Volle Hallen, jubelnde Fans, guter Sound: Musik zu machen ist der Traum vieler junger Menschen in Österreich. Mit der eigenen Musik Geld verdienen ist aber leichter gesagt als getan. Die Aufnahme und Bewerbung eines Albums kostet rund 30.000 Euro, bei Live-Auftritten bleibt nach Abgaben und Steuern wenig von der Gage übrig. Ein Leitfaden zum Musikmachen.
Die Halle ist voll, das Licht verdunkelt sich, epische Klänge strömen aus den Boxen und erste Fans beginnen zu jubeln. Spätestens beim ersten Schritt auf die Bühne spürt man Gänsehaut und blickt auf ein wunderschönes Menschenmeer. Das Konzert beginnt: Ein Moment auf den Musiker viele Jahre hinarbeiten. Es gibt keine Anleitung dafür berühmt zu werden und mit Musik Geld zu verdienen, aber es gibt sehr wohl bestimmte Voraussetzungen, um die Chancen dafür zu erhöhen. Diese Startvorteile sind in Österreich jedoch äußerst ungleich verteilt.
Um als Musiker erfolgreich Fans begeistern zu können, benötigt es zunächst den “richtigen” Sound. Dabei ist noch nicht die inhaltliche Qualität des Songs selbst gemeint, sondern seine professionelle Aufnahme. Gerade im Streaming-Zeitalter mit Spotify und Co wird dem Sound selbst höchste Relevanz beigemessen. Und obwohl Playlists, Algorithmen und zunehmend individualisierter Musikgeschmack die Bedeutung von Singles wesentliche erhöhen, sind nach wie vor Alben zentraler Bestandteil erfolgreicher Musikkarrieren.
Dies bloße Produktion eines Albums mit 12 Titeln kostet im Newcomer-Segment rund 10.000€. Dies umfasst Kosten für Studiomiete, Aufnahme, Mixing und Mastering. Damit ein Album auch Gehör findet, reicht es aber noch lange nicht aus, lediglich den einen großen Hit im Repertoire zu haben. Dieser muss vielmehr erst erkauft werden.
Allein auf Spotify werden jeden Tag 40.000 Lieder hochgeladen, doch nur wenige gewinnen die Chartslotterie. Wer sich im Lotto höhere Gewinnchancen sichern möchte, kauft sich mehr Lose – ähnliches gilt in der Musikbranche. Nur durch hohe Investitionen in PR und Marketing sind Erfolge absehbar. So überweisen viele junge Acts monatlich Beträge in der Höhe von 1.500€ oder mehr an internationale Agenturen, um ihre Chance zu erhöhen. Gleichzeitig kämpfen sie mit größeren Playern, die für ein Album pro Region 500.000€ oder mehr investieren. Zusätzlich spielt auch die Marktgröße eine wichtige Rolle: Österreich ist im Vergleich zu Deutschland schlichtweg zu klein, um als Musiker allein erfolgreich zu sein.
Die meisten Musiker träumen davon, von der Musik leben zu können. In Anbetracht der Mindestausgaben (rund 30.000€ pro Album inkl. Marketing, PR, Videos) erscheint es schwierig, mit Musik genug Geld zu verdienen. Denn auch einnahmenseitig sieht die Musikwelt für Einsteiger nicht sonderlich lukrativ aus. Beispielsweise verdient man pro Spotify-Stream 0,05 – 0,2 Cent – bei 100.000 Streams sind das ernüchternde 100€. Verstärkt wird dies zudem durch die Ungleichverteilung der Auszahlungen auf Spotify: 1,4% der Künstler bekommen 90% der Einnahmen.
Haupteinnahmequelle sind somit gerade für Newcomer die Live-Konzerte. Neben Tantiemen und Verkäufen machen diese 80% des Umsatzes aus. Möchte beispielsweise ein 4-köpfige Band von der Musik leben, muss sie im Monat einen Netto-Gewinn von vier mal 1.600€ oder ein mal 6.400€ machen, um den durchschnittlichen Monatslohn in Österreich zu erreichen. Musiker sind in den meisten Fällen selbständig, weswegen rund 50% für Abgaben wie Steuern und Sozialversicherung von ihrem Einkommen abgezogen werden. Um somit tatsächlich 1.600€ pro Kopf zu bekommen, müsste eine Band bestehend aus vier Personen letztendlich einen Gewinn von 3.200€ pro Person und Monat oder insgesamt 153.600€ als Band im Jahr erreichen. Dann könnte sie von der Musik so leben, wie der durchschnittliche Österreicher.
