Oberösterreich

Kaum Corona-Hilfen für Theater & Kulturvereine, aber 3,5 Mio. für Rolltreppe aufs Linzer Schloss

Seit 2008 diskutiert die Landespolitik über eine barrierefreie Rolltreppe zum Linzer Schloss – ausgerechnet im Landtags-Wahljahr 2021 kommt wieder Bewegung in das Vorhaben. Die oberösterreichischen Landesmuseen und Landeshauptmann Thomas Stelzer wollen das Mega-Projekt um 3,5 Millionen Euro umsetzen. Viele Fragen sind aber noch offen. In der Kulturszene vermutet man gar ein „Ablenkungsmanöver“ der Landesregierung, während kleine Kulturvereine und Künstler ums wirtschaftliche Überlegen ringen.

Landespolitik diskutiert die Rolltreppe aufs Linzer Schloss seit 2008

Schon 2008 sprach der damalige Landeshauptmann Josef Pühringer von einem Lift oder einer Rolltreppe auf den Linzer Schlossberg: „Es werden alle Varianten für eine Aufstiegshilfe genau überprüft“. Das sollte einen barrierefreien Zugang zum Schlossmuseum ermöglichen. 13 Jahre später gibt es zwar noch immer keine Aufstiegshilfe, aber wieder eine rege Diskussion rund um die Rolltreppe zum Schloss.

Das Land hat einen konkreten Entwurf vorgelegt: Eine 24 Meter hohe und 50 Meter lange einspurige Rolltreppe soll Besucher künftig auf den Schlossberg bringen. Für ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer ein „Herzensanliegen“. Viele Fragen zum 3,5 Millionen Euro schweren Projekt sind aber noch offen. Und die Spitze der Landesregierung scheint nicht gewillt, sie zu beantworten.

Neue Pläne: 50 Meter lange Rolltreppe rauf, Lift runter

Das im Kulturhauptstadt-Jahr 2009 neu eröffnete Linzer Schlossmuseum ist derzeit nur über eine steile Treppe zu Fuß von der Altstadt aus erreichbar. Um das Museum etwa für Rollstuhlfahrer besser zugänglich zu machen, diskutiert die Landespolitik seit Jahren über eine barrierefreie Aufstiegshilfe. Diese scheiterte zunächst am Widerstand des Bundesdenkmalamtes und verschwand in der Schublade.

Bis Alfred Weidinger das Projekt wieder hervorgrub. Seit dem Frühjahr 2020 ist Weidinger Direktor der oberösterreichischen Landesmuseen. Er legte ein neues Konzept vor: Eine 50 Meter lange Rolltreppe soll Besucherinnen und Besucher auf den Schlossberg bringen, hinunter solls mit einem neuen Lift gehen. Dadurch wäre ein barrierefreier Zugang möglich.

So soll die Rolltreppe aufs Linzer Schloss aussehen. Sie fährt vom Tummelplatz in der Altstadt bis zum Schlossmuseum. // Bild: OÖ Landes-Kultur GmbH/M. Emmerer

Woher kommen die 3,5 Millionen Euro für die Rolltreppe zum Schloss Linz?

Kostenpunkt des Mega-Projekts: 3,5 Millionen Euro, zur Gänze finanziert vom Land Oberösterreich. Diese Summe sorgt für Erstaunen in der Kulturszene. Schließlich ringen Künstler, Kulturarbeiter oder kleine Theater seit Beginn der Corona-Krise ums wirtschaftliche Überleben. Auf Unterstützung der schwarz-blauen Landesregierung müssen sie weitgehend verzichten.

Die Landhaus-Koalition hat zwar einen Corona-Härtefonds für Sport- und Kultur-Vereine eingerichtet. Von den fünf Millionen Euro, die dort liegen, wurden aber bisher nur rund 550.000 Euro tatsächlich ausbezahlt. Das passt ins Bild der oberösterreichischen Corona-Hilfen: Vom 580 Millionen Euro schweren Hilfspaket hat die Landesregierung erst 21 Millionen tatsächlich ausgeschüttet. Das sind gerade einmal 3,7% der zugesagten Hilfsgelder.

Während die Kulturszene weiter auf Unterstützung wartet, sollen jetzt plötzlich 3,5 Millionen Euro für Rolltreppe und Lift auf den Schlossberg locker gemacht werden. Wiltrud Hackl, Leiterin der „Gesellschaft für Kulturpolitik“ befürchtet, dass die Millionen aus dem ohnehin schon knappen Kulturbudget abgezwickt werden könnten, um den „Repräsentationsbau“ am Schlossberg zu finanzieren. Barrierefreiheit sei natürlich eine wichtige Sache, aber Rolltreppen nicht unbedingt das Nonplusultra für Rollstulfahrer oder Menschen mit Geh-Beeinträchtigung.

„Möglicherweise ist die Rolltreppe auch nur ein Ablenkungsmanöver von Landeshauptmann Stelzer. Wo sich doch kulturpolitisch in Oberösterreich aktuell gar nichts bewegt, müht sich halt die Idee einer rollenden Treppe den Berg hinauf. Fehlt das Geld dann womöglich in der Kultur?“, fragt Hackl.

Im Landeshauptmann-Büro will man trotz mehrmaliger Anfragen nicht verraten, woher die 3,5 Millionen für die Rolltreppe zum Schlossmuseum kommen sollen. Auch wie viel Steuergeld die Planungen des Projekts seit 2008 – mehrere Konzepte und Gutachten wurden angefertigt – verschlungen haben, bleibt unbeantwortet.

Linzer Gestaltungsbeirat pfeift das Projekt vorerst zurück

Auch abgesehen von der Finanzierung sind noch einige Fragen offen. Der Gestaltungsbeirat der Stadt Linz pfiff das Projekt deshalb vorerst zurück. Der Beirat verlangt ein Gutachten, um die Lärmbelastung für die Anrainer zu klären. Auch Daten zur Wetterbeständigkeit und Fehleranfälligkeit müssen nachgeliefert werden. Außerdem fordert der Gestaltungsbeirat eine Klärung, wie sich die Rolltreppe am besten in die Umgebung einfügen kann. Landesmuseen-Direktor Alfred Weidinger will alle Empfehlungen umsetzen. Mitte April tagt der Gestaltungsbeirat erneut.

Seit 2008 flammt die Diskussion um eine Aufstiegshilfe zum Linzer Schloss immer wieder auf. Umgesetzt wurde sie bisher noch nie. Ausgerechnet im Landtagswahl-Jahr 2021 soll es jetzt so weit sein.

Pikante Details am Rande: Auffallend viele Drahtzieher des Rolltreppen-Projekts haben Verbindungen zur Landes-ÖVP. Museen-Direktor Weidinger, der das Projekt nach Jahren wieder aus der Schublade kramte, war in den 1990er Jahren Gemeinderat in Seewalchen – für die ÖVP. Er ist in der OÖ Landes-Kultur GmbH als Geschäftsführer für die künstlerischen Agenden zuständig und gilt als renommierter Kulturmanager. Kaufmännische Leiterin der Kultur GmbH ist Isolde Perndl – die Schwester von ÖVP-Frauenministerin Susanne Raab. Und Georg Steiner, Linzer Tourismusdirektor und vehementer Befürworter der Rolltreppe, kandidierte 2020 für die deutsche Schwesterpartei CSU als Passauer Bürgermeister – im Wahlkampf ließ er sich von der ÖVP Oberösterreich beraten.

NeueZeit Redaktion

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