Einer der wohl schlimmsten Tierhaltungsskandale spielt sich seit bald einem Jahrzehnt in Traismauer, Niederösterreich ab. Schon 2013 stapelten sich verendete Tiere in Kadaver-Müllcontainern und Baby-Lämmchen versanken im Stall im eigenen Dreck. Eine Foto-Dokumentation des VGT („Verein gegen Tierfabriken“) aus dem Herbst 2022 zeigt erneut die gleichen Bilder aus dem Mastbetrieb. Nun wird die Tierquälerei zum Fall für’s Parlament.
Zum ersten Mal an die Öffentlichkeit kamen die katastophalen Zustände im Mastbetrieb in Traismauer/Niederösterreich bereits im Jahr 2013. Schon damals dokumentierte der Verein gegen Tierfabriken (VGT) ähnlich verstörende Bilder wie 2022. Sie reichten von Ställen mit lebenden, kranken und bereits verendeten Schafen auf engem Raum bis hin zu bereits skelettierten Tierkadavern zwischen kranken Tieren. Erwachsene Rinder lebten in Gülleseen, die bis zu den Knöcheln reichen. Außerdem wurden Lämmer auf Vollspaltenböden gehalten – das ist spätestens seit Inkrafttreten der Tierhaltungsverordnung 2004 illegal.
2013 erstattete der VGT Anzeige gegen den Betrieb. Daraufhin forderte die Bezirkshauptmannschaft per Bescheid eine kleinere Anzahl an Tieren im Betrieb. Ein mögliches Tierhaltungsverbot stand im Raum. Bei Kontrollen 2019 und 2020 wurden keine Mängel beanstandet. Doch die Recherchen des VGT zeigten 2022 schon wieder ein ähnlich erschreckendes Bild wie 2013. Die Bezirkshauptmannschaft Sankt-Pölten leitete erneut ein Verfahren gegen den Betreiber ein, konkrete Folgen sind aktuell jedoch nicht bekannt.
„Vom Bauernbund-Präsidenten und LH-Stellvertreter, Stephan Pernkopf, wäre zu erwarten, dass er die qualvolle Tierzucht in Niederösterreich beendet. Bisher haben alle zuständigen Stellen hingegen die Augen verschlossen!“ Dietmar Keck, Tierschutzsprecher der SPÖ.
Besonders haarsträubend: An den Betrieb wurden seitens des Landwirtschaftsministeriums in den Jahren 2020 und 2021 insgesamt mindestens 12.000 Euro an Tierschutzfördergeldern ausbezahlt. Der sozialdemokratische Tierschutzsprecher im Nationalrat, Dietmar Keck, fordert im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage volle Aufklärung, wie das geschehen konnte. In ganz Niederösterreich müsse für hygienische und artgerechte Tierzuchtbetriebe gesorgt und die Tierquälerei beendet werden.
Regelmäßige Kontrollen von Tiermastbetrieben finden in Österreich kaum statt. Das liegt einerseits an einem erheblichen Mangel an entsprechenden Tierärzt:innen. Andererseits auch an einem fragwürdigen Kontrollsystem: Die Betriebe wählen die Veterinärmediziner:innen, die sie kontrollieren sollen, selbst aus. Außerdem gibt es zu wenig Amtstierärzt:innen für enge zeitliche Kontrollen. Das Land Niederösterreich gab als Folge des Skandals von 2013 eine völlige Umstellung des Kontrollsystems bekannt. Die Fotos der Tierquälerei des VGT aus 2022 lassen allerdings anderes vermuten.
Neben der Bezirkshauptmannschaft als Aufsichtsbehörde liegt die politische Verantwortung bei Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf. Dieser ist nicht nur in der bisherigen niederösterreichischen Landesregierung unter Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner für den Bereich Landwirtschaft zuständig. Er soll dies auch in Zukunft in der kürzlich besiegelten neuen Koalition aus ÖVP und FPÖ sein. Darüber hinaus ist Pernkopf auch Obmann des Bauernbundes Niederösterreich – der einflussreichen ÖVP-Teilorganisation zur Vertretung der Landwirtinnen und Landwirte.
Auch von Tierschutz-Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) hörte man in der Sache nichts. Er interessierte sich offenbar genauso wenig dafür wie Pernkopf. Dabei gab es 2014, 2015 und 2019 vergleichbare Fälle.
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