Live-Konzerte sind somit nicht nur schöne Erlebnisse für Menschen auf und vor der Bühne, sondern helfen jungen Musikern eine Existenz aufzubauen. Geht nun eine vierköpfige Band auf Österreich-Tournee und bespielt pro Bundesland einen Club mit durchschnittlich 300 Besuchern zu einem Ticketpreis von 20€, macht das insgesamt Einnahmen in der Höhe von 54.000€ bei einer Album-Tour. Davon abzuziehen sind pro Show mindestens:
Bleiben 2.850€ pro Show bzw. 25.650€ für die gesamte Tour. Ohne etwaige Steuern und Abgaben abzuziehen, ergibt das 535€ Monatslohn pro Kopf. Im Idealfall kann man im Albumjahr noch mit Auftritten bei Festivals rechnen, die aber tendenziell schlechter bezahlt und in Österreich ohnehin rar sind.
Aus diesem Grund wagen viele Musiker den Schritt zum deutschen Nachbarn. Bands wie Bilderbuch oder Wanda wurden zunächst in Deutschland groß gefeiert, bevor sie bei uns die großen Hallen füllten. Dies ist allen voran auf die Marktgröße Deutschlands zurückzuführen – mehr Auftrittsmöglichkeiten, mehr Konsumenten, eine größere Industrie. Doch auch im Live Business gilt: wer wagt, gewinnt. Eine Tour ist für Newcomer nur dann erfolgreich, wenn sie von einer umfangreichen PR & Marketing Kampagne begleitet wird. Ohne Airplays in Radios, Berichten in Zeitungen & Blogs, Plakatwellen in Städten und Werbung auf Social Media wird es schwer, die Clubs zu füllen und Mit Musik genug Geld zu verdienen. Gerade im Aufbau ist man so von externen Geldgebern abhängig – oder man kommt aus einem wohlhabenden Haushalt.
“Sag mir, woher du kommst und ich sag dir, wohin du gehst” trifft auch auf Musikerkarrieren zu. Nicht jeder ist mit der Gitarre in der Hand auf die Welt gekommen und selbst bei größtem Talent ist das Erlernen der richtigen Technik unumgänglich. Musikschule, Proberaum, Instrumente, Studio oder Transportkosten sind nicht für jeden Haushalt leistbar. Anders gesagt: Erst ab einem gewissen Haushaltseinkommen kann man es sich problemlos leisten, mehrere Tausend Euro pro Jahr für die Musiklotterie auszugeben. Je mehr man sich leistet, desto eher gewinnt man.
Wie wenig Musiker in Österreich verdienen, zeigt auch eine Studie des Kulturministeriums aus 2018. Mehr als die Hälfte der heimischen Musiker verdient weniger als 5.000€ pro Jahr. Lediglich die top 6% verdienen mehr als 30.000€ pro Jahr und befinden sich somit einigermaßen im österreichischen Mittel.
Die prekären Verhältnisse führen entweder zu eingeschränkten Lebensrealitäten (da heißt es dann Drosseln der Heizung, Verkauf von privaten Wertgegenständen, Verzicht auf Urlaub) oder zum Anzapfen finanzieller Geldhähne im eigenen sozialen Netzwerk. Gerade letzteres ist nicht für alle möglich.
Wenn vorwiegend Kinder aus wohlhabenden Haushalten in Österreich erfolgreich Musik machen können, ist das eine kulturelle Verzerrung. Kultur ist immer auch Spiegel einer Gesellschaft. Wenn nur wohlhabende junge Menschen Zugang zum Musikmachen haben, spiegelt das die Gesellschaft nicht wider. Talent und Vielfalt bleiben auf der Strecke.
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