Während sich die Situation am Arbeitsmarkt langsam wieder erholt, bleiben altbekannte Probleme bestehen: In einigen Berufen fehlen Arbeitskräfte, aber gleichzeitig steigt die Anzahl an Langzeitarbeitslosen. Drei einfache Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit könnten diese Probleme lösen.
Schnell erklärt
Die Kolumne des Marie Jahoda – Otto Bauer Instituts
Autorin: Nora Waldhör
Ohne Zweifel löste die Coronakrise auch eine Krise auf dem Arbeitsmarkt aus. Doch nicht alle Probleme wurden durch die Pandemie verursacht: Ein Fachkräftemangel in gewissen Berufen, etwa in Pflegeberufen oder der Gastronomie, war schon Jahre vor der Coronakrise erkennbar.
Eine Analyse des „Momentum Instituts“ untersuchte Stelleninserate aus Branchen, die von einem Arbeitskräftemangel betroffen sind. Gesucht wurden u.a. Bäckerinnen, Friseure, Köchinnen oder Backshop-Verkäufer. Die Berufe haben gemeinsam, dass sie wenig attraktive Arbeitszeiten mit niedrigem Lohn kombinieren. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die vergeblich Personal suchen, sollten demnach dringend über Entlohnung und Arbeitszeiten nachdenken, so die Empfehlung des Forschungsinstituts.
Ähnliches gilt für sogenannte Zukunftsberufe wie in der Pflege oder beim Gesundheitspersonal: Dort wird nicht erst seit der Coronakrise über zu wenig Personal, lange Arbeitszeiten und mangelnde Anerkennung geklagt.
Eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung erhöht die Attraktivität von Berufen, das zeigen viele Studien über die Wünsche von jungen Fachkräften. Das Unternehmen „eMAGNETIX“ aus Bad Leonfelden hat seinen Erfolg darauf aufgebaut: Die Onlinemarketing-Agentur fand vor wenigen Jahren kaum neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und führte deshalb 2018 eine 30 Stundenwoche bei vollem Gehalt ein.
Seither ist das Unternehmen gewachsen und die Beschäftigten sind – wie eine interne Umfrage zeigt – zufriedener: Rund 80 Prozent geben an, dass sie sich gesünder fühlen. Zwei Drittel empfinden trotz gesunkener Stundenanzahl bei gleichen Aufgabenbereichen weniger Arbeitsbelastung.
Übrigens: Die IT-Branche zählt auch zu jenen Branchen, die seit langem von einem Fachkräftemangel betroffen ist. Kein Wunder also, dass gerade dort erste konkrete Alternativen angegangen werden.
Eine kürzere Arbeitszeit erhöht die Attraktivität von Berufen, die von einem Mangel betroffen sind und trägt außerdem dazu bei, dass Arbeit gerechter in unserer Gesellschaft verteilt wird.
Ein anderes Problem, das durch die Coronakrise verstärkt, aber nicht verursacht wurde, ist die Langzeitarbeitslosigkeit. Als langzeitarbeitslos gilt, wer mehr als ein Jahr beim AMS gemeldet ist. Unterbrechungen bis zu 28 Tagen (etwa durch kurze Beschäftigungsperioden) werden dabei nicht mitgezählt.
Langzeitarbeitslosigkeit hat für Betroffene besonders drastische Folgen. Längere Perioden ohne Beschäftigung erhöhen das Armutsrisiko und wirken sich in vielen Fällen auch negativ auf den Gesundheitszustand aus. Das zeigten bereits Marie Jahoda und ihr Forschungsteam um 1930 in der Studie „Die Arbeitslosen von Marienthal“. Gleichzeitig sind es aber Faktoren wie soziale Ausschluss und (chronische) Krankheiten, die den Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt erschweren. Zusätzlich wirkt auch die Dauer der Arbeitslosigkeit erschwerend.
In anderen Worten: Je länger man arbeitslos ist, desto schwieriger wird es, wieder einen Job zu finden.
Langzeitarbeitslosigkeit kostet dem Staat viel Geld (Arbeitslosengeld, Ausfall von Steuereinnahmen, usw.). Eine Gemeinde im Bezirk Bruck an der Leitha in Niederösterreich zeigt, wie es anders geht: In Gramatneusiedel gibt es derzeit keinen einzigen langzeitarbeitslosen Menschen mehr.
Grund dafür ist das Pilotprojekt „MAGMA“ des AMS Niederösterreich, das allen langzeitarbeitslosen Menschen in der Gemeinde einen Job garantiert. Durch gut vorbereitete Einstiegskurse werden persönliche Potenziale und Kompetenzen erhoben, um bisherige Hürden eines beruflichen Wiedereinstiegs abzubauen. Wenn für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Projekts kein passender Arbeitsplatz in einem Unternehmen verfügbar ist, wird einfach ein neuer Job im gemeinnützigen Bereich geschaffen.
Durch das Projekt entstehen keine neuen Kosten. Denn statt die Arbeitslosigkeit mit Sozialleistungen zu finanzieren, finanziert „MAGMA“ Arbeit und neue Jobs.
Das Projekt wird wissenschaftliche von den Universitäten Wien und Oxford begleitet und läuft noch bis 2023. Erste Ergebnisse bestätigen den Erfolg: Keine Langzeitarbeitslosigkeit in Gramatneusiedel und Teilnehmerinnen und Teilnehmer, denen der Sprung in den regulären Arbeitsmarkt bereits nach einem Jahr wieder gelungen ist.
Die Jobgarantie stärkt nicht nur langzeitarbeitslose Menschen, sie stärkt auch allgemein die Position der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, da dadurch ein Gegenpol zum regulären Arbeitsmarkt mit seinen häufig prekären Arbeitsbedingungen geschaffen wird.
Um den Arbeitsmarkt langfristig und nachhaltig wieder ins Gleichgewicht zu bringen, braucht es innovative Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit. Bessere Arbeitsbedingungen, kürzere Arbeitszeiten und eine Jobgarantie sind nachhaltige und längst notwendige Lösungen.
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