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Spendenlieferungen & medizinische Hilfe: Sieben Krankenpfleger:innen aus Mitterndorf helfen direkt in der Ukraine

Seit Ausbruch des Krieges helfen die „Nurses for Solidarity“ Christina Limberger und Dominic Rychnovsky in ihrer Freizeit Menschen in der Ukraine – und zwar direkt vor Ort. Die beiden Krankenpfleger:innen aus Mitterndorf an der Fischa bringen nicht nur wichtige Medikamente ins Krisengebiet, sondern packen gemeinsam mit engagierten Kolleg:innen in der medizinischen Erstversorgung mit an. Schon dreimal waren sie in den letzten Wochen in Uschhorod (Westukraine).

„Selbst wenn der Krieg morgen vorbei wäre, bräuchte die Ukraine noch jahrelang unsere Unterstützung!“ Das ist das Fazit von den „Nurses for Solidarity“-Gründern Christina Limberger und Dominic Rychnovsky als sie am Ostersonntag zum 3. Mal von einer Hilfslieferung aus Uschhorod, im Westen der Ukraine zurück nach Österreich kommen. Die beiden gelernten Diplomkrankenpfleger:innen erzählen, dass sie bei gemeinsamen Nachtdiensten im Spital beinahe durchgehend Nachrichten über die Ukraine angesehen haben.

Nach zwei extrem kräftezehrenden Arbeitsjahren auf der Covid-Intensivstation war für sie dennoch klar, dass sie bei dieser Krise nun erneut nicht wegschauen möchten. „Ich wollte nicht tatenlos zusehen und möglichst rasch an die Grenze zur Ukraine fahren, um die Leute vor Ort medizinisch zu betreuen.“ Das erzählt Dominic als wir ihn kurz nach dem 3. Hilfseinsatz telefonisch erreichen.

Also hieß es weg vom Fernseher: Ohne lange zu überlegen, gründen die beiden den Verein „Nurses for Solidarity“ – also Krankenpfleger:innen für Solidarität – und sammeln gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen von der Klinik Favoriten und vom Franziskusspital Sach- und Geldspenden für die Menschen in der Ukraine. Auf Videoreportagen, die sie auf der Social-Media-Plattform Instagram veröffentlichen, zeigen sie ihre Reise von Österreich bis an die ukrainische Grenze. Damit nehmen sie auch die unzähligen Spenderinnen und Spender ins Kriegsgebiet mit und ermöglichen Einblicke, die für uns Österreicher:innen unvorstellbar bleiben werden.

Solidarität, Sach- und Medikamentenspenden

Mittig sieht man Dominic Rychnovsky und rechts mit Haube Christina Limberger. Gemeinsam mit vielen Helfer:innen in der Ukraine sortieren sie die Spendenlieferungen. Bild: Silvio Weber

Nicht nur der Verein „Nurses for Solidarity“ und deren Heimatgemeinde Mitterndorf an der Fischa, sondern auch viele anderen Gemeinden und Organisationen haben nach dem Kriegsausbruch schnelle Hilfe organisiert. Die Solidaritätswelle war enorm: Kleidung, Essensspenden, Decken oder auch gut erhaltene Haushaltsgeräte wurden von der österreichischen Bevölkerung für die Menschen in der Ukraine zusammengesucht. Jetzt braucht man aber vor allem medizinische Artikel.

Christina, Dominic und die weiteren Vereinsmitglieder haben ihr Wissen und ihr Netzwerk aus dem Medizinbereich genutzt. Sie haben geschaut, dass vor allem medizinische Hilfsgüter und nicht nur Kleiderspenden in der Ukraine ankommen. Sie haben EKG-Geräte und Lungenfunktionsmaschinen, Minilabors und Medikamente organisiert. Allesamt Spenden von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten.

Rechts im Bild sortiert „Nurses for Solidarity“-Mitglied Melanie Stevanovic gemeinsam mit dem Chefarzt der Kinderheilkunde von Uschhorod die gelieferten Medikamente.

Auch die noch verwendbaren Restbestände von Apotheken hat der Verein gesammelt und mit Fahrzeugen von der Gewerkschaft #younion und von „ihrem“ Krankenhaus der Klinik Favoriten ins Kriegsgebiet geliefert. Vor Ort haben sie gemeinsam mit den weiteren Vereinsmitgliedern alles vorsortiert und viele Medizinprodukte auch direkt in die akut betroffenen Kriegsgebiete weiterverschickt.

