Seit November regiert in Graz eine Koalition aus KPÖ, SPÖ und Grünen. Sie trat nach 18 Jahren ÖVP-Herrschaft mit dem Versprechen an die Stadt von Grund auf zu verändern. Rot-Rot-Grün kürzte seitdem die Parteienförderung und sorgte dafür, dass Müll- und Kanalgebühren nicht teurer werden. Für die Parteien gibt es ab heuer weniger Steuergeld – für Kinder in Brennpunktschulen hingegen mehr.
Im Herbst 2021 veränderte sich die politische Landschaft in der steirischen Landeshauptstadt dramatisch. Am 26. September präsentierte die Bevölkerung dem bis dahin 18 Jahre regierenden Bürgermeister Siegfried Nagl die Rechnung für Verbauung, Verkehrschaos und überteuerte Prestigeprojekte. Seine ÖVP verlor fast 12 Prozent und landete nur noch auf Platz 2. Stärkste Kraft wurde die Kommunistische Partei.
Entgegen den Erwartungen der meiste politischen Beobachter machte das Wahlergebnis eine Linkskoalition möglich. Nach intensiven Verhandlungen einigten sich KPÖ, SPÖ und Grüne auf ein Koalitionsprogramm. Kern des Papiers ist die Veränderung von Graz hin zu einer sozialeren, klimafreundlicheren und demokratischeren Stadt. Am 17. November wurde Elke Kahr (KPÖ) zur Grazer Bürgermeisterin gewählt. Unmittelbar danach begann die ersten Reformschritte.
Ein Schwerpunkt der Grazer Linkskoalition ist die Bekämpfung der Armut. Die Corona-Pandemie hat die Ungleichheit in Österreich weiter erhöht. Während die Reichen ihr Vermögen sogar vergrößern konnten, können sich immer mehr Menschen das tägliche Leben nicht mehr leisten. Die hohe Inflation tut ihr Übriges.
Um den Menschen zu helfen, hat die rot-rot-grüne Koalition daher einen „Gebührenstopp“ beschlossen. Die automatische Erhöhung der Gemeindegebühren gehört damit der Vergangenheit an. Im Jahr 2022 werden Kanal- und Müllgebühren überhaupt nicht erhöht. Dasselbe gilt auch für von der Gemeinde vermietete Immobilien.
Finanziert wird der Gebührenstopp teilweise durch eine Kürzung der Grazer Parteienförderung – die Stadtparteien bekommen jetzt weniger Fördergelder als zuvor. Insgesamt spülte diese Maßnahme 124.000 Euro pro Jahr in die angespannte Grazer Stadtkasse.
Im Jänner beschloss der Gemeinderat, schulautonome Mittel in Zukunft verstärkt Brennpunktschulen zur Verfügung zu stellen. Um das zu gewährleisten, wird ein umfangreicher „Sozialindex“ erstellt. Er beinhaltet unter anderem die Alltagssprache der Kinder sowie den Bildungshintergrund der Eltern. Auf dieser Basis kommt es dann letztendlich zur Verteilung der Mittel auf die einzelnen Schulen. Motto: Schulen mit größeren Herausforderungen brauchen auch ein größeres Budget. In Deutschland hat sich diese Vorgehensweise bewährt.
Auch bei den Kleinsten plant die Stadtregierung Veränderungen. Sie will die Kindergärten langfristig gratis machen. Für Michael Ehmann, Chef der Grazer SPÖ, ist klar: „Eine gute Schulbildung darf nicht vom Einkommen der Eltern abhängig sein.“
Wann der Gratis-Kindergarten kommt, ist noch unklar. Angesichts der katastrophalen Finanzlage der Stadt Graz sind derzeit im Bildungsbereich nämlich nur kleine Schritte möglich. Von diesen sollen die Eltern jedoch so schnell wie möglich profitieren. Ab September kommt es daher zu einer Senkung der Elternbeiträge in den Grazer Kinderbetreuungseinrichtungen.
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