Oberösterreich

So einfach wird Bauland wieder leistbarer! Interview mit dem Bürgermeister von Gallneukirchen

So einfach geht’s! Mit einem Beschluss im Gemeinderat hat Bürgermeister Sepp Wall-Strasser Bauland in seiner Heimatgemeinde wieder leistbar(er) gemacht. Maximal 190 Euro darf der Quadratmeter in Gallneukirchen kosten – und acht Kriterien muss ein Grundstück erfüllen, damit der Gemeinderat es überhaupt in Bauland umwidmen kann. Wir haben Wall-Strasser gefragt, wie er das umsetzen konnte – und ob es auch Kritik in seiner Ortschaft gab.

NeueZeit: Der Durchschnittliche Quadratmeterpreis in ihrem Bezirk liegt bei 260 Euro. Ausreißer nach oben liegen noch einmal 100 Euro höher, nämlich bei 360 Euro pro Quadratmeter in den Ortschaften Puchenau oder Lichtenberg. Wie haben Sie es geschafft in Gallneukirchen einen Preisdeckel von maximal 190 Euro/m2 einzuführen?

Bürgermeister Sepp Wall-Strasser: Wir haben den jetzigen Preisdeckel für den Quadratmeter nach einem Durchschnitt aus 2021 und 2022 der letzten verkauften Parzellen in Gallneukirchen ermittelt – ausgerichtet nach dem Verbraucherpreisindex 2020. Da waren Grundstücke zwischen 120 und 500 Euro dabei. Schöne Hanglagen lagen sogar bei 600 Euro, da fragt man sich schon, wer sich das noch leisten können soll.

Außerdem habe ich mich erkundigt, welche Preise bei den Baulandsicherungs-Verträgen in den Nachbargemeinden derzeit gelten. Die lagen zwischen 120 und 160 Euro, in durchaus auch vergleichbaren (schönen) Lagen, oft nur ein paar Kilometer von Gallneukirchen entfernt. Deshalb haben wir uns dann auf maximal 190 Euro geeignet und halten das – der Attraktivität von Gallneukirchen Rechnung tragend – für angemessen.  Und natürlich ist das „psychologische Signal“, unter 200 zu bleiben, interessant.

 Baulandpreise deckeln? „Man muss sich nur trauen“

Was sind die Voraussetzungen, damit in Gallneukirchen überhaupt Agrarfläche in Bauland umgewidmet wird? Auch da gibt es durch den Gemeinderatsbeschluss rund um den Bauland-Preisdeckel neue Regelungen.

Seit kurzem gibt es acht Widmungskriterien, damit ein Grundstück vom Gemeinderat überhaupt als Bauland in Frage kommt und umgewidmet werden kann: Baulücken schließen, Flächen in Zentrumsnähe bevorzugen, Siedlungsergänzungen sinnvoll planen, in Öffi-Nähe mit sicheren Rad- und Fußwegverbindungen, nur in Bereichen, wo Infrastruktur wie Wasser, Kanal, Energieversorgung, Straßen schon vorhanden sind. Beim verdichteten Wohnbau gibt es nochmal neue Regeln. Also wenn mehrere Wohneinheiten auf einem Grund errichtet werden, dann ist außerdem noch ein Mobilitätskonzept mit Radstellplätzen, ausreichenden Fußwegen und Grün- und Freizeitflächen erforderlich.

Einerseits werden Sie medial gefeiert, andererseits stehen Sie auch in der Kritik – konkret war für viele im Ort Ihre Wende bei den Wohnungen in Tumbach überraschend. Warum haben Sie da geschwenkt, obwohl Sie ursprünglich gegen die Rodung des Waldstücks und gegen neue Wohnungen waren?

Das Projekt Tumbach hat der Gemeinderat aus der Vorperiode „geerbt“.  Es war von Vorneherein sehr umstritten (Anmerkung der Redaktion: damals war noch Gisela Gabauer von der ÖVP Bürgermeisterin von Gallneukirchen). Zur Vorgeschichte: Die Besitzerin des Waldstücks, auf dem nun Wohnungen entstehen, ist schon in der vorherigen Gemeinderatsperiode an die frühere Bürgermeisterin herangetreten, weil sie ihren von Käfern befallenen Fichtenwald roden und in Bauland umwidmen lassen wollte.

Dorfplatz von Gallneukirchen// Bild: Erwin Doppler

Über die Widmung wurde auf meinen Antrag hin im Juni 2020 geheim abgestimmt, es ist daher – auch mir nicht bekannt, wer in den verschiedenen politischen Fraktionen wie abgestimmt hat. Das Abstimmungsergebnis brachte damals eine Mehrheit von 20:10 Stimmen für die Rodung des Waldes und für eine Baulandwidmung. Ich persönlich habe damals dagegen gestimmt. Beim Bebauungsplan des Areals, der natürlich wieder abgestimmt werden musste, habe ich schließlich mit Bauchweh dafür gestimmt. Weil das dann vorgelegte Projekt zumindest nicht mehr nur die Zersiedelung in Einzelhäuser, sondern in Reihenhäuser vorsah. Es kam aber zu keiner Umsetzung des Projektes mehr in der Periode des vorherigen Gemeinderates. 

