Oberösterreich

Trotz angeblich qualifizierterer Bewerberin: Chef der ÖVP-Parteizeitung wird neuer Presse-Leiter des Landes OÖ

Eine Postenbesetzung des Landes Oberösterreich sorgt hinter vorgehaltener Hand für viel Wirbel. Mit Christian Haubner wurde ausgerechnet der Chef der ÖVP-Parteizeitung „Volksblatt“ zum Leiter der eigentlich parteiunabhängigen Presse-Abteilung des Landes bestellt. In der für die Bestellung verantwortlichen Personalkommission sitzen ehemalige Mitarbeiter von ÖVP-Regierungsmitgliedern. Eine qualifiziertere Bewerberin soll übergangen worden sein, erfährt die NeueZeit aus gut informierten Kreisen.

Das Land Oberösterreich hat einen neuen Chef-Kommunikator: Christian Haubner wurde am Dienstag zum Leiter der Abteilung Presse bestellt. Damit ist Haubner künftig für die Kommunikation des Landes verantwortlich – von Presseaussendungen über das Printmagazin „Unser Oberösterreich“ bis zum Bilder- und Medienservice. Ein strategisch wichtiger Posten.

„Volksblatt“-Chefredakteur Christian Haubner wird neuer Leiter der Abteilung Presse beim Land Oberösterreich. // Bild: Röbl

Umso brisanter ist die Besetzung. Der neue Presse-Leiter Christian Haubner ist Chefredakteur der Tageszeitung „Oberösterreichisches Volksblatt“. Das „Volksblatt“ wiederum ist über den Umweg einer Vermögensverwaltung zu 100% im Besitz der ÖVP Oberösterreich. Mit Haubner übernimmt also ein ausgewiesener ÖVP-Mann die Leitung der eigentlich parteiunabhängigen Presseabteilung des Landes.

Auch wenn die Optik schief ist: Das ist freilich rechtmäßig, solange Haubner als bestqualifizierter Bewerber zum Zug kam. Aber genau daran zweifeln Insider. Eine andere Bewerberin – sie arbeitet bei einem großen Medium in Oberösterreich – habe im Bewerbungsverfahren einen viel besseren Eindruck hinterlassen, berichten gut informierte Kreise der NeuenZeit.

Ehemaliger Mitarbeiter von ÖVP-Regierungsmitgliedern sitzen in Besetzungskommission

Verantwortlich für die Personalentscheidung ist die vierköpfige Besetzungskommission. Deren Zusammensetzung ist der nächste Puzzlestein, der Fragen aufwirft. Drei der vier Mitglieder sitzen zwar (zurecht) aufgrund ihrer hohen Funktionen im Landesdienst in der Kommission, ihre Verbindungen zur ÖVP sind aber kaum zu übersehen. So arbeitete etwa ein Kommissionsmitglied früher im Büro von Landeshauptmann Thomas Stelzer, ein anderes im Regierungsbüro des ehemaligen Landeshauptmann-Stellvertreters Franz Hiesl (ÖVP).

Der Vierte in der Kommission ist ein externer Berater, den das Land zur Personalentscheidung hinzugezogen hat. Ihm wird als Einziger in der Kommission keine ÖVP-Nähe nachgesagt. Dem Vernehmen nach soll der Berater auch als Einziger gegen Haubner als neuen Presse-Leiter gestimmt haben.

Parallelen zum Postenschacher im OÖ-Finanzamt

Hat die Besetzungskommission eine qualifiziertere Frau zugunsten des ÖVP-Mannes übergangen? Gab es vielleicht sogar politische Einflussnahme? Der Pressesprecher von Landeshauptmann Thomas Stelzer war bis Redaktionsschluss für keine Stellungnahme erreichbar.

Die Causa weist jedenfalls einige Parallelen zu einer anderen Postenbesetzung in Oberösterreich auf, die erst kürzlich für Schlagzeilen sorgte. Der türkise Klubobmann August Wöginger soll 2017 interveniert haben, um einen ÖVP-Bürgermeister zum neuen Leiter des Finanzamtes Braunau-Ried-Schärding zu machen – die NeueZeit hat berichtet. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen „Anstiftung zur Bestechung“ gegen Wöginger, es gilt die Unschuldsvermutung.

Auch im Fall des Finanzamtes gab es eine qualifiziertere Bewerberin. Sie bekam später sogar vor dem Bundesverwaltungsgericht recht: Ihr steht wegen des „diskriminierenden Bestellungsverfahrens“ Schadenersatz zu. Die ÖVP-Nähe einzelner Mitglieder der Begutachtungskommission, die die Bewerberinnen und Bewerber nach ihrer „Qualifikation“ reihte, thematisierte das Gericht damals ebenfalls.

„Unser Land ist kein ÖVP-Selbstbedienungsladen“

SPÖ und Grüne reagieren mit heftiger Kritik auf die Bestellung von Haubner zum neuen OÖ-Presse-Leiter. SPÖ-Landesgeschäftsführer Florian Koppler fordert von Landeshauptmann Stelzer „volle Transparenz. Welche Kompetenzen bringt der ÖVP-Kandidat mit, die die anderen nicht haben?“ Oberösterreich sei kein ÖVP-Selbstbedienungsladen, so Koppler.

Ähnlich fällt die Reaktion der Grünen aus. Im Öffentlichen Dienst müssen die besten Köpfe sitzen, „die ihr Handeln nach dem Wohle des Landes und nicht nach den Wünschen einer Partei ausrichten“, sagt Nationalratsabgeordneter David Stögmüller.

Philipp Stadler

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