Das große Geständnis von Thomas Schmid bringt die ÖVP Niederösterreich wenige Monate vor der Landtagswahl ins Schwitzen: Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka soll 2014 heimlich Steuerprüfungen für zwei ÖVP-Vereine verhindert haben. Sobotka war zu dieser Zeit Landesrat in NÖ – und ausgerechnet für Finanzen zuständig.
Ex-Finanzgeneralsekretär Thomas Schmid, der im Zentrum mehrerer ÖVP-Skandale steht, packte aus: Er traf sich seit Frühling 15 mal mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zu ganztätigen Vernehmungen. Schmid will mit der Staatsanwaltschaft kooperieren und dadurch zum sogenannten Kronzeugen werden – also Straffreiheit bekommen.
Ein Teil des großen Schmid-Geständnisses reicht nach Niederösterreich – und dürfte die dortige ÖVP wenige Monate vor der Landtagswahl erschüttern.
Denn Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka – er gilt als mächtiger Mann innerhalb der ÖVP NÖ – soll seinen Einfluss genutzt haben, um unliebsame Steuerprüfungen bei zwei ÖVP-nahen Vereinen bzw. Stiftungen zu verhindern. Das gab Thomas Schmid in einer seiner Einvernahmen bei der Staatsanwaltschaft zu Protokoll. Sobotka selbst bestreitet die Vorwürfe.
Schmid: „Ist dann im Sinne von Sobotka erledigt worden“
Thomas Schmid gab gegenüber der WKStA wörtlich zu: „Mag. Sobotka intervenierte bei mir (…) dahingehend, dass er mir mitteilte, dass es betreffend Alois-MOCK-Institut oder die Alois-MOCK-Stiftung (das weiß ich nicht mehr genau) sowie die Erwin-PRÖLL-Stiftung Steuerprüfungen gäbe und dass das nicht sein könne. Es sei zu erledigen.“
Schmid habe den Auftrag von Sobotka dann an die zuständigen Beamten im Finanzministerium weitergeleitet. „Es ist dann im Sinne von Mag. SOBOTKA erledigt worden“, sagt Schmid jetzt zur Staatsanwaltschaft.
Strafrechtlich könnte Sobotka damit den Tatbestand der „Anstiftung zum Amtsmissbrauch“ erfüllen. Zeitlich soll das alles laut Schmid im Sommer 2014 passiert sein. Sobotka war zu dieser Zeit für die ÖVP Landeshauptmann-Stellvertreter und Finanzlandesrat in Niederösterreich.
Für Sobotka selbst sind die Vorwürfe „vollkommen haltlos“. Schmid wolle mit dem „Anschwärzen politischer Entscheidungsträger“ lediglich mediale Aufmerksamkeit erreichen und „krampfhaft“ versuchen, den Kronzeugenstatus zu erlangen.
Sobotkas Alois-Mock-Institut kassierte 150.000€ für fragwürdige Gegenleistungen
Die Vorwürfe, Sobotka habe gegen Steuerprüfungen bei den ÖVP-nahen Vereinen und Stiftungen interveniert, sind neu. Aber bereits zuvor geriet das Alois-Mock-Institut, dessen Präsident lange Wolfgang Sobotka selbst war, in Kritik.
Der Glücksspiel-Konzern Novomatic spendete dem ÖVP-nahen Institut in den letzten Jahren über 100.000 Euro. Kritiker behaupteten, Novomatic habe sich im Gegenzug zur großzügigen Spende vorteilhafte Gesetze versprochen, was allerdings nie bewiesen wurde.
Noch schwerwiegender: Unternehmen des Landes Niederösterreich überwiesen dem Verein 150.000 Euro für Inserate oder als Kostenersätze für Veranstaltungen. Die Gegenleistungen des Alois-Mock-Instituts scheinen aber nicht den großen Summen zu entsprechen, die der ÖVP-nahe Verein kassierte. Das könnte ein Grund sein, weshalb Sobotka laut Schmids Aussagen nicht wollte, dass das Institut offiziell von der Steuer geprüft wird.
Mittlerweile hat sich das Alois-Mock-Institut aufgelöst. Das politische Erbe aber bleibt – und könnte für den mächtigen ÖVP-Mann Wolfgang Sobotka sogar das Karriereende bedeuten: SPÖ und FPÖ fordern Sobotka bereits zum Rücktritt auf. Der Nationalratspräsident sei „untragbar im zweithöchsten Amt der Republik“, so die SPÖ.