Astrid Eisenkopf ist seit vier Jahren Landeshauptmann-Stellvertreterin im Burgenland – mit der NeueZeit spricht sie über das Aktionsprogramm für Frauen „Gleich*in die Zukunft“, die frauenpolitischen Erfolge im Osten, aber auch darüber, wo sie noch Aufholbedarf sieht.
NeueZeit: Am 8. März ist Weltfrauentag – welchen Stellenwert hat dieser Tag für Sie?
Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf: Der internationale Frauentag am 8. März steht für den langen Kampf der Frauen für eine gleiche Teilhabe an einer gerechten Gesellschaft. Vieles wurde in den vergangenen Jahrzehnten – vor allem von mutigen und beharrlichen Frauenpolitikerinnen, wie Johanna Dohnal – erreicht. Dennoch hindern gesellschaftliche, politische und soziale Bedingungen auch heute noch viele Frauen an einem selbstbestimmten und gleichberechtigen Leben. Der Frauentag ist ein Tag, an dem wir ganz klar auf diese Missstände hinweisen und uns dagegen aussprechen müssen.
Was waren für Sie die frauenpolitisch größten Erfolge im Burgenland?
Das Burgenland hat sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten in vielen Bereichen zu einer Vorzeigeregion entwickelt. Sei es beim Thema Mindestlohn, dem Gratis-Kindergarten oder auch bei der Anstellung der pflegenden Angehörigen. Das ist gut für unser Land, für die Burgenländer*innen und vor allem auch für die Frauen. Denn sie profitieren in vielen Fällen überdurchschnittlich von diesen wegweisenden Maßnahmen.
Weitere große Erfolge der vergangenen Jahre, die dazu beitragen, dass Frauen und Mädchen im Burgenland ein selbstbestimmtes und chancengerechteres Leben führen können, sind aber auch ganz klar unsere Frauenstrategie „Gleich*in die Zukunft“. Der ressortübergreifende „Burgenländische Aktionsplan gegen Gewalt“, die Eingliederung und damit nachhaltige Absicherung des Frauenhauses Burgenland oder die Einführung einer Alleinerziehenden-Förderung, um nur einige Beispiele zu nennen.
Und wo gibt es Aufholbedarf?
Gerade wenn es darum geht Rollenbilder aufzubrechen, die der Dreh- und Angelpunkt in vielen Bereichen sind. Um Chancengleichheit für Frauen und Mädchen zu erreichen, ist der Weg sehr mühsam und steinig. Hier haben wir Aufholbedarf und Veränderungen gelingen hier meist nicht von einem Tag auf den anderen.
Wie können wir die von Ihnen genannten Anliegen von Frauen noch stärker in der Gesellschaft verankern?
Vor zwei Jahren haben wir unter dem Titel „Gleich*in die Zukunft“ unsere burgenländische Frauenstrategie präsentiert. Diese wurde gemeinsam mit 1.600 Burgenländer*innen erarbeitet. Es ist eine Strategie die wir gemeinsam mit den Frauen erarbeitet haben und in der die Ideen und Bedürfnisse der Frau sehr klar abgebildet sind. Als Frauenpolitikerin ist es meine Aufgabe die entsprechenden Rahmenbedinungen für mehr Mut und Selbstbestimmung bei Frauen zu setzen. Bei der Umsetzung sind wir aber alle, als gesamte Gesellschaft, gefordert. Gleichzeitig wurde die Strategie von Beginn an von einem Steering Board mit Vertreter*innen aus den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen begleitet, die sich nicht nur mit ihrer Expertise eingebracht haben, sondern heute noch dafür sorgen, dass auch in ihren Tätigkeitsfeldern frauenfördernde Maßnahmen vorangetrieben werden.
Ihre Aufgabenbereiche umfassen aber nicht nur Frauenthemen, sie sind auch für Agrar- und Naturschutzthemen zuständig. An die nächste Generation denkend: Tun wir hier genug, um eine intakte Umwelt zu hinterlassen?
Wir nehmen im Burgenland Umwelt- und Klimaschutz sehr ernst und geben unser Bestes in den verschiedensten Bereichen, um die nachhaltige Entwicklung im Burgenland voranzutreiben. Wir sind Vorreiter bei der Erzeugung von erneuerbaren Energien und haben mit der Klimastrategie 2030 uns auch sehr ambitionierte Klimaziele gesteckt, die wir aber auch erreichen können, ohne die Lebensstandards im Burgenland senken zu müssen. Für mich geht es in der Klima- und Naturschutzpolitik immer darum, die Menschen mit zu nehmen anstatt irgendetwas von oben herab zu diktieren. Das gelingt uns auch bei der Bio-Wende sowie im Naturschutz – mehr als ein Drittel der gesamten Landesfläche steht bereits unter Naturschutz.
Das Burgenland bietet als eines der ersten Bundesländer flächendeckend gratis Periodenprodukte an. Warum?
