Knapp jede fünfte Gemeinde in Niederösterreich steht ohne Bankomat da. Doch Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und die FPÖ tun nichts dagegen. Deshalb forderte der Bürgermeister von Ebreichsdorf, Wolfgang Kocevar, mit einer Protestaktion Unterstützung vom Land. Die Antwort der ÖVP: Kocevar solle lieber bei den Ebreichsdorfern sparen, damit die Gemeinde den Bankomaten selbst zahlen kann.
Bis vor wenigen Monaten gab es im Ebreichsdorfer Ortsteil Unterwaltersdorf einen Bankomaten beim dortigen Supermarkt. Doch der wollte ihn nicht mehr weiter betreiben. Bürgermeister Wolfgang Kocevar (SPÖ) forderte Unterstützung von der Landesregierung für die Ebreichsdorferinnen und Ebreichsdorfer. Erfolglos. Stattdessen antwortete die ÖVP Ebreichsdorf mit einer Aussendung. Die Gemeinde solle das Problem gefälligst selbst lösen und bei anderen Leistungen für die Menschen im Ort sparen. Dabei geht den Kommunen nach Teuerung und Corona ohnehin das Geld aus – sie sparen schon so gut es geht. Kocevar fand eine Lösung, die sich Ebreichsdorf leisten kann. Doch in Niederösterreich steht trotzdem noch jede fünfte Gemeinde ohne Bankomat da.
Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) inszeniert sich seit einigen Wochen als Verteidiger des Rechts der Österreicherinnen und Österreicher auf Bargeld. Währenddessen können immer mehr Menschen in Niederösterreich tatsächlich kein Bargeld mehr abheben. Doch Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner – Parteifreundin Nehammers – tut nichts dagegen.
2021 gab es in 16,9 Prozent der Gemeinden keinen Bankomaten mehr. Seitdem häufen sich die Meldungen über abgebaute Geräte im ganzen Bundesland. Derzeit kann man Schätzungen zufolge in rund 20 Prozent der Ortschaften kein Geld mehr vom Konto abheben.
Einige Zeit war das auch im Ebreichsdorfer Ortsteil Unterwaltersdorf so. Jahrelang hatte der dortige Supermarkt einen Geldautomaten betrieben. Doch vor einigen Monaten baute er ihn ab. Die Umsätze seien zu gering. Bürgermeister Wolfgang Kocevar (SPÖ) war „klar, dass von der Landesregierung keine Hilfe für unsere Leute kommen wird.“ Deshalb verhandelte er mit mehreren Bankomat-Betreibern und dem Supermarkt. Zusätzlich forderte er bei einer Protestaktion Unterstützung vom Land.
Die Antwort kam prompt – allerdings aus Ebreichsdorf selbst. Die ÖVP Ebreichsdorf stellte sich gegen die eigene Gemeinde. Ebreichsdorf solle sich selbst um eine Lösung kümmern. Laut den ÖVP Mandataren sei es zwar „schön, dass viel für die Menschen hier gemacht wird“. Aber wenn der Bankomat die Gemeinde teuer kommt, solle sie halt bei den Ebreichsdorferinnen und Ebreichsdorfern sparen, statt die Landeshauptfrau in die Pflicht zu nehmen.
Dabei haben die Gemeinden ohnehin schon lange den Gürtel enger geschnallt. Denn ihnen geht das Geld aus. Erst schrumpften durch Corona ihre Einnahmen, die Ausgaben blieben jedoch gleich. Die Bundesregierung versprach Milliarden, von denen die Gemeinden allerdings bis heute fast nichts gesehen haben. Und dann kam die Teuerung. Die Kosten für Energie, Bauvorhaben, Gehälter usw. explodierten. Auch heuer steigen die Gemeinden wohl wieder schlecht bei den Finanzausgleichsverhandlungen mit Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) aus.
„Angefangen hat es mit den Wach-Stuben, dann kamen die Bezirksgerichte, die Postämter, die Bankfilialen und jetzt ist es halt der Bankomat.“ Berichtet Kocevar. Und er fragt: „Was macht die Schwarz-Blaue Koalition, damit die Gemeinden nicht langsam sterben?“
Der ländliche Raum kommt immer mehr ins Hintertreffen. Er fragt: „Was macht die Schwarz-Blaue Koalition, damit die Gemeinden nicht langsam sterben?“
Für Ebreichsdorf gab es jedenfalls auch ohne Unterstützung von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ein Happy End. Kocevar konnte mit einer Bankomat-Betreiberfirma eine Vereinbarung treffen. Die Gemeinde übernimmt die Kosten für die Inbetriebnahme eines neuen Geldautomaten am bisherigen Standort. Außerdem organisiert sie den Winterdienst dort.
Grantig macht Kocevar die ganze Sache trotzdem: „Wir haben die Kosten und kriegen den verständlichen Zorn der Bürgerinnen und Bürger ab. Und was macht die Landesregierung?“ Nicht nur bei den Bankomaten: „Eigentlich bleibt alles bei den Gemeinden hängen.“
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