„Wiki“ sorgt weiter für Unruhe. Im Sommer 2021 flog auf, dass der ÖVP-nahe Verein für Kinderbetreuung Beiträge der Eltern zweckentfremdet hat. Anstatt die Gelder wie vorgeschrieben für Kinderbetreuung zu verwenden, baute Wiki um 1,5 Millionen Euro eine Tanzhalle. Jetzt muss Wiki 650.000 Euro an die betrogenen Eltern zurückzahlen. Die Verfahren laufen unterdessen weiter.
Der Verein Wiki und seine Skandale
In der Steiermark spielen gemeinnützige Träger im Bereich der Kinderbetreuung eine bedeutende Rolle. Der größte Player ist „Wiki“. Jedes Jahr erwirtschaftet der Verein 50 Millionen Euro. Seinen Aufstieg verdankt Wiki vor allem guten Verbindungen zur ÖVP. Lange Jahre war Bernhard Ederer, der von 2005 bis 2019 für die ÖVP im Landtag saß und aktuell als Bürgermeister der oststeirischen Gemeinde Naas fungiert, Vereinsobmann. Es ist daher kein Zufall, dass Wiki den Großteil seiner Einnahmen aus ÖVP-Gemeinden bezieht. Der Aufstieg des Vereins endete letztes Jahr. Im Sommer wurde bekannt, dass Wiki Kinderbetreuungsgelder zweckentfremdet hat. Unter anderem finanzierte Wiki damit den Bau einer Tanzhalle um 1,5 Millionen Euro. Besonders brisant ist dabei die Tatsache, dass der damalige Obmann Eder selbst leidenschaftlicher Tänzer ist.
Er fungierte „zufällig“ auch als Vizepräsident des Tanzvereins, der die Halle mietete. Die Affäre rund um die Tanzhalle war jedoch nur die Spitze des Skandal-Eisbergs. Derzeit steht die Veruntreuung von 5 Millionen Euro im Raum. Diesen Betrag schuldete der Verein Wiki seiner gleichnamigen Kinderbetreuungs GmbH. Schließlich wurde die GmbH in den Trägerverein integriert, womit die Schulden verschwanden.
Wiki muss 650.000 Euro Bastelbeiträge zurückzahlen
Die Auflösung der GmbH beendete den Skandal um Wiki nicht. Immer mehr Details kamen ans Licht. Für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft war klar, dass Verdacht auf Fördermissbrauch, Betrug und Untreue vorliegt. Sie übergab den Fall an die Staatsanwaltschaft Graz, die seit September ermittelt. Schon einen Monat zuvor wurde klar, dass nicht nur die Verwendung von Geldern mutmaßlich illegal war. Auch das Zustandekommen der Überschüsse warf Fragen auf. Gemeinnützigen Vereinen ist es nämlich verboten, gewinnorientiert zu arbeiten. Viele Indizien legen jedoch nahe, dass Wiki genau das tat.
Seit 2016 erhöhte der Verein die Bastelbeiträge in seinen Kindergärten um das Vierfache. Das brachte Wiki ersten Schätzungen zufolge Mehreinnahmen von 360.000 Euro. Jetzt hat sich herausgestellt, dass die Summe sogar 650.000 Euro ausgemacht hat. In Wiki-Kategorien ausgedrückt, ist das schon fast eine halbe Tanzhalle.
Laut Unterlagen haben Vorstände und der Aufsichtsrat von Wiki die Erhöhung der Bastelbeiträge mit Gewinnabsicht vorgenommen. Für das Land Steiermark war das Grund genug, Förderungen für den Verein zu streichen oder zurückzufordern. Wiki hat daher jetzt eingelenkt und insgesamt 650.000 Euro an 8.000 betrogene Eltern zurückgezahlt.
Der Bastelbeitrag beträgt aktuell übrigens nur noch 10 Euro pro Monat. Im Vergleich zum Jahr 2016 ist das jedoch noch immer eine Verdoppelung.
Der Skandal um Wiki hat politische Konsequenzen
Während die Staatsanwaltschaft noch ermittelt, hat der Skandal bereits einige ernste Folgen für den Verein Wiki. So musste Bernhard Ederer als Obmann zurücktreten.Trotz seiner Verfehlungen erhielt er im Oktober 2021 das Große Ehrenzeichen des Landes Steiermark.
Ederers Nachfolger Michael Pötler ist ebenfalls bestens in der ÖVP vernetzt. Er gehört unter anderem dem Landesvorstand des türkisen Arbeitnehmerbundes ÖAAB an.
Trotz ÖVP-Nähe dürften auf Wiki jetzt jedoch schwere Zeiten zukommen. Bereits im August fror die Stadt Graz gegen die Stimmen der ÖVP alle Förderungen für Wiki ein. Generell steht die neue rot-rot-grüne Stadtregierung privaten Trägern wie Wiki skeptisch gegenüber. Im Koalitionsprogramm ist die verstärkte Qualitätssicherung bei privaten Trägern verankert. Auf lange Sicht ist es das Ziel der Regierung, die öffentliche Hand im Kinderbetreuungsbereich zu bevorzugen. Skandale wie jener um Wiki sollen so im Interesse der Kinder endgültig der Vergangenheit angehören.