Mit dem Einsetzen ihrer Regelblutung sind für jede (junge) Frau monatlich zusätzliche Kosten verbunden, die oft eine finanzielle Herausforderung darstellen. Mit unserer Aktion „Wir regeln das gemeinsam!“ wollen wir dazu beitragen, Periodenarmut im Burgenland zu bekämpfen. Dabei haben wir uns bewusst dafür entschieden, gratis Hygieneprodukte für Mädchen und Frauen über die sieben burgenländischen Frauenberatungsstellen, die in jedem Bezirk zu finden sind, zugänglich zu machen. Denn damit erreichen wir alle Burgenländer*innen möglichst wohnortnah und bieten ihnen eine Möglichkeit – unabhängig davon, ob und wo sie zur Schule gehen, ob sie einen Lehrberuf ausüben, berufstätig sind oder sich in einer sonstigen Lebensphase befinden – sich mit gratis
Menstruationsprodukten zu versorgen.
Das Burgenland ist beim Thema Pflege Vorreiter, es hat als erstes Bundesland den burgenländischen Mindestlohn eingeführt und auch die Spitäler werden von Nord bis Süd ausgebaut. Wann gibt es – Stichwort Frauengesundheit – auch für die Frauen im Burgenland die beste Versorgung?
Seitens des Landes Burgenland haben wir einen unserer großen Schwerpunkte auf das Thema Gesundheit gelegt und haben uns zur Aufgabe gemacht, alles zu unternehmen, um die beste Gesundheitsversorgung in Wohnortnähe und Versorgungssicherheit für alle Burgenländer*innen zu gewährleisten. Mit unseren Feminina – Informationsstellen für Frauengesundheit im Burgenland, die in jedem der 7 burgenländischen Bezirke existieren, tragen wir das Thema Frauengesundheit weiter in die Breite und machen es auch vielen burgenländischen Frauen und Mädchen zugänglich.
Österreich ist im Europavergleich bei den Femiziden besonders schlecht unterwegs. Die Frauenministerin Raab beteuert, dass es genug Gewaltschutzmaßnahmen gibt. Sehen Sie das auch so?
Die aktuelle dramatische Häufung von Femiziden zeigt ganz deutlich, dass Männergewalt in Österreich eine anhaltende Bedrohung für Frauenleben darstellt. Die Maßnahmen der Bundesregierung gehen nicht weit genug. Es fehlen verbindliche Maßnahmen. und ein umfassender Nationaler Aktionsplan gegen Gewalt. Die jüngsten Entwicklungen, aber auch die Beobachtungen der letzten Jahre zeigen, dass Femizide ein strukturelles Problem sind. Die Politik und die gesamte Gesellschaft sind hier gefordert und in der Verantwortung. Seitens der Bundesländer nehmen wir unsere Verantwortung sehr ernst. Deshalb ist es nicht zu verstehen, dass die Bundesländer in vielen Projekten und Abstimmungsgesprächen nicht eingebunden werden. Gerade beim Thema Gewaltschutz ist es wichtig, dass wir alle an einem Strang ziehen.
Frau Eisenkopf, seit etwas mehr als vier Jahren sind sie Landeshauptmann-Stellvertreterin im Burgenland. Wenn man sich die anderen Bundesländer ansieht, so gibt es etwa doppelt so viele Männer wie Frauen in den Ämtern der Landeshauptleute und der Stellvertreter. Hat die Politik einen Männerüberhang?
Wurden vor der Gemeinderatswahl im Oktober 2022 von 171 Gemeinden lediglich 12 Gemeinden von Bürgermeisterinnen geführt, so sind es nun erfreulicherweise 17 Bürgermeisterinnen. Aber auch auf anderen politischen Ebenen ist in den letzten Jahren einiges in Bewegung geraten. So liegt das Burgenland bei den Gemeinderätinnen im Österreichvergleich mit einem guten Viertel an Frauen auf Rang 2. Auch im burgenländischen Landtag hat sich der Anteil der weiblichen Abgeordneten von 8,33 Prozent noch im Jahr 1991 auf 30,56 Prozent bei der Landtagswahl 2020 gesteigert. Dennoch gibt es noch viel Luft nach oben. Mit unseren Schulungsangeboten speziell für Frauen in der Kommunalpolitik wollen wir aber noch mehr Frauen bei ihrer politischen Arbeit unterstützen. Aber auch interessierte Frauen und Mädchen dazu motivieren, sich politisch zu engagieren.
Wie kann man junge Menschen, vor allem Frauen Ihrer Meinung nach für die Politik begeistern?
Wichtig ist es, dass für Frauen aber auch junge Menschen im Allgemeinen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es ermöglichen, sich politisch zu engagieren. Mindestens ebenso wichtig ist es aber auch, dass es entsprechende Vorbilder gibt. Das bestätigt auch eine aktuelle Studie aus dem Jahr 2023 die zeigt, dass die schwache Präsenz von weiblichen Vorbildern in der Politik, junge Frauen davon abhält, sich politisch zu engagieren. Glücklicherweise gehen immer mehr Politikerinnen mit bestem Beispiel voran und sind in dieser Hinsicht auch echte Mutmacherinnen für viele andere Frauen.
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