Die Pflege- und Gesundheitslandschaft in der Steiermark steht am Rande des Kollapses. Was viele bereits ahnten, wird durch die erschütternden Aussagen von Michaela Berger*, einer erfahrenen Krankenpflegerin aus der Steiermark (ORT), zur bitteren Realität: Bürokratische Hürden, Profitgier und schlecht durchdachte Reformen setzen das gesamte System massiv unter Druck.
Seit dem 1. Januar 2025 ist es verboten, medizinische Daten per Fax zu übermitteln – eine Entscheidung der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), die bereits vor Jahren gefällt wurde. Doch statt eines reibungslosen Übergangs herrscht nun Chaos. Eine digitale Alternative? Fehlanzeige
Michaela Berger schildert den dramatischen Fall einer Krebspatientin, die für ihre Wunde dringend ein spezielles Desinfektionsmittel benötigt. Da das Online-Portal der ÖGK nicht funktioniert und telefonische Hilfe ausbleibt, wird sie kurzerhand persönlich zur ÖGK-Stelle geschickt – nur um dort abgewiesen zu werden. „Kommen Sie in 14 Tagen wieder“, lautete die kalte Antwort, berichtet Berger kopfschüttelnd. Die ÖGK versinkt im bürokratischen Stillstand.
Neben dem e-Card-Portal, das nur bei der ÖGK nicht wirklich funktioniert, bei der SVS schon, gibt es ein weiteres System, das unabhängig arbeitet und gesondert genutzt werden muss. Doch auch hier bleibt Verlass ein Fremdwort. „Manchmal funktioniert es, manchmal nicht – deshalb können wir es nicht nutzen“, erklärt Berger. Noch absurder: Ab 2026 sollen alle Daten über ELGA laufen – eine Verzögerung, die für die Insiderin unverständlich ist.
Die kurzfristige Ankündigung des Fax-Stopps verschärft die Situation. Viele Praxen erfuhren erst am 20. Dezember 2024 davon – viel zu wenig Zeit, um sich auf digitale Alternativen einzustellen. Auf klare Anweisungen seitens der ÖGK wartet das Gesundheitspersonal bis heute vergeblich.
Bergers Erlebnisse verdeutlichen den Irrsinn: „Ich musste eine Neuro-Reha beantragen und fragte nach dem Versandweg. Antwort: ‚Faxen Sie es.‘ – ‚Das darf ich nicht mehr.‘ – ‚Dann schicken Sie es per Post.‘“ Für die Krankenpflegerin ein Rückschritt in die Steinzeit: „Sollen wir das jetzt auf Steintafeln meißeln?“
Statt Lösungen zu bieten, reagieren ÖGK-Mitarbeiter genervt oder sogar aggressiv. Seit dem 2. Januar telefoniert sich Berger die Finger wund – und wird dabei beschimpft. „Das ist inakzeptabel. Wir wollen nicht betteln, wir brauchen ein funktionierendes System!“ Die ÖGK hat sich zu den Vorwürfen telefonisch nicht äußern wollen, schriftlich kam keine Antwort bis zum Redaktionsschluss.
Während Fachärzte bessere Abrechnungsmöglichkeiten haben und vielfach nur noch eine Vier-Tage-Woche praktizieren, stehen Hausärzte und ihre Teams an vorderster Front. Doch anstatt Unterstützung zu erhalten, werden sie von überforderten Patientinnen und Patienten sowie ineffizienten Strukturen ausgebremst.
„Ich hatte früher Freude an meinem Beruf, aber ich verliere sie immer mehr.“, betont Berger.
Die Lage in der Pflege ist nicht besser. Als frühere Heimleitung weiß Berger: Private Betreiber maximieren Gewinne auf Kosten der Belegschaft und der Patienten. Unzuverlässige Dienstpläne, ständig wechselnde Schichten und fehlende Planungssicherheit machen den Beruf besonders für Mütter unvereinbar mit dem Familienleben. „Ein besserer Personalschlüssel wäre eine Lösung – aber daran hat offenbar niemand Interesse.“
Für Michaela Berger steht eines fest: Die Versorgung der Patienten muss im Mittelpunkt stehen – nicht wirtschaftliche Interessen und Bürokratie-Wahnsinn. Doch solange sich nichts ändert, steuert das System ungebremst in die Krise. Ihre bittere Prognose: „Wir stehen nicht mehr vor der Wand – wir sind bereits hineingefahren. Vielleicht müssen wir erst durchfahren, bevor endlich jemand den Rückwärtsgang einlegt.“
Bleibt zu hoffen, dass die politischen Entscheidungsträger die Zeichen der Zeit erkennen – bevor es endgültig zu spät ist.
„Wenn es so weitergeht, muss ich mir überlegen, ob ich in diesem Job bleiben kann. Die Situation ist einfach nicht akzeptabel.“, so Berger noch zum Schluss.
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