Viele Selbstständige und Kleinunternehmer kämpfen wegen der Corona-Krise ums Überleben. „Bei uns geht´s um alles“, sagen Betroffene. Obwohl 99,7% aller Unternehmen in Österreich Ein-Personen-Unternehmen (EPUs) oder Klein- und Mittelbetriebe sind, werden sie im Geschäft der großen Konzerne oft vernachlässigt: Die aktuellen Corona-Hilfen der Regierung kommen bei Selbstständigen nicht ausreichend an. Jetzt hilft die Gewerkschaft vidaflex: Sie bietet eine kostenlose Online-Beratung für Betroffene an.
Corona-Hilfen kommen bei EPUs, Selbstständigen und Kleinunternehmen nicht an
Mit „koste es, was es wolle“ kündigte die türkis-grüne Bundesregierung ihre Corona-Wirtschaftshilfen an. Für den Unternehmer Martin E. (Name der Redaktion bekannt) bedeutet dieser generöse Ausruf übersetzt: Null Euro Unterstützung. Der Oberösterreicher ist selbstständig und muss derzeit mit dem Existenzminimum auskommen. In seinem Fall sind das monatlich rund 1.400 Euro für Miete, Auto, Lebensmittel, Alimente für zwei Kinder. Sein Unternehmen liegt in der Corona-Krise brach, aber wegen eines laufenden Konkurs-Verfahrens aus der Wirtschaftskrise 2009 hat er keinen Anspruch auf Hilfen aus dem Härtefall-Fonds. „Wieso ist das kein Härtefall, wenn ich schon am Existenzminimum bin?“, fragt Martin.
Er ist nicht allein. Alexander Raimund, Kleinunternehmer und Interessenvertreter der Marktfahrer, spricht aus, was wohl viele Selbstständige denken: „Wir fühlen uns vergessen“. 38 Milliarden Euro lässt sich die Regierung ihre Corona-Wirtschaftshilfen bisher kosten. Bei den 300.000 Ein-Personen-Unternehmen und 100.000 Kleinstunternehmen in Österreich kommt das aber nicht an. Sie schauen durch die Finger, während internationale Konzerne wie McDonald´s zusätzlich zur Kurzarbeit auch noch 80% ihres letztjährigen Umsatzes erstattet bekommen. „Uns wurde immer viel versprochen“, sagt Kleinunternehmer Raimund zu den Corona-Hilfen, „aber angekommen ist nie das, was angekündigt wurde.“
Initiative vidaflex bietet Unterstützung
Mittlerweile gibt es mehr als zehn verschiedene Hilfstöpfe. Härtefall-Fonds, Fixkostenzuschuss, Investitionsprämie, Umsatzersatz, Steuer-Stundungen oder Corona-Hilfsfonds. Nicht alles funktioniert so „rasch und unbürokratisch“ wie die Regierung versichert. Im Gegenteil: Ohne Hilfe von Steuerberatern sei das Beantragen der Corona-Leistungen oft gar nicht möglich, sagen Betroffene. Alexander Raimund erzählt von „Kollegen, die mehr für den Buchhalter zahlen müssen, als am Ende bei der Förderung rauskommt“.
„Da stellt sich die Frage, will man gar nicht oder kann man den EPUs und Neuen Selbständigen nicht helfen?“, sagt Christoph Lipinski von der Gewerkschaft vidaflex. Die Initiative vertritt Ein-Personen-Unternehmen (EPUs) und Kleinbetriebe. Obwohl 99,7% aller Unternehmen in Österreich EPUs oder Klein- und Mittelunternehmen sind, werden sie im Geschäft der großen Konzerne oft vernachlässigt. Die Gewerkschaft vidaflex bietet jetzt Unterstützung im Corona-Förderchaos an: EPUs, Selbstständige und Kleinunternehmer können online an einer Erst-Beratung teilnehmen.
Die Gewerkschaftsinitiative vidaflex bietet am 17. Dezember um 09:30 Uhr eine kostenlose Online-Erstberatung für Selbstständige, EPUs und Kleinunternehmer an. Im Video-Call mit dem Tool „Microsoft Teams“ stehen der Steuerberater Thomas Havranek und die Juristin Elke Torsch als Experten zur Verfügung. Sie geben einleitende Infos zu den Corona-Hilfen (Umsatzersatz, Fixkostenzuschuss, Investitionsprämie, usw.) sowie zum Thema Geschäftsmieten und Mietrechtsstopps und beantworten im Anschluss Deine individuellen Fragen. Der Video-Call startet um 09:30 Uhr und dauert je nach Fragen bis spätestens 11 Uhr.
Die Teilnahme ist kostenlos und unverbindlich.
