Die Möbelkette Kika/Leiner ist pleite. Schon wieder, denn das Sanierungsverfahren ist gescheitert. Bereits 2023 musste das Unternehmen Insolvenz anmelden und trennte sich von 1.500 Angestellten. Nun stehen weitere 1.350 Arbeitsplätze auf dem Spiel, wie Kontrast.at berichtet. Nach der Signa-Insolvenz von René Benko handelt es sich um die bedeutendste Unternehmenspleite der letzten Jahre in Österreich. Währenddessen bleiben die finanziellen Folgen bei den Steuerzahlern und der ehemalige Eigentümer René Benko führt dank seiner Stiftungsstrukturen weiterhin ein Luxus-Leben in seiner Villa in Igls.
Dieser Artikel entstand in einer Kooperation mit Kontrast.at.
Doch wie kam es so weit? Im Juni 2018 hat René Benko mit seiner Immobilien-Holding Signa den kriselnden Möbelhändler vom südafrikanischen Konzern Steinhoff übernommen. Benko hatte seit Jahren geplant, in den österreichischen Möbelmarkt einzusteigen.
Als Kika-Leiner 2017 in die Krise schlittert, wittert der Milliardär seine Chance und übernimmt zunächst den großen Leiner-Flagshipstore auf der Mariahilfer Straße – um 60 Millionen Euro. Dass es höhere Angebote gegeben hatte, erfuhr die Öffentlichkeit erst sp-äter. Ende Juni 2018 übernimmt Benkos Signa schließlich alle 68 Filialen der Kika-Leiner-Kette.
Für alle Immobilien legte die Signa rund 430 Millionen Euro auf den Tisch und verpflichtete sich, 100 Millionen Euro Sanierungsbetrag zu zahlen. Sowohl beim Kauf des Leiner-Hauses auf der Mariahilfer Straße als auch bei der Übernahme der gesamten Möbelhaus-Kette hatte Benko einen wichtigen Unterstützer: der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz soll in beiden Fällen engen Kontakt zu Benko gehabt haben und sich für den Einstieg des Milliardärs in den österreichischen Möbelmarkt eingesetzt haben. “Serviceorientierte Verwaltung” nannte es später ein Kanzlersprecher. Benko zählt zum Umfeld von Kurz und hat diesen auch in Wirtschaftsfragen beraten. Mehr dazu, wie die Kika-Leiner-Pleite, ÖVP-Chats und Benkos Immo-Deals zusammenhängen gibt es hier.
„Während die Profite des Unternehmens gesichert wurden, müssen viele unserer Leute jetzt schlaflose Nächte leiden, weil mit ihren Existenzen brutal gespielt wird”, sagt dazu SPÖ-Chef Andreas Babler.
Der Deal 2018 – so hieß es damals – „sichere den Erhalt von etwa 5.000 Arbeitsplätzen im Land“. Nicht einmal zwei Monate später wurde bekannt, dass der neue Eigentümer jeden 5. Mitarbeiter kündigen will. Zusätzlich wurde das Osteuropa-Geschäft abgestoßen – die Signa bekam dafür 200 Millionen Euro.
Das Unternehmen Kika-Leiner wurde aufgesplittet: Auf der einen Seite sind da die Immobilien, die im Wert gesichert sind – und die Benko später auch teuer verkaufen wird. Auf der anderen Seite das operative Möbelgeschäft, das Verluste macht – aber gleichzeitig hohe Mietzahlungen für die eigenen Gebäude leistet.
René Benko ging und geht es nur um Immobilien. Nicht um die Geschäfte in den Häusern, nicht um die Mitarbeiter:innen. Er kauft und verkauft lukrative Hüllen, macht damit Profite. Den Rest lässt er fallen und der Staat soll es richten.
Beim Verkauf der Kika-Leiner-Immobilien sollen weitere 200 Millionen Euro an die Signa geflossen sein. Bei der Möbelkette wuchs hingegen der Schuldenberg auf 132 Millionen Euro an.
In Summe war es für Benko und seine Holding ein lukratives Geschäft. Für die Beschäftigten führt es jetzt zur Katastrophe.
Im Jahr 2023 verkaufte Benko die Kika-Leiner-Kette dann vollständig: Die Immobilien gingen an die „Supernova“-Gruppe des deutschen Unternehmers Frank Albert. 2017 hat Frank Albert über seine Firma „BM 454 GRA GmbH“ 40.000 Euro für den Wahlkampf von Sebastian Kurz (ÖVP) gespendet, weitere 20.000 Euro über die „Supernova Baumärkte“.
Das operative Geschäft und die Möbelkette gingen an eine Gesellschaft rund um Hermann Wieser, Ex-Geschäftsführer von Kika/Leiner. Doch das damals eingeleitete Sanierungsverfahren ist ein Jahr später gescheitert. Im November 2024 meldete das Unternehmen erneut Insolvenz an. Die angehäuften Schulden belaufen sich auf 139 Millionen Euro.
In den Filialen der von Kündigung betroffenen Beschäftigten finden in diesen Tagen Betriebsversammlungen statt. Dort wird über Ansprüche informiert. Das Problem: die Mitarbeiter:innen bekommen durch die Insolvenz weniger Geld. „Die Insolvenz bedeutet, dass wir keinen Sozialplan verhandeln können“, erklärt Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA.
Die Gewerkschaft warnt die Beschäftigten eindringlich davor, bestehende Arbeitsverträge vorschnell zu beenden: „Einvernehmliche Auflösungen des Dienstverhältnisses können oft stark nachteilige Wirkungen für Beschäftigte haben. Ich appelliere daher an alle Betroffenen: Lassen Sie sich bei Ihrer Gewerkschaft beraten, bevor Sie irgendetwas unterschreiben!“, heißt es von der GPA.
René Benko ist zwar nach der Signa-Pleite – die größte Pleite in der Geschichte Österreichs – selbst insolvent und eigentlich auf das Existenzminimum gepfändet, lebt aber weiterhin ein luxuriöses Leben. So wohnt er etwa mit seiner Familie in einer Villa in Igls, die Benko vor ein paar Jahren bauen ließ. Monatliche Kosten: 238.000 Euro. Die Miete zahlt laut Standard seine Mutter, die 60-Millionen-Euro-Villa gehört über eine Gesellschaft der Laura Privatstiftung, ebenso wie die Luxus-Autos. René Benko gründete die Stiftung zwar selbst mit seiner Mutter, begünstigt selbst ist er aber nicht, sondern seine Mutter, seine Frau und seine Kinder. Auch von einer weiteren Stiftung mit Immobilienwerten in Höhe von mehreren Millionen Euro profitiert René Benko: Die Hauptstifterin der Ingbe-Stiftung in Liechtenstein ist wieder René Benkos Mutter, Begünstigte seine Frau und seine Kinder. 2023 ging kurz vor der Signa-Insolvenz eine Gardasee-Villa noch schnell von der Signa an diese Stiftung über.
Bereits mitten im Insolvenzverfahren der Signa machte René Benko vergangenes Jahr Schlagzeilen, weil er mit dem Privatjet einen Shopping-Trip nach Spanien machte. Wenige Monate später wurde bekannt, dass die Österreicher:innen Benkos Privatjet mit ihrem Steuergeld mitfinanzierten haben. Möglich war das einmal mehr durch die verschachtelte SIGNA Firmenkonstruktion.
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