„Schmerzhafte Einsparungen“ fordert die Fluglinie Ryanair während der Corona-Krise von seinen Mitarbeitern. Standorte werden geschlossen, Gehälter gekürzt und Beschäftigte entlassen. Experten sprechen von einer „Abwärtsspirale des Lohndumpings“ in der gesamten Airline-Branche. Hinzu kommt, dass viele Kundinnen und Kunden bei Ryanair ihre stornierten Flüge nicht rückerstattet bekommen. Während all dem gönnt sich Firmenchef Michael O’Leary einen Bonus und kassiert mehr Gehalt als im vergangenen Jahr vor der Krise.
In Krisenzeiten ist Geld rar. Doch statt an seiner eigenen Bonuszahlung zu sparen, kürzt Ryanair-Chef Michael O’Leary die Löhne seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In Wien drohte er sogar mit der Schließung von Laudamotion, einem Tochterunternehmen, falls die Beschäftigten keine niedrigeren Gehälter akzeptieren. Noch schlimmer ist es in Deutschland: Mitte September stellte die hiesige Ryanair-Tochter den Betrieb komplett ein.
Währenddessen fasste die Jahreshauptversammlung von Ryanair im Krisenjahr einen erstaunlichen Beschluss: CEO Michael O´Leary erhält ein Jahresgehalt von 3,5 Millionen Euro und zusätzlich noch einen Bonus von 460.000 Euro. Das ist trotz schwerer Corona-Wirtschaftskrise mehr als im Jahr davor.
Ende Juli sprach Ryanair vom schlechtesten Quartal in 35 Jahren Unternehmens-Geschichte. Das Unternehmen kündigte einen „schmerzhaften Rettungsplan“ an.
Bislang ist der aber nur für die Beschäftigten schmerzhaft. Eine Woche bevor O’Leary sein Gehalt genehmigen ließ, verwandelte er die in Wien ansässige Laudamotion in eine leere Hülle. Das bedeutet: Weder Firmenschild noch Briefkasten. Ryanair kündigte am 10. September an, dass die Fluggesellschaft ab Winter als Lauda Europe fliegen werde, mit einer Lizenz aus dem kleinen Mittelmeerstaat Malta.
„Lauda Europa ist nicht einmal eine Briefkastenfirma“, erklärt der Luftfahrtexperte Jan Gruber. Er hat vor Ort recherchiert und weder ein Firmenschild noch einen Briefkasten gefunden.
Zuvor hatte Ryanair für sein Personal bereits Tarifverträge mit Gewerkschaften abgeschlossen. Diese konnten nun aber umgangen werden: Die Malta-„basierte“ Lauda Europe fungiert für Ryanair dabei als Schlupfloch.
Mit Lauda Europe kann sich das Unternehmen aus bestehenden Tarifverträgen herausmogeln. Ryanair könnte Mitarbeiter formell kündigen und bei Lauda Europe die Gekündigten als Bewerber für den bestehenden Arbeitsplatz einreichen. Da Lauda Europe noch keine Tarifverträge mit Gewerkschaften abgeschlossen hat,kann Ryanair so die anderswo bestehenden Arbeitsvereinbarungen umgehen. Dies wäre vollkommen legal – und es geschieht bereits. Die Mitarbeiter von Laudamotion müssen nun neue Verträge mit Lauda Europe unterzeichnen.
Das Unternehmen drohte damit, den Standort in Wien vollständig aufzugeben. Um das zu verhindern, mussten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach monatelangem Hin und Her im Juni einen neuen Kollektivvertrag akzeptieren. Allerdings zu schlechteren Konditionen als zuvor: Er garantiert Flugbegleitern 14 Mal im Jahr ein Grundgehalt von 1.440 Euro brutto pro Monat. Zu Beginn hatte Ryanair sogar nur 1.000 Euro angeboten.
Als weitere Drohung ließ Ryanair alle Beschäftigten beim AMS zur Kündigung anmelden. Und auch nach Unterzeichnung des neuen Kollektivvertrages wurden diese nicht zurückgezogen. Tatsächlich wurden in der Zwischenzeit rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen. Etwas mehr als 300 sind noch im Unternehmen. Dazu kommt, dass Ryanair 25 Beschäftigte im Mutterschaftsurlaub vor Gericht gebracht hat, um sie zu zwingen, ihrer Entlassung zuzustimmen.
Auch Standorte in anderen Ländern sind von der Niedrig-Lohn-Politik von Ryanair betroffen. Am 10. September kündigte die Fluggesellschaft an, dass sie die letzte verbliebene deutsche Laudamotion-Niederlassung in Düsseldorf schließen werde. Ab Ende Oktober werden dort alle 200 Mitarbeiter arbeitslos sein.