Mit Klick auf diesen Link kommst Du direkt zum Video-Call bei Microsoft Teams: https://bit.ly/vidaflex-beratung-videocall
Wann? Do, 17. Dezember, 09:30 Uhr
Wo? Online mit dem Videokonferenz-Tool Microsoft Teams
Wie? Nach der Anmeldung bekommst Du den Link zum Microsoft Teams Video-Call nochmals per Mail zugesandt.
Um Anmeldung wird gebeten: Mit einem formlosen Mail an office@vidaflex.at oder direkt hier.
Nach der Erstberatung bietet die vidaflex weitere juristische Beratungen an – für Mitglieder kostenlos.
Umfrage: Nur 16% der Corona-Förderungen für Selbstständige & Kleinunternehmer geeignet
Die Corona-Förderungen sind oft nicht nur kompliziert, sondern dürften auch einige Lücken haben. Der oberösterreichische Unternehmer Martin E. hat ein laufendes Konkurs-Verfahren, das noch aus der Wirtschaftskrise 2009 stammt. Er schaffte damals eine neue Maschine um 800.000 Euro an. Wenige Wochen später platzte die große Blase, die Maschine war plötzlich nur mehr 100.000 Euro wert, der Konkurs unvermeidbar. In der aktuellen Corona-Krise kommt er erneut unverschuldet zum Handkuss: „Von heute auf morgen war es aus“. Wegen des Konkurs-Verfahrens hat er nicht einmal Anspruch auf Leistungen aus dem Härtefall-Fonds. „Es ist frustrierend, ständig irgendwo anzuklopfen und nichts zu bekommen“.
Das Problem, keinen Anspruch auf Corona-Hilfen zu haben, dürften viele Selbstständige kennen. In einer Umfrage erhob der sozialdemokratische Wirtschaftsverband in Oberösterreich, dass die Förderungen im Schnitt nur von 16% der befragten Kleinunternehmen beantragt werden. Besonders wenig genutzt werden kann der Umsatzersatz. Und wenn die Hilfen beantragt werden, dann kommen sie nicht in voller Höhe an.
Nur 8% der befragten EPUs und Kleinunternehmen geben an, den beantragten Fixkostenzuschuss in voller Höhe zu erhalten zu haben. Die Investitionsprämie bekommen nur 12% in vollem Umfang. Corona-Hilfen, die nicht passen, und das umständliche Beantragen der Förderungen schlägt sich auch in der Zufriedenheit nieder: Nur 15% der Kleinunternehmer fühlen sich vom Finanzamt „sehr gut“ unterstützt.
Kleine Betriebe halten zusammen
Auch auf andere wird scheinbar vergessen. Die Branche der sogenannten Marktfahrer – etwa Lebensmittelhändler auf Wochenmärkten oder Schausteller auf Jahrmärkten – macht einen Großteil des Umsatzes von Oktober bis Dezember. Die Märkte im Herbst und Winter fallen wegen Corona heuer aber flach. Der finanzielle Ersatz dafür reiche nicht aus, um die umsatzschwachen Anfangsmonate des kommenden Jahres zu überstehen. Denn: Der Fixkostenzuschuss ist für Marktfahrer ungeeignet, mobile Stände haben schließlich kaum Fixkosten. „Und den beantragten Umsatzersatz hat noch niemand von uns bekommen“, sagt Interessenvertreter Alexander Raimund.
Trotzdem versucht man alles, um zu überleben. Viele Marktfahrer ließen sich zu sogenannten Corona-Beauftragen ausbilden und kauften Masken und Schutzausrüstung. Sogar auf große Teile der eigenen Verkaufsfläche wurde zugunsten von Kollegen verzichtet, um den Mindestabstand auf den Märkten einhalten zu können. Auch innerhalb der Wirtschaftskammer seien alle um Lösungen bemüht, alte Gräben werden zugeschüttet, Parteifarben spielen keine Rolle. Man hält zusammen in der Branche, ist aber gemeinsam ziemlich allein. Die Hilfen der Regierung kommen nicht, es gibt keine Planungssicherheit für das Wirtschaften in den nächsten Monaten. Niemand weiß, wie es weitergeht.
„Wir wollen nur Überleben“
Das Geschäft der Marktfahrer ist eines der ältesten Gewerbe mit vielen Familienbetrieben. „Wir haben schon alles überlebt“, sagt Raimund. Die Pest- und die Cholera-Epidemie, beide Weltkriege und die Spanische Grippe. Jetzt drohe ausgerechnet im Jahr 2020 durch die Corona-Pandemie das Aus: Wenn im kommenden Jahr auch noch die Steuer-Stundungen auslaufen, werde es bei vielen Kollegen eng. Raimund: „Wir wünschen uns einfach nur einen Zukunftsplan von der Regierung, wir wollen nur Überleben. Bei uns geht´s um alles.“