“

„Das Vertrauen in die Regierung ist auf absolutem Tiefpunkt“

Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer geht davon aus, „dass das Vertrauen in die Regierung auf einem absoluten Tiefpunkt angelangt ist.“ Dabei bräuchte es gerade in der Krise Einheit und Geschlossenheit.

Die ÖVP befinde sich, sagt Bachmayer, seit dem Bekanntwerden der mutmaßlichen Inseraten-Korruption und dem Rücktritt von Sebastian Kurz in einer inneren Krise. Die Partei sei inhaltlich gespalten. Jetzt gebe es nicht nur ein Chaos zwischen Türkis und Grün, sondern auch ein doppeltes Chaos innerhalb der Volkspartei zwischen Türkis und Schwarz und zwischen Bund und Ländern. „Es herrscht ein Durcheinander und eine Kakofonie. Das alles ist schuld daran, dass es in der Pandemiebekämpfung so weit gekommen ist.“

NeueZeit Redaktion

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Tags: Alexander Schallen Corona Corona-Krise Grüne ÖVP Sebastian Kurz

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