Der ÖVP-Seniorenbund hat knapp 2 Millionen Euro aus dem Corona-Förderfonds für “gemeinnützige Vereine” kassiert. Parteiorganisationen sind davon aber gesetzlich ausgeschlossen. In einem offenen Brief fordern nun SPÖ, Grüne und NEOS Landeshauptmann Thomas Stelzer auf, den Vorfall aufzuklären und die sofortige Rückzahlung der Fördergelder zu veranlassen. Im Brief heißt es weiter: Die ÖVP verspiele ansonsten das Vertrauen der Menschen in die Politik!
Die Inseratenaffäre um Landeshauptmann Wallner (ÖVP) in Vorallberg. 150.000 Euro zu viel Gehalt für den Ex-ÖVP-Bürgermeister in Schärding – bezahlt mit Steuergeldern. Und jetzt: Zwei Millionen Euro Fördergeld aus dem Fond für “gemeinnützige Organisationen” an den türkisen Seniorenbund in Oberösterreich. Die ÖVP-Landesregierungen stehen der ÖVP-Bundesregierung in nichts nach – zumindest was Skandale angeht.
Offener Brief an Landeshauptmann Stelzer: SPÖ, Grüne und NEOS fordern Rückzahlung und Aufklärung
Nun fordern die Oppositionsparteien in OÖ Landeshauptmann Stelzer (ÖVP) auf, zu einer Politik des “Vertrauens und der Transparenz” zurückzukehren. In einem offenen Brief verlangen SPÖ, Grüne und NEOS die vollständige Rückzahlung der zwei Millionen Euro an Steuergeldern, die der türkise Seniorenbund vermeintlich unrechtsmäßig einkassiert hat. Es liege jetzt an Landeshauptmann Stelzer, die Vorfälle rund um den Missbrauch der Steuergelder aufzuklären, heißt es in dem Brief.
„Nicht nur der Umgang mit den Steuergeldern, sondern auch das zu Recht wachsende Misstrauen der Bevölkerung in die Politik macht mir Sorgen”, sagt Michael Lindner, SPÖ-Landeschef.
Die unzähligen ÖVP-Skandale verursachen eine Politikverdrossenheit in der Bevölkerung, die nicht wieder gutzumachen ist. Je schneller die Aufklärung, desto geringer der ohnehin schon große Schade für die Politik – so die Oppositionsparteien in ihrem Brief.
ÖVP-Seniorenbund kassiert 2 Millionen aus “Corona-Förderungen”
Durch eine parlamentarische Anfrage der NEOS flog der ÖVP-Schwindel Ende Mai auf. Die Anfrage sollte klären, wie die Fördergelder des „Non Profit Organisationen-Unterstützungsfonds“ verteilt wurden. Der Fond sollte gemeinnützige Vereinen, Kultur- und Sozialeinrichtungen während Corona unterstützen und schloss Parteiorganisationen ausdrücklich aus. Dennoch erhielt der oberösterreichische ÖVP-Seniorenbund zwischen 2020 und 2022 knapp zwei Millionen Euro Steuergelder aus dem Topf.
Das verantwortliche Ministerium von Vizekanzler Kogler hat nun eine Überprüfung beauftragt. Wenn der ÖVP-Seniorenbund tatsächlich unrechtmäßig Gelder aus dem Fonds erhalten hat, dann drohen ihm strafrechtliche Konsequenzen und ein Ausschluss von allen Förderungen des Bundes.
An die:
ÖVP Oberösterreich
z.H. Landesparteiobmann LH Thomas Stelzer
Linz, im Mai 2022
Sehr geehrter Herr Landesparteiobmann der ÖVP, Landeshauptmann Thomas Stelzer!
Es ist durchaus unüblich, dass sich Parteispitzen zu den Vorgängen in anderen Parteien zu Wort melden. Die aktu- elle Situation macht das aber nötig: Es steht im Raum, dass ein Teil Ihrer Partei, allen voran der oö. Seniorenbund, Millionen Euro an Steuergeld in Form von Förderungen aus dem NPO-Fonds bezogen hat. Geld, das dezidiert nicht für Organisationen gedacht ist, hinter denen eine millionenfach geförderte Parteistruktur steht, sondern für gemeinnützige Organisationen und Vereine, wie Sozial-, Sport- und Kulturvereine, freiwillige Feuerwehren sowie anerkannte Glaubensgemeinschaften, die hart von der Covid-Krise getroffen wurden.
Diese Vorgehensweise seitens Ihrer Partei schürt die grassierende Politikverdrossenheit. Es mindert das ohnehin angeschlagene Vertrauen in unser demokratisches, politisches System und bringt das Parteiwesen einmal mehr in Misskredit. Es verfestigt sich ein Bild, in dem Politiker:innen Regeln biegen, um sich Vorteile zu verschaffen. Es droht die Gefahr, dass viele Menschen dieses Bild als generellen Maßstab für die Politik sehen.
Das bereitet uns große Sorge. Denn so sind wir nicht, so ist die Politik nicht. Wir Politker:innen haben Verantwor- tung zu tragen und Vorbild zu sein. Wir haben Politik zu verkörpern, die Menschen zur Beteiligung einlädt und nicht abschreckt. Die Vertrauen schafft und nicht Misstrauen sät. Herr Landeshauptmann, schlagen auch Sie den Weg zu diesem Politikverständnis ein. Als Parteiobmann haben Sie es in der Hand, nicht nur für Aufklärung und Transparenz zu sorgen, sondern auch die Rückzahlungen dieser Förderungen umgehend in die Wege zu leiten, um der Politik ein großes Stück Vertrauen zurückgeben.
Mit freundlichen Grüßen,
Michael Lindner
gf. Vorsitzender der SPÖ Oberösterreich
Severin Mayr
stv. Landessprecher Grüne Oberösterreich
Felix Eypeltauer
Landessprecher NEOS Oberösterreich