Viele Ukrainer:innen sind in ihrer Heimat geblieben

In der Ukraine lernen sie „über 10 Ecken“ Lesja Levko kennen. Sie wird zur Projektkoordinatorin der „Nurses“ und behält vor Ort die Hilfslieferungen im Auge. Sie sagt, was in der Westukraine gebraucht wird und was man ins Landesinnere weiterschicken kann. Christina, Dominic und die anderen „Nurses for Solidarity“ können während ihrer bis zu viertägigen Hilfseinsätze bei Lesjas Familie wohnen. Sie ist Ukrainerin und gemeinsam mit ihrem Mann und den zwei Kindern im Kriegsgebiet geblieben. Dort haben sie sich ein schönes, mit österreichischen Verhältnissen vergleichbares Haus aufgebaut. Sie sind stolz auf ihr Leben in der Ukraine und auf das, was das Land in den vergangen Jahren erreicht hat. Obwohl viele Menschen geflohen sind, will Lesja bei ihrer Familie bleiben.

Lesja Levko, die Projektkoordinatorin von „Nurses for Solidarity“ behält direkt vor Ort die Spendenlieferungen fest im Blick.

Tagsüber, so erzählen uns Dominic und Christina, hat Lesja eine starke Ausstrahlung, ihr Gesicht ist ernst und ihre Arbeit führt sie präzise und sorgfältig aus. Doch abends, wenn sie gemeinsam bei Lesja im Haus sitzen und am Esstisch ins Reden kommen, kann sie ihre Emotionen oft nicht mehr halten. Irgendwann bricht es aus ihr heraus:

„Wir haben kein Corona, wir haben Krieg“

Die ständigen Fliegeralarme sind nervenaufreibend, die Lage in der zerstörten und fremd gewordenen Heimat an manchen Tagen aussichtslos. Hier herrscht Kriegt. Lesja versteht jede Person, die aus ihrer Heimat geflüchtet ist und nicht „an der Front“ bleiben will. Doch sie denkt nicht ans Fortgehen. Die privaten Einblicke, die Dominic und Christina von Lesjas Familie bekommen, vergessen sie bestimmt nicht mehr.

„Blutstillende Verbände verschicken wir direkt ins Kriegsgebiet weiter“

Anfangs wurden die „Nurses for Solidarity“ vor allem mit Sachspenden eingedeckt und der erste Transport in die Ukraine kostete den Organisator:innen rund 2000 Euro inklusive Transport-Auto und Sprit. Gemeinsam mit Lesja wurden nach und nach Listen mit den am dringendsten gebrauchten Dingen erstellt: Wundverbände, Medizinische Geräte, vor allem Medikamente, die auch vor möglichen Chemieangriffen schützen sollen. Deswegen haben sie bei weiteren Lieferungen mehr als dreimal so viel, nämlich 7000 Euro, aufbringen müssen.

Während ihrer Zeit in der Ukraine wickeln Christina, Dominic und Lesja die Verteilung der Hilfstransporte sowie medizinische Hilfe ab. Viele Medikamente müssen beispielsweise erst vorsortiert werden. Die deutschen Wirkstoffnamen auf den Verpackungen sind nämlich nicht ident mit den englischen oder ukrainischen. Blutdruckmedikamente, Blutverdünner, Cholesterinsenker, Blutstillende Verbände – die Helfer:innen sortieren die Medikamente für den Transport in andere Gebiete der Ukraine vor.

Wohin kann man spenden?

Bei einem Charity-Event in Wien haben die „Nurses for Solidarity“ Spenden für wichtige Medikamentenlieferungen gesammelt.          Bild: Iwona Chilvadas

Ob sie wieder in die Ukraine fahren wollen? „Das war bestimmt nicht unser letzter Einsatz“, sind sich die „Nurses for Solidarity“ sicher. Die sieben Krankenpfleger:innen, die man bestimmt als Held:innen bezeichnen kann, machen sich trotzdem große Sorgen für die kommende Zeit. „Genau so schnell wie die Solidaritätswelle da war, flacht sie aktuell auch wieder ab. Die Herausforderung für uns ist, sich finanziell so weit über Wasser zu halten, damit wir mit dem Geld weiterhin wichtige Medikamente, Nahrungsmittel und medizinische Geräte ankaufen und in die Ukraine liefern können,“ erzählt Christina Limberger.


Weitere Informationen zu den Projekten und Charity-Events des Vereins erhält man auf deren Website oder über ihren Instagram-Kanal.

Spenden kann man direkt auf das Spendenkonto der „Nurses for Solidarity“ überweisen: AT70 2020 5010 0007 1538, SPBAT21XXX

Romana Greiner

Romana recherchiert am liebsten über die großen Ungerechtigkeiten unserer Gesellschaft: Warum bekommt eine Mitarbeiterin 200 Mal weniger Gehalt als der Konzernchef? Wieso sind die Volksschullehrerin oder der Briefträger immer noch so schlecht entlohnt? Als Chefredakteurin leitet sie seit 2023 die NeueZeit und ihr engagiertes Team. Um vom Redaktionsalltag den Kopf frei zu bekommen, ist sie gern in der Natur sporteln oder auf Konzerten.

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