Die Wall Street galt bisher als uneinnehmbare Festung der Finanzindustrie. Jetzt haben kleine Internet-Nutzer das Gegenteil bewiesen. Große Spekulanten wetteten an der New Yorker Börse auf fallende Kurse des Spielehändlers Gamestop – machten die Rechnung aber ohne die Fans des Spiele-Unternehmens. Die schlossen sich zusammen und kauften massenweise Aktien: Der Kurs stieg, die Spekulanten verloren. Die kleinen Anleger haben die große US-Finanzindustrie mit ihren eigenen Mitteln geschlagen. Aber das Match ist noch nicht entschieden.
Es ist ein ungleiches Match: Kleine Anleger stellen sich an der New Yorker Börse gegen große Banker der US-Finanzindustrie. Für die Spekulanten geht es tagtäglich um schier unvorstellbare Geldsummen. An der berühmten Börse in der New Yorker Wall Street wurde 2019 Aktienhandel im Wert von 14,4 Billionen US-Dollar betrieben. Zum Vergleich: Der Staat Österreich hat im letzten Jahr insgesamt 73,6 Milliarden Euro eingenommen. Das ist nur ein Sechszehntel der Summe, um die es jedes Jahr an der New Yorker Börse geht.
Die Wall Street galt bisher als uneinnehmbare Festung der Finanzindustrie aus Hedgefonds und Spekulanten. Jetzt haben kleine Anleger das Gegenteil bewiesen. Sie kauften in einer gemeinsamen Aktion so viele Aktien des Spielehändlers Gamestop, dass der Kurs überraschend stark anstieg. Dadurch verloren große Hedgefonds Milliarden. Sie hatten zuvor darauf gewettet, dass der Gamestop-Kurs fällt. Was genau ist passiert?
Gamestop ist eine amerikanische Einzelhandels-Kette, die Computerspiele und andere Unterhaltungs-Produkte verkauft. Das Unternehmen steckt in der Krise, die Verkaufszahlen stocken. Das haben auch die großen Spekulanten an der New Yorker Börse erkannt – und beschlossen, die Firma aufzugeben. Das heißt in der Finanzwelt: Hedgefonds und Spekulanten haben gewettet, dass der Kurs der Gamestop-Aktie fällt.
Passiert ist aber genau das Gegenteil.
Gamestop hat viele Fans auf der ganzen Welt. Sie tauschen sich auf Internet-Plattformen wie dem Forum Reddit aus. Dort ist die Gamestop-Community auf mittlerweile drei Millionen Nutzer angewachsen. Weil die Fans verhindern wollten, dass Gamestop von Börsen-Spekulanten zerstört wird, sprechen sie sich untereinander ab. Sie beschließen, mit ihren jeweils kleinen finanziellen Mitteln Gamestop-Aktien zu kaufen. Weil viele Menschen mitmachen und in Gamestop investieren, explodiert der Aktien-Kurs. Im Juli 2020 kostete eine Gamestop-Aktie vier Dollar. Ende Jänner 2021 lag der Kurs bei 194 Dollar pro Stück.
Die kleinen Anleger bedienen sich dem Mechanismus, den normalerweise die großen Spekulanten ausnutzen: Wenn viele Aktien gekauft werden, die Nachfrage also groß ist, steigt der Kurs. Damit hatte die US-Finanzindustrie, die auf den sinkenden Aktienkurs wettete, nicht gerechnet. Die Hedgefonds verlieren durch die Gemeinschafts-Aktion der Gamestop-Fans rund 12,5 Milliarden Dollar. Die Spekulanten wollten mit dem Untergang eines Unternehmens Gewinn scheffeln – und müssen jetzt selbst draufzahlen.
User „u/ssauronn“ schreibt auf Social Media, wieso er sich als kleiner Anleger an der Gamestop-Rettungsaktion beteiligt: „Während der Finanzkrise von 2008 war ich Teenager. Ich kann mich lebhaft an die enormen Auswirkungen der rücksichtslosen Aktionen der Typen in der Wall Street auf das Leben der Menschen, die mir nahestehen, erinnern.“
Handelsplattformen haben den Kauf und Verkauf der Gamestop-Aktien zwischenzeitlich ausgesetzt, um die enormen Kursschwankungen zu bremsen. Die vielen kleinen Hobbyanleger sind ein großes Risiko eingegangen. Sie könnten auf den jetzt teuren Aktien sitzen bleiben, weil der Kurs deutlich über dem eigentlich Wert des Unternehmens liegt. In den letzten Tagen begann der Aktien-Kurs bereits wieder zu sinken. Beobachter befürchten auch, dass Hedgefonds die Aktion der Klein-Anleger ausnutzen konnten. Die Finanzkonzerne beobachten den Markt genau und könnten mitten im Gamestop-Aufschwung eingestiegen sein, um selbst davon zu profitieren und die Kurs-Spirale weiter nach oben zu treiben.
Das ungleiche Match ist also noch nicht entschieden. Aber die erste Runde ging an die Gamestop-Fans: Sie haben als Gemeinschaft der Vielen die Gruppe der wenigen superreichen Spekulanten mit ihren eigenen Mitteln geschlagen. Vor allem aber hat der wilde Ritt der Gamestop-Aktie einmal mehr offenbart, wie absurd die Börsen-Spekulationen sind. Sie entkoppeln den Aktienkurs vom eigentlichen wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens und können mit wilden Milliarden-Spekulationen reale Existenzen zerstören.
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