Oberösterreich

OÖ-Seniorenbund bekam von der ÖVP persönliche Wähler-Adressen & machte Wahlwerbung für Stelzer

Der türkise Seniorenbund in Oberösterreich rechtfertigt die zwei Millionen Euro Corona-Förderung aus dem „Non-Profit-Topf“ damit, dass Seniorenbund-Verein und ÖVP „strikt getrennt“ seien. Jetzt ist aber eine neue brisante Verbindung aufgetaucht: Vor der Landtagswahl machte der Seniorenbund Wahlwerbung für ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer. Die türkisen Senioren verschickten ein Magazin mit einem Wahlaufruf für Stelzer. Besonders brisant: Die persönlichen Adressen der Wählerinnen und Wähler für den Versand bekam der Seniorenbund von der ÖVP.

Der Seniorenbund ist einer der sechs Bünde der ÖVP. In Oberösterreich kassierte er zwischen 2020 und 2022 fast zwei Millionen Euro Corona-Förderung aus dem „Non-Profit-Topf“, der eigentlich nur gemeinnützigen Vereinen wie Sportklubs oder freiwilligen Feuerwehren zusteht, nicht aber Parteiorganisationen (die NeueZeit hat berichtet). Das war möglich, weil die türkisen Senioren ihre Doppelstruktur nutzten. Den OÖ-Seniorenbund gibt es nämlich zwei Mal: einmal als ÖVP-Teilorganisation und einmal als „eigenständigen“ Verein. Die zwei Millionen Corona-Förderung hat der Verein bekommen.

Der Vorwurf, den SPÖ, FPÖ und NEOS erheben: Die ÖVP-Senioren haben getrickst, um Millionen an Steuergeld zu kassieren, die ihnen gar nicht zustehen. Der Seniorenbund und die ÖVP hingegen beteuern, dass Verein und Parteiorganisation „klar abgetrennt“ seien. Es gebe eine getrennte Buchhaltung und unterschiedliche Tätigkeiten. Die Corona-Förderungen sind laut ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner „nicht für Parteiarbeit“ verwendet worden.

ÖVP OÖ leitete private Adressen von Wählern an den Seniorenbund weiter

Informationen, die der NeuenZeit vorliegen, lassen allerdings das Gegenteil vermuten. Der Seniorenbund-Verein, der die Corona-Förderungen abstaubte, bringt acht Mal pro Jahr das Vereinsmagazin „WIRaktiv“ heraus. Vor der Landtagswahl 2021 verschickte der Verein sein Magazin postalisch an Seniorinnen und Senioren in Oberösterreich – auch an solche, die gar keine Vereinsmitglieder waren.

Die Daten der Adressaten hat der Seniorenbund-Verein von der ÖVP bezogen. Alle Parteien dürfen auf das zentrale Wählerregister zugreifen, etwa, um im Vorfeld von Wahlen Informationen zu versenden. Die ÖVP hat die persönlichen Adressen der Wählerinnen und Wähler im Vorfeld der Landtagswahl an den Seniorenbund-Verein weitergeleitet, von dem man eigentlich „klar abgetrennt“ sein will. Das belegt ein Mailverlauf, der der NZ vorliegt.

Aus dem Mailverlauf geht hervor: Die ÖVP OÖ leitete persönliche Adressen von Wählerinnen und Wählern an den Seniorenbund weiter.

Strikte Trennung? Seniorenbund-Wahlaufruf für ÖVP-Stelzer

Besonders brisant: Der Seniorenbund-Verein hat nicht nur auf Daten der ÖVP zugegriffen, sondern im versendeten „WIRaktiv“ Magazin auch Wahlwerbung für ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer betrieben. In der Ausgabe vom September 2021 – also unmittelbar vor der Landtagswahl – bittet Seniorenbund-Obmann Josef Pühringer gleich in seinem Vorwort auf Seite 2 um Wahl-Unterstützung „für unseren Landeshauptmann Thomas Stelzer“.

Seniorenbund-Obmann Josef Pühringer ruft in der September-Ausgabe von „WIRaktiv“ zur Wahl der ÖVP auf. // Screenshot „WIRaktiv“ 09/2021

Überhaupt darf ÖVP-Landeschef Stelzer auf den ersten zwölf Seiten gleich sechs Mal aus der Seniorenbund-Zeitung lachen. Unter anderem erfahren die mit dem Magazin zwangsbeglückten Wählerinnen und Wähler die „Lieblingsspeise“ des Landeshauptmannes: Gebratenes Lachsforellenfilet mit Petersilienerdäpfel.

Schaut so eine „strickte Trennung“ zwischen Seniorenbund-Verein und Parteiarbeit aus?

SPÖ zu Seniorenbund Förderung in OÖ: „Stelzer muss sein Schweigen beenden“

„Wo bleibt das Unrechtsbewusstsein bei der ÖVP?“, fragt SPÖ-Landesgeschäftsführer Florian Koppler angesichts der Reaktionen aus ÖVP und Seniorenbund rund um den Förder-Skandal. Koppler fordert „volle Transparenz und lückenlose Aufklärung. Stelzer muss sein Schweigen beenden und endlich Stellung zu diesem Skandal beziehen.“

Der oberösterreichische Seniorenbund war bis Redaktionsschluss für keine Stellungnahme erreichbar.

Philipp Stadler

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