Böden entsiegeln, statt nur Verbauen und zubetonieren

Und das steht nicht im Widerspruch zu den Vorgaben? Also mehr Grün- und Freizeitflächen, weniger Zersiedelung – die im Zuge des neuen Bauland-Preisdeckel und den neuen Bauland-Widmungskriterien enthalten sind?

Das nun entwickelte Projekt erfüllt nun auch die notwendigen und in meiner Funktionsperiode neu festgelegten Widmungskriterien für Bauland.

Da auch die Grundbesitzerin dann sowohl dem Preisdeckel (190€/m2), als auch der Realisierung eines gemeinnützigen Wohnbauprojektes zugestimmt hat– gab es für mich keinen Grund, diese Regelungen hier nicht anzuwenden. Ich und mit mir auch meine Fraktion, haben aber immer folgendes betont.

Wenn eine Abstimmung zugunsten des Projekts negativ ausgehen sollte oder die Landesregierung in ihrer Prüfung (puncto Landschafts- und Naturschutz) nicht zustimmen würde, wir „sehr gut auch mit einer Wiederaufforstung des Waldes leben können“.

Stichwort Versiegelung: Wie viele Wohnungen sind noch in Gallneukirchen geplant beziehungsweise wird die Gemeinde in den nächsten Jahren noch viel bebauen?

Die Stimmung tendiert, auch durch unsere parteiübergreifende Klausur zu dem Thema, dazu, wenig zu verbauen – es gibt zwar gewidmete Baulandflächen, aber Neuwidmungen wird es nur mehr geben, wenn es ein übergeordnetes Interesse der Gemeinde gibt. Zum Beispiel wenn’s um das Thema betreutes Wohnen geht. Dann könnte es sein, dass man Einrichtungen dafür errichtet, aber das wäre eher die Ausnahme.

Grundsätzlich möchte Gallneukirchen wieder Boden entsiegeln.

Das geschieht derzeit etwa schon in der Schulstrasse oder bei Parkplätzen. Wir machen asphaltierte Flächen wieder frei und verlegen sie mit Sickersteinen. Was wir außerdem dringend brauchen ist, eine Diskussion wie wir private leerstehende Wohnungen nutzen können. Auch das hilft uns weniger Grünflächen zu verbauen und zu versiegeln.

In Gallneukirchen ist Bauland wieder leistbar(er)

Sind Ihre politischen Gegner und Sie beim Thema Bauen und Wohnen immer einer Meinung?

 Durch gemeinsame Klausuren, gab‘s eigentlich meistens große Übereinstimmung. Nochmal auf die 190 Euro zurückkommend – da gibt’s natürlich ein paar Grundbesitzer im Ort, die das nicht sehr positiv aufgenommen haben. Aber der Baulandpreisdeckel und die neuen Widmungskriterien für Bauland haben schon eine gute Stimmung losgetreten. Da besteht im Gemeinderat nahezu Einstimmigkeit. Die große Mehrheit ist mittlerweile gegen das Zubetonieren und nur für naturnahes und zeitgemäßes Bauen. 

Glauben Sie, dass es überall in Österreich möglich ist einen Bauland-Preisdeckel einzuführen? Oder hatten Sie Glück, dass das Kräfteverhältnis im Gemeinderat zu Ihren Gunsten zustande gekommen ist?

Ein Bürgermeister ist ja immer die „1. Bauinstanz“, daher kann grundsätzlich jede Gemeinde in ganz Österreich einen Baulandpreisdeckel festlegen. Die Höhe dieses Deckels wird natürlich regional variieren, wenn wir’s mit Baugründen im Burgenland vergleichen. Dort ist der Quadratmeterpreis vor allem im Süden ein ganz anderer als bei uns.

Man muss sich nur trauen. Und die Mehrheiten für den Baulandpreisdeckel die sind ja auch nicht vom Himmel gefallen. Wir haben Klausuren, die außerhalb der regulären, bezahlten Sitzungen stattfinden, abgehalten. Da kann man doch sehr viel für die eigene Bevölkerung rausholen und wenn man sich bemüht, kann man auch gegenseitig voneinander lernen. Sodass die ideologischen Grenzen der Parteien sich auch aneinander annähern können – zum Wohle der Gallneukirchnerinnen und Gallneukirchner.

NeueZeit Redaktion

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