Der Textilkonzern Palmers und dessen Tochterunternehmen Hygiene Austria stehen im Verdacht der „fortgesetzten Steuerhinterziehung“. Das Unternehmen soll 37 Millionen Stück FFP2-Masken aus China über Deutschland nach Österreich gebracht haben. Der Vorwurf: Palmers soll beim Transport über die Grenze einen Teil des Warenwerts unterschlagen haben – und so Zollgebühren und Steuern von knapp 700.000 Euro hinterzogen haben. Von Mikl-Leitners Vorzeigeprojekt ist also nicht mehr viel übrig geblieben – die niederösterreichische ÖVP-Landeshauptfrau stellte dem Unternehmen nach eigenen Angaben anfangs sogar ein Expert:innenteam zur Seite.
Billige Masken aus China, getarnt als “Made in Austria”, Schwarzarbeit und jetzt auch noch der Verdacht der Steuerhinterziehung. Die Skandale um das niederösterreichische Unternehmen Hygiene Austria reißen nicht ab. Bereits im September 2021 kam es zu mehreren Hausdurchsuchungen auf dem Werksgelände der Hygiene Austria.
Bisher war nicht bekannt, worum es bei den erneuten Razzien ging. Doch jetzt liegt dem STANDARD nach eigenen Angaben ein brisantes Dokument vor, das Einblicke in die Vorwürfe seitens der europäischen Staatsanwaltschaft gibt. Der Vorwurf: Die Hygiene Austria und Palmers sollen Steuern hinterzogen haben.
Die europäische Staatsanwaltschaft ermittel jetzt gegen Palmers und dessen Tochterfirma Hygiene Austria wegen „fortgesetzter Steuerhinterziehung“. Konkret geht es um 37 Millionen FFP-2 Masken, die von China über Deutschland nach Österreich transportiert wurden. Dabei soll das Unternehmen mit gefälschten Rechnungsbelegen die Zollabgaben gedrückt haben, so der Vorwurf der Behörde.
Die chinesischen Rechnungen sollen niedriger gewesen sein als der tatsächliche Warenwert der Masken. Dadurch sollen die Kosten für Zollgebühren und Einfuhrumsatzsteuern gedrückt worden sein. Dadurch hätten Palmers und die Hygiene Austria knapp 700.000 Euro an Steuern hinterzogen, so der Vorwurf der europäischen Staatsanwaltschaft.
Das Unternehmen soll über eine internationale Speditionsfirma 37 Millionen Stück FFP2-Masken aus China gekauft haben, um Engpässe in der eigenen Produktion auszugleichen. Denn durch die Coronapandemie sei die Nachfrage extrem hoch gewesen. Dieselbe Firma soll sich im Namen von Palmers Germany auch um den Weitertransport nach Österreich und die Zollabgaben gekümmert haben.
Die Durchsuchungen im September 2021 waren nicht die ersten beim Textilkonzern Palmers. Bereits ein halbes Jahr zuvor kam es zu Razzien auf dem Werksgelände der Tochterfirma Hygiene Austria in Wiener Neudorf. Der Verdacht: Schwarzarbeit und Ausbeutung der Angestellten.
Im Zuge der Durchsuchung wurde zufällig auch der Schwindel mit den umetikettierte Masken aufgedeckt. Dabei wurden chinesische FFP2-Masken zu “Made in Austria” umetikettiert und dementsprechend teurer weiterverkauft. Im Nachhinein gab das Unternehmen zu, acht Millionen Stück Masken gefälscht und verkauft zu haben.
Sowohl die Hygiene Austria als auch Palmers bestreiten die Vorwürfe der europäischen Staatsanwaltschaft. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Die Causa dürfte auch für Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) immer unangenehmer werden. Im April 2020 rühmte sich Mikl-Leitner noch damit, „die Produktion hochwertiger Schutzmasken im großen Stil nach Niederösterreich“ geholt zu haben. Die Landeshauptfrau stellte Hygiene Austria laut eigenen Angaben sogar „Mitarbeiter im Behördenverfahren“ sowie „ein eigens dafür abgestelltes Expertenteam zur Begleitung der Projektabwicklung“ zur Verfügung.
Von Mikl-Leitners Vorzeigeprojekt ist nicht mehr viel übrig geblieben.
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