Steiermark

Tango Korrupti in der Steiermark? ÖVP-naher Verein baute mit Geld für Kinderbetreuung eine Tanzhalle

Eigentlich bietet der steirische Verein Wiki Kinderbetreuung an. Obmann Bernhard Ederer, der gleichzeitig ÖVP-Bürgermeister von Naas und begeisterter Tänzer ist, hatte aber andere Pläne. Anstatt Geld wie vorgeschrieben für Kinderbetreuung zu verwenden, ließ er um 1,5 Millionen Euro eine Tanzhalle bauen. Trotz dieses Skandal denkt Ederer nicht an Rücktritt.

Wiki wird durch politische Hilfe zum Big Player im Bereich der Kinderbetreuung

Um die aktuellen Ereignisse einordnen zu können, ist es nötig einen Blick auf die Geschichte zu werfen. Die Wiki Kinderbetreuungs GmbH ist seit vielen Jahren in der Steiermark tätig. Sie verwaltet Kinderkrippen, Kindergärten und Horte. Im Laufe der Jahre stieg sie zum steirischen Marktführer im Bereich der privaten Kinderbetreuung auf. Aktuell werden von der Wiki Kinderbetreuungs GmbH an fast 300 Standorten mehr als 8.000 Kinder betreut. Der Personalstand stieg unterdessen auf 1.650 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Ohne politische Hilfe wäre dieser Aufstieg nicht möglich gewesen. In diesem Zusammenhang war es natürlich von Vorteil, dass der Trägerverein, der ebenfalls Wiki heißt, von der ÖVP dominiert wird. Langjähriger Obmann ist Bernhard Ederer, ein ehemaliger Landtagsabgeordneter, der jetzt Bürgermeister der oststeirischen Gemeinde Naas ist. Sein Stellvertreter sowie die Landessekretärin von Wiki sind ebenfalls in der ÖVP aktiv. Im Wirtschaftsbeirat sitzt die ehemalige schwarze Justizministerin Beatrix Karl. Es ist daher kein Wunder, dass der Jahresumsatz von 50 Millionen Euro fast ausschließlich in türkis regierten Gemeinden erwirtschaftet wird. Soweit entspricht alles noch der bekannten und weitgehend akzeptierten politischen Realität in der Steiermark. Hätte sich Wiki nur der Kinderbetreuung gewidmet, wäre es daher auch zu keinem Skandal gekommen.

Wiki baut mithilfe verbotener Geldflüsse einen teuren Tanzclub

Einen Großteil seiner Einnahmen bekommt Wiki von öffentlichen Körperschaften. Die GmbH darf daher laut Gesetz nicht gewinnorientiert arbeiten. Überschüssiges Geld muss wieder im Bereich der Kinderbetreuung verwendet werden. Genau das geschah aber nicht. Stattdessen ließ sich der Trägerverein Teile der Überschüsse überweisen und verwendete sie auf höchst ungewöhnliche Art und Weise. Um 1,5 Millionen Euro baute man in der Nähe der Wiki-Zentrale in Graz-Liebenau eine Tanzsporthalle. Diese vermietete man dann ausgerechnet an Tanzsport Club Choice Styria, welcher der ÖVP-nahen Sportunion angehört. Als Vizepräsident des Clubs fungierte Wiki-Obmann Ederer. Mittlerweile hat er diese Funktion zurückgelegt. Er spricht jedoch noch heute von einer „tollen Kooperation“. Das sahen auch in den eigenen Reihen viele völlig anders.

Trägerverein übernimmt die Kinderbetreuung und ÖVP-Mann Ederer bleibt im Amt

Der Bau einer Tanzhalle mit gemeinnützigen Geldern sorgte schließlich auch intern für Auseinandersetzungen. Letztlich wollte die Geschäftsführung der Wiki GmbH alle fragwürdigen Geldflüsse an den ÖVP-nahen Trägerverein stoppen. In der Bilanz des Jahres 2020 war dann sogar von verbotenen Einlagenrückzahlungen in Höhe von 4,26 Millionen Euro die Rede. Mit Zinsen stieg die Forderung der Wiki GmbH gegenüber ihrem gleichnamigen Trägerverein auf 5 Millionen Euro. Ein Rechtsgutachten klärte den Streit schließlich. Aus ihm ging eindeutig hervor, dass die Geldflüsse rechtlich nicht haltbar sind.

Die Lösung des Problems erfolgte dann auf kreative Art und Weise. Die Wiki GmbH wurde kurzerhand aufgelöst und in den Trägerverein integriert. Damit verschwanden auch die Forderungen in Höhe von 5 Millionen Euro auf einen Schlag. Von den beiden Geschäftsführern der Wiki GmbH, denen die Aufdeckung der Geldflüsse zu verdanken ist, trennte sich der Trägerverein. Weiter in der ersten Reihe tanzt hingegen Vereinsobmann Ederer, der die Hauptverantwortung für die Geldflüsse und den Bau der Tanzsporthalle trägt. Wie so viele andere von Skandalen gebeutelte ÖVP-Politiker auf Bundesebene denkt er nicht an Rücktritt. Es bleibt im Sinne der steirischen Kinder und Jugendlichen zu hoffen, dass Wiki Finanzmittel in Zukunft ausschließlich in ihrem Interesse verwendet.

Martin Amschl

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