Es lebe der Zentralfriedhof und all seine Toten! Das Verhältnis der Wienerinnen und Wiener mit dem Tod ist etwas eigen. Alleine im Wiener Zentralfriedhof sind rund drei Millionen Menschen vergraben. Somit “leben” mehr Tote in Wien als Lebende. Über die Geschichte des Zentralfriedhofs.
Um Mitte des 19. Jahrhunderts strömten die Menschen aus alle Teilen der Monarchie nach Wien. Die Einwohnerzahl der Hauptstadt – und somit auch die Anzahl der Toten – wuchs stetig. In den Friedhöfen in den Vororten der Stadt würde es bald nicht genug Plätze geben, befürchtete man. So beschloss 1863 der Gemeinderat der Stadt Wien, einen großen Zentralfriedhof zu errichten, für Angehörige aller Glaubensrichtungen. Er sollte weiter außerhalb der Stadt liegen und so groß sein, dass es bis in die ferne Zukunft genug Plätze geben wird. Hinzu kommt, dass bei diesem Friedhof die bisherige alleinige Zuständigkeit der Kirche aufgehoben wurde. Somit entstand ein von der Gemeinde verwalteter und finanzierter Friedhof.
Mit fast 2,5 Quadratkilometern ist der Wiener Zentralfriedhof die zweitgrößte Friedhofsanlage in der Geschichte Europas. Hier liegen rund drei Millionen Tote unterschiedlichster Konfessionen begraben. Es “leben” somit mehr Tote in Wien als Lebende. Täglich finden zwischen 20 und 25 Beerdigungen statt.
Heute ist der Zentralfriedhof nicht mehr nur eine Begräbnisstätte, sondern schon fast ein Naherholungsgebiet. Hier werden nicht nur Verstorbene besucht, sondern auch Spaziergänge unternommen. Der Zentralfriedhof zählt zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Wiens: Jährlich besichtigen rund 100.000 Touristen den Friedhof. Nicht zuletzt wegen den unzähligen Ehrengräbern.
Der Wiener Zentralfriedhof ist in viele Bereiche gegliedert: Hier gibt es neben Gedenkstätten und Kriegsgräbern auch Abteilungen für unterschiedliche Glaubensrichtungen. Unter anderem gibt es einen jüdischen, islamischen und buddhistischen Teil. Außerdem gibt es die berühmten Ehrengräber. Hier liegen Persönlichkeiten wie Falco und Beethoven begraben. Es gibt zudem eine Präsidentengruft, in der die Bundespräsidenten samt Gattinnen beigesetzt werden.
Der Friedhof ist riesig – deswegen gibt es sogar interne Öffis: den Friedhofsbus der Linie 106. Theoretisch darf man auch mit dem eigenen Auto hineinfahren, allerdings mit maximal 20km/h.
Die Wienerinnen und Wiener haben überhaupt ihre ganz eigene Art, mit dem Tod umzugehen. Das zeigt nicht zuletzt der Begriff “A schöne Leich”. Während es unter Kaiser Josef II. schlichte “Sparbegräbnisse” gab, wollte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts das wohlhabende Bürgertum es den Adeligen gleichtun. Die Menschen veranstalteten teure und prunkvolle Trauerfeiern. Hierbei entstand der Begriff “A schöne Leich”, also eine pompöse Beerdigung. Auch heute mögen die Wienerinnen und Wiener “a schöne Leich”: So erweisen viele Menschen auf Staatsbegräbnissen oder bei großen Gedenkfeiern Verstorbenen die letzte Ehre.
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