Auf 10.000 Kärntner kommt ein Pflegekoordinator, der direkt mit den älteren Landsleuten deren Pflegebedürfnisse auslotet und bis hin zu Fahrdiensten oder Arztbesuchen Unterstützung anbietet. So sollen pflegebedürftige Menschen so lange sie wollen in den eigenen vier Wänden leben können. Dieses Modell der Pflege-Nahversorgung aus Kärnten könnte zum Vorbild für ganz Österreich werden.
2020 waren 467.136 Menschen in Österreich pflegebedürftig. Durch die älter werdende Gesellschafft werden es künftig noch mehr sein. „Wie wesentlich, ja, wie systemrelevant Pflege ist, hat die Coronakrise gezeigt – und hoffentlich auch jene wachgerüttelt, die bis dato wichtige Reformvorhaben und Entwicklungsschritte blockieren. Oder wenn nicht blockieren, so doch nicht in der Form vorantreiben, wie ich es mir wünsche und wie es notwendig ist“, sagt Kärntens Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ) anlässlich des Weltpflegetages.
Schon 2019 stellte Prettner mit dem Modell der Pflege-Nahversorgung ein aktives Pflegemodell vor. Damit soll es den Menschen ermöglicht werden, so lange sie wollen in ihren eigenen vier Wänden zu bleiben und dort die Pflege zu bekommen, die sie brauchen.
Organisiert wird die Pflege-Nahversorgung von den Pflegekoordinatoren des Landes. „Es handelt sich dabei um die niederschwelligste Leistung im Bereich der Pflege und Betreuung. Sie findet vor Ort statt und wird sehr gut von der Bevölkerung aufgenommen,“ erläutert die Projektleiterin im Sozialbereich Michaela Miklautz.
Auf 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner kommt ein Pflegekoordinator, der aktiv die Menschen zu Hause aufsucht. Die Aufgaben der Pflegekoordinatoren gehen von der Feststellung des Pflegebedarfes über die Hilfe bei administrativen Angelegenheiten bis zur Organisation ehrenamtlicher Unterstützung. Sie sind Ansprechpartner für die pflegebedürftigen Menschen in Kärnten, vermitteln zu Unterstützungseinrichtungen und Gemeinden und begleiten die ehrenamtlichen Helfer.
Wenn pflegebedürftige Menschen allein wohnen, kann Alterseinsamkeit zu einer großen Belastung werden. Ehrenamtliche Helfer sind eine wichtige Unterstützung im Kampf gegen die Einsamkeit. „Wir haben innerhalb der Pflege-Nahversorgung ein Projekt gegen die Einsamkeit gestartet – und zwar das Ehrenamt. Binnen kürzester Zeit konnten wir 210 Ehrenamtliche gewinnen,“ berichtet Projektleiterin Michaela Miklautz.
Neben der medizinischen Versorgung, die von ausgebildetem Fachpersonal durchgeführt wird, fallen in der Pflege zu Hause viele Aufgaben an, die ohne das Engagement von Ehrenamtlichen kaum zu bewältigen wären. Dazu zählen etwa Fahrtendienste, die Erledigung von Einkäufen, die Unterstützung im Haushalt und „einfach da sein“. Ein gemeinsamer Spaziergang, Kartenspielen oder bei einer Tasse Kaffee plaudern, können hier kleine Wunder bewirken. Die Ehrenamtlichen werden für ihre Aufgaben von Experten eingeschult und vorbereitet. Dazu zählen unter anderem der Umgang mit demenzkranken Personen, Hygieneschulungen und Erste-Hilfe-Kurse.
Mittlerweile nehmen bereits 50 Gemeinden an der Pflege-Nahversorgung Teil, Gespräche mit weiteren Kommunen werden bereits geführt. Bald könnte die Hälfte aller Kärntner Gemeinden an dem Projekt beteiligt sein.
Das spricht sich österreichweit herum: Auch auf Bundesebene wird die Einführung eines ähnlichen Modells nach Kärntner Vorbild mit sogenannten „Comunity Nurses“ angedacht. Das Kärntner Pflege-Projekt könnte damit zum Vorbild für ganz Österreich werden. SPÖ-Gesundheitsreferentin Beate Prettner appelliert an den Bund, von Ankündigungen ins Tun zu kommen:
„Ich erinnere an die Pflegereform, die seit zwei Jahren diskutiert wird. Ich erinnere an den Pakt gegen die Einsamkeit, der seit einem Jahr propagiert wird“, sagt Prettner Richtung Bundesregierung.
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