Bei der deutschen Niederlassung der Tochterfirma Malta Air scheiterten die Lohnverhandlungen, weil Ryanair den 900 Beschäftigten weniger Gehalt anbot, als das vorgegebene Arbeitslosengeld hoch gewesen wäre.
Als Folge der Drohungen in Deutschland und Österreich verzichteten die Pilotinnen und Piloten in Spanien auf 20 Prozent ihres Gehalts und akzeptierten geänderte Dienstpläne und Urlaubsregelungen. In Irland gelang es Ryanair, die Gewerkschaften zu übergehen und individuelle Verträge abzuschließen – natürlich zu schlechteren Bedingungen für die Piloten.
Fluggesellschaften wie Ryanair „spielen mit der Angst der Angestellten“, sagt Daniel Liebhart, Vorsitzender der Luftfahrtsektion der Gewerkschaft vida, gegenüber dem Moment-Magazin. Die Covid-Krise wird zum Anlass genommen, die Niedriglöhne weiter zu drücken.
Bislang betreffen diese schmerzlichen Einsparungen nur die Beschäftigten von Ryanair und ihren Tochtergesellschaften. CEO O’Leary hingegen hat im vergangenen Jahr sogar ein neues Vergütungspaket für sich selbst ausgehandelt. Wenn das Unternehmen in den nächsten Jahren einen Jahresgewinn von zwei Milliarden Euro erwirtschaftet oder wenn der Aktienkurs von Ryanair auf über 21 Euro steigt, kann sich O’Leary zehn Millionen Aktien seines Unternehmens zu einem Festpreis von 11,12 Euro sichern. Sein Gewinn würde dann 99 Millionen Euro betragen, wie die britische Zeitung The Guardian berichtet.
Solche Vergütungen haben zur Folge, dass der CEO noch weniger darauf bedacht ist, angemessene Gehälter zu zahlen und faire Arbeitsbedingungen zu bieten. Im Gegenteil: Niedrige Löhne, hohe Unternehmensgewinne und ein guter Aktienkurs – davon profitiert der Unternehmens-Chef persönlich.
Obwohl der Flugverkehr vorübergehend eingestellt wurde, verzeichnete Ryanair im zweiten Quartal einen Verlust von „nur“ 185 Millionen Euro. Die Verluste werden durch das Barvermögen von Ryanair in Höhe von 3,9 Milliarden Euro und 333 Jets im Wert von rund sieben Milliarden Euro ausgeglichen. Noch dazu gewährte die britische Regierung der Fluggesellschaft ein Darlehen in Höhe von umgerechnet 654 Millionen Euro. Durch eine Kapitalerhöhung an der Börse hat Ryanair zudem sogar 400 Millionen Euro an frischem Geld von den Aktionären aufgenommen.
An Vermögen mangelt es dem Flug-Unternehmen also nicht. Trotzdem streicht es Jobs und verhandelt Gehälter nach unten.
Ryanair, und insbesondere Laudamotion, weigern sich hartnäckig, ihren Kunden Tickets zu erstatten. Nach Angaben von FairPlane, einer Agentur für Fluggastrechte, hatte Ryanair seinen Kunden bis August nur sieben Prozent der Tickets zurückerstattet.
O’Learys Laudamotion hält den traurigen Rekord von nur zwei Prozent – den niedrigsten aller Fluggesellschaften.
Dass es anders geht, zeigt selbst der Billigkonkurrent EasyJet: Dort wurden im August bereits 96 Prozent der Flugtickets erstattet. Auch die Austrian Airlines hatten zu diesem Zeitpunkt mehr als die Hälfte der Forderungen ihrer Kunden beglichen.
Am 1. Dezember 2024 tritt in Oberösterreich das neue Hundehaltegesetz in Kraft. Initiiert hat es…
30.000 Jobs beim deutschen Automobilhersteller VW wackeln. Außerdem soll die Belegschaft von Volkswagen auf 10…
Der steirische Bezirk Voitsberg kämpft mit Verkehr, Lärm und Feinstaub – der Ausbau der Landesstraße…
Die Möbelkette Kika/Leiner ist pleite. Schon wieder, denn das Sanierungsverfahren ist gescheitert. Bereits 2023 musste…
Gegendarstellung namens der Novomatic AG „Gegendarstellung: Sie halten auf der Website (§ 1 Abs 1…
Von der Musik über den Sport bis hin zur Politik: Oberösterreich hat viele Talente und…