Gesellschaft

Väter erzählen: „Ich wäre gern in Karenz gegangen, aber finanziell war das unmöglich.“

Am 8.Juni ist Vatertag. Die Erwartungen an Väter haben sich im Laufe der letzten Jahrzehnte deutlich gewandelt. Heute wünschen sich immer mehr Männer, in das Leben ihrer Kinder involviert zu sein und zu einem aktiven Teil ihrer Familie zu werden. Dabei stoßen viele immer noch auf ungünstige Rahmenbedingungen. Besonders finanzielle Aspekte werden häufig zur Hürde und am Ende bleiben wieder die Mütter daheim.

Foto von Natasha Ivanchikhina auf Unsplash

Über die Vorstellung, was eine gute Mutter macht, gibt es klare gesellschaftliche Richtlinien. Die Vorstellung, was einen guten Vater ausmacht, ist meist variabler und individueller. Wir haben anlässlich des Vatertags mit drei Vätern gesprochen: Was bedeutet es für sie, für ihre Familie da zu sein? Die Vorstellungen gehen, je nachdem wie progressiv oder konservativ das Umfeld ist, stark auseinander.

Und doch eint sie eines: ihre Rolle die Familie finanziell Abzusichern ist bei allen besonders präsent. Aber Väter können auch anders für ihre Familie und ihre Kinder da sein, als nur als „Geldgeber“ – etwa in der Unterstützung ihres Partners oder ihrer Partnerin – oder in der intensiven Beziehungspflege zum Kind, nicht nur am Wochenende.

„Für mich bedeutet Vatersein, meine Kinder bedingungslos zu lieben und für sie da zu sein.“ erzählt Zsolt, Vater von drei Kindern.

Aktive Vaterschaft  ist das, was viele Männer meinen, wenn sie sagen, dass sie gern mehr für ihre Kinder da sein möchten – und das auch tun! Väter, die sich emotional, praktisch und dauerhaft am Familienleben beteiligen. Sie wickeln, planen Familientreffen oder Arzttermine, treffen Entscheidungen – nicht als Helfer, sondern als gleichwertige Bezugspersonen.

Väterkarenz bleibt die Ausnahme

Wie häufig sich Männer an Karenz, Kinderbetreuungsgeld oder vergleichbaren familienpolitischen Maßnahmen beteiligen, ist ein wichtiger Gradmesser. In der Praxis wünschen sich viele Väter eine stärkere Einbindung, dennoch stoßen sie bis heute auf Hürden. Das zeigt unser Gespräch mit Michael, Vater bald dreijährigen Tochter.

„Am Anfang habe ich schon darüber nachgedacht, auch in Karenz zu gehen. Nachdem sich unser Einkommen dann aber erheblich verringert hätte, haben wir die Überlegung schnell wieder fallen gelassen.“ – Michael, Vater einer Tochter

Väterkarenz und Papamonat
In Österreich haben Väter seit 1990 das Recht, in Elternkarenz zu gehen. Teilen sich beide Elternteile die Karenz, so können sie seit 2023 die Elternkarenz bis zum zweiten Geburtstag ihres Kindes in Anspruch nehmen.

Zusätzlich gibt es den sogenannten „Papamonat“. Dieser kann von allen Vätern, sowie bei gleichgeschlechtlichen Paaren vom zweiten Elternteil, in Anspruch genommen werden, sofern ein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind besteht. So können Väter im Zeitraum nach der Geburt bis zum Ende des Beschäftigungsverbots der Mutter eine einmonatige Auszeit vom Beruf nehmen. Anstelle ihres Gehalts erhalten sie in dieser Zeit den Familienzeitbonus von 54,87 Euro pro Tag.

Trotz dieser Regelungen bildet Österreich im EU-Vergleich mit nur etwa 16 Prozent Väterbeteiligung bei der Elternkarenz das Schlusslicht. Zwar war seit 2006 ein Anstieg der Beteiligung von Männern an der Kinderauszeit zu beobachten, doch seit 2018 zeigt sich wieder ein rückläufiger Trend. So sank der Anteil von Vätern an der Karenz zwischen 2017 und 2021 um rund drei Prozentpunkte.

Bildcredits: Foto von Andrey K auf Unsplash

Auffällig ist außerdem, dass vor allem kürzere Erwerbsunterbrechungen von bis zu drei Monaten zugenommen haben. Längere Karenzzeiten bleiben eine Ausnahme: Nur 8,5 Prozent gehen länger als 6 Monate in Karenz – das entspricht gerade einmal jedem zwölften Vater.

Auch langfristig führt die Vaterschaft nur selten zu einem reduzierten Erwerbsausmaß. Männer mit Kindern im Haushalt sind in Österreich insgesamt sogar häufiger erwerbstätig als Männer ohne Kinder. Während viele Mütter auch nach der Karenz ihre Arbeitszeit reduzieren, ist dieses Modell bei Vätern selten: In nur 1,4 Prozent der Familien arbeitet der Vater in Teilzeit. Bei fast der Hälfte der Haushalte mit Kindern unter 15 Jahren ist es dagegen die Mutter.

Das Private ist politisch

Aktive Vaterschaft ist weit mehr als eine private Entscheidung. Sie hat gesamtgesellschaftliche Relevanz – vor allem in Hinblick auf Gleichstellung. Die Folgewirkung eines engagierten Vaters für die partnerschaftliche Aufteilung bedeutet auch für Mütter eine andere Rollenverteilung. Mehr Freiraum für Erwerbstätigkeit und weniger unbezahlte Fürsorgearbeit.

Foto von Caroline Hernandez auf Unsplash

Aber nicht nur die Frauen, auch die Kinder würden davon profitieren, wenn ihre Väter mehr Zeit für sie haben können. Die Ergebnisse der britischen PIECE-Studie zeigen, dass väterliches Engagement einen längerfristigen Vorteil für den Bildungserfolg des Kindes darstellt. Abseits von schulischen Leistungen profitieren Kinder auch in ihrer kognitiven, sprachlichen sowie emotionalen Entwicklung von einem intensiven Vater-Kind-Verhältnis.

„Vor kurzem hat mir meine Tochter gesagt, sie ist froh, dass ich in ihrer Kindheit so viel bei ihr zuhause war. Ich glaube das erklärt auch, warum wir heute noch eine enge Beziehung haben.“ – Georg, Vater einer erwachsenen Tochter

Aktive Vaterschaft ist gut für alle

Es ist zu befürchten, dass sich in Zeiten wirtschaftlicher Krise, wenn immer mehr Familien Probleme haben, ein finanzielles Auskommen zu finden, noch weniger Väter in Karenz gehen. Der Gesellschaft und allen voran den Vätern selbst würde jedoch eine aktive Väterbeteiligung an der Kindererziehung guttun. Nehmen wir den Vatertag zum Anlass, die Rahmenbedingungen zu verbessern, damit in Zukunft möglichst viele Männer aktive Väter sein können.

Elena Hackl

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