Eine Milliarde mehr für Patientinnen und Patienten haben ÖVP und FPÖ durch ihre Krankenkassen-Reform 2018 versprochen. Daraus wird nichts, berechnet jetzt der Rechnungshof in einem Rohbericht: Die Verwaltung der Sozialversicherungen ist heute um keinen einzigen Cent günstiger, sondern kostet sogar um 215 Millionen Euro mehr als zuvor. Nur ein Ziel hat die ÖVP-FPÖ-Reform erreicht: Die Beschäftigten haben ihre Mehrheit in den Entscheidungsgremien der Krankenkassen verloren.
2018 haben ÖVP und FPÖ eine Reform der Krankenkassen beschlossen, mit der die 21 verschiedenen Kassen zu nur mehr fünf fusioniert wurden. Kern der Reform war die Zusammenlegung der neun Gebietskrankenkassen in den Bundesländern zu nunmehr einer bundesweiten ÖGK, der Österreichischen Gesundheitskasse. Durch die Zusammenlegung sollte eine Milliarde Euro an Verwaltungskosten eingespart werden, die dann den Patientinnen und Patienten zugutekommt – so das Versprechen von ÖVP und FPÖ.
Vier Jahre nach dem Beschluss der Krankenkassen-Reform ist jetzt aber amtlich: Die „Patienten-Milliarde“ gibt es nicht. Die Zusammenlegung der Kassen hat keinen einzigen Cent eingespart. Stattdessen müssen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sogar 215 Millionen Euro mehr für die neue Krankenkassen-Struktur zahlen. Das hat der Rechnungshof in seinem 157-Seiten starken Rohrbericht zur türkis-blauen Reform errechnet, über den das Nachrichtenmagazin „Profil“ berichtet.
Die Kosten sollten unter anderem durch einen Rückgang beim Verwaltungspersonal sinken. Tatsächlich ist aber das Gegenteil passiert: Der Personalstand in den Krankenkassen ist von 16.087 (2018) auf 16.189 (2020) sogar leicht angestiegen.
Die größten Synergie-Effekte erhofften sich ÖVP und FPÖ von der gemeinsamen Nutzung der IT. Aber auch dieses Vorhaben ging nach hinten los. Die Kosten für Server, Netzwerk und Co stiegen von 2018 auf 2020 um 21 Prozent an.
Neben Einsparungen von einer Milliarde Euro sollte die türkis-blaue Reform auch die Leistungen für alle Kassen-Patientinnen und -Patienten in Österreich angleichen. Statt verschiedenen Regelungen in den Bundesländern und für Berufsgruppen, sollte ein einheitlicher Leistungsumfang für ganz Österreich geschaffen werden. Auch dieses Ziel wurde laut Rechnungshof-Rohbericht verfehlt.
Was bleibt also außer Mehrkosten übrig vom Prestigeprojekt der Regierung Kurz-Strache aus dem Jahr 2018? Vor allem eines: Neue Mehrheitsverhältnisse in den Gremien der Sozialversicherung. Vor der Reform saßen in den Entscheidungsgremien der Gebietskrankenkassen vier Arbeitnehmer-Vertreter und ein Unternehmer-Vertreter. Das sollte die Realität abbilden, schließlich kommen in Österreich auf einen Unternehmer elf Beschäftigte. Und gerade einmal 29 Prozent der Gesamteinnahmen der Gebietskrankenkassen stammten von Unternehmern.
Nach der türkis-blauen Reform sieht das heute ganz anders aus. Zwar sind in der neu geschaffenen Österreichischen Gesundheitskasse ÖGK nach wie vor hauptsächlich Beschäftigte versichert, die auch den Großteil der Beiträge einzahlen, ihre Mehrheit haben sie aber verloren. In den neuen ÖGK-Gremien sind Arbeitnehmer und Unternehmer zu gleich Teilen vertreten, womit sich die ÖVP durch parteinahe Unternehmer- wie Arbeitnehmer-Vertreter de facto die Mehrheit sicherte.
Besonders heftige Kritik an der Kassen-Reform kommt nach dem Rechnungshof-Bericht aus Niederösterreich und Oberösterreich. Niederösterreichs SPÖ-Chef Franz Schnabl etwa fragt auf Twitter: „Wir sind jetzt aber nicht ernsthaft überrascht, dass die Reform der Sozialversicherungen nichts anderes zum Ziel hatte, als Arbeitnehmervertreter auszubooten, oder?“ Schnabl wendet sich zynisch an Ex-Kanzler Sebastian Kurz, der den Kassen-Umbau damals als großen Erfolg feierte: „Ein weltweit führendes und mit geringem Verwaltungsaufwand betriebenes System der Sozialversicherungen zu ruinieren und hunderte Millionen Verlust zu produzieren, das schafft wirklich nur ein Talent wie er!“
Auch aus der Gewerkschaft hagelt es Kritik. Für ÖGB-Oberösterreich Vorsitzenden Andreas Stangl kommt „der Machtrausch von Türkis-Blau die Versicherten nun teuer zu stehen. Offenbar war das einzige Ziel der angeblichen Reform, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Mitsprache zu nehmen und Mehrheitsverhältnisse zugunsten der Regierungsparteien umzudrehen.“
ÖGK-Chef Bernhard Wurzer – er ist der ÖVP zuzurechnen – verteidigt die Reform hingegen. Die Einsparungen würden aber erst im Laufe der nächsten Jahre greifen, so schnell wie von Türkis-Blau versprochen gehe es nicht. Schuld daran sei auch die Pandemie, so Wurzer.
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