Kärnten

„In Vielfalt geeint“: Kärnten ist die kleine Welt, in der das große Europa Einzug hält

Wir erfüllen in Kärnten das Motto „in Vielfalt geeint“ mit Leben. Seit vielen Jahren gelingt es uns, die Unterstützungsmöglichkeiten der EU bestmöglich zu nutzen. Deshalb ist unser Bundesland auf der Überholspur und in vielen Bereichen eine europaweit beachtete Vorzeigeregion.

Bild: LPD Kärnten


Gastkommentar
von Landeshauptmann Peter Kaiser

„In Vielfalt geeint“. Diesen Titel habe ich anlässlich der 10 Jahres-Feier zur Ortstafellösung im Sommer 2021 für die Beschreibung unserer Kärntner Erfolgsgeschichte gewählt. Passenderweise, wie ich meine. Denn nach vielen Jahren der Auseinandersetzungen zwischen deutsch- und slowenischsprachigen Landsleuten, der Ab- und Ausgrenzung von bzw. zu Nachbarstaaten, zu anderen Kulturen, können wir heute tatsächlich selbstbewusst sagen: Kärnten ist in Vielfalt geeint!

Wir haben den Mehrwert, den diese Vielfalt für Kärnten, für jede Einzelne und jeden Einzelnen von uns bedeutet, erkannt bzw. wird diese Erkenntnis von immer mehr Menschen geteilt.

Es ist ein Mehrwert, der unsere Region am Schnittpunkt dreier Kulturen – der germanischen, der romanischen und der slawischen – im Herzen Europas auszeichnet und der uns europaweite Beachtung und enorme Unterstützung, auch und insbesondere seitens der EU, beschert.

Man könnte auch sagen: Kärnten ist die kleine Welt, in der das große Europa Einzug hält.

Denn: „In Vielfalt geeint“ ist nicht nur ein Titel für unsere Erfolgsgeschichte, es ist auch das Motto der EU. Dieses Motto erfüllen wir bei uns in Kärnten tatsächlich mit Leben. Und bei dieser Erfüllung, bei der Umsetzung, werden wir von der Europäischen Union massiv unterstützt. Kärnten wäre heute nicht auf der Überholspur und ein europaweit beachtete Vorzeigeregion, würde es uns nicht seit vielen Jahren gelingen, die Unterstützungsmöglichkeiten der EU bestmöglich zu nutzen.

EU-Interreg forciert die geopolitische Lage in Kärnten in Zentraleuropa

Die sogenannten Interreg-Programme mit Italien und Slowenien festigen die geopolitische Lage Kärntens am Schnittpunkt der Sprachen und Kulturen und sind damit auch eine Modellregion des gesamteuropäischen Friedensprojekts.

Was ist „Interreg'?
„Interreg“ ist eine europäische Initiative, die die Zusammenarbeit zwischen EU-Staaten und benachbarten Nicht-EU-Ländern fördert. Das Programm unterstützt etwa gemeinsame Infrastruktur-, Umwelt- oder Kulturprojekte. Auch Kärnten hat einige Interreg-Projekte.

Konkrete Projekte von „Kärntens Interreg-Klassikern“ der vergangenen 20 Jahre waren der Drauradweg, der Alpe-Adria-Trail, der Geopark Karawanken, die Gailtaler Erlebnisalmen oder auch die UNESCO-affinen Initiativen des Biosphärenparks Nockberge. Beispielsweise waren die Kärntner Interreg-Projekte CAAR Alpe-Adria-Radweg, BikeNat, Nockbike oder EmotionWay sehr marktorientierte Produkte des seit Jahrzehnten boomenden Radtourismus in ganz Europa.

Der UNESCO Global Geopark Karawanken wurde und wird mit Leader- und Interreg-Subvention auch international positioniert und hat zudem mit dem 2022 abgeschlossenen EU-Horizon-Projekt „Ruritage“ ein Netzwerk mit weltweit 21 ähnlichen Initiativen aufgebaut. Nicht zuletzt hat auch der Biosphärenpark Nockberge bereits 2003 mit dem Interreg-Projekt ERA gemeinsam mit dem Nationalpark Triglav in Slowenien und dem Naturpark Prealpi Giulie in Italien ein bis heute wirkendes Dreiländer-Parknetzwerk begründet.

Der ländliche Raum, ein Schwerpunktgebiet der EU-Strukturpolitik, kämpft mit Klimakatastrophen, Pendlerfixkosten oder Infrastrukturreduktion – insbesondere aber mit dem drastischen Rückgang an Aufbruchstimmung und Initiative. Es wird künftig einer konzertierten Vorgangsweise der Gesamtpolitik des Landes bedürfen, um dem drohenden Niedergang von ländlichen Regionen entgegenzuwirken.

Europäische Vorzeigeregion für Klimaschutz

Mit einem Anteil von 57% ist Kärnten Spitzenreiter in Österreich bei der Gewinnung von Energie aus erneuerbaren Energieträgern. Die nutzbare Wasserkraft, die vorhandenen Waldflächen (welche über 60% unseres Bundelandes bedecken) und die vielen Sonnenstunden prädestinieren Kärnten, sich im Sinne des „Europäischen Green Deals“ weiterzuentwickeln und als Modellregion für ganz Europa aufzutreten. Dazu ist mit der Landeshauptstadt Klagenfurt als ausgewählte und einzige klimaneutrale und intelligente Stadt Österreichs bis 2030 ein Leitprojekt im Gange. Ebenso findet mit der Verwendung von Wasserstoff im öffentlichen Busverkehr im Raum Villach ein beispielgebendes Pilotprojekt statt.

Weitere Projektinitiativen wie Photovoltaik auf großen öffentlichen und privaten Parkplätzen und im privaten Bereich wie auch in allen öffentlichen Bereichen sind konkrete Maßnahmen, die dahingehende Spitzenreiterfunktion Kärntens weiter auszubauen.

Europawahlen 2024

Um gerade die junge Generation für die EU und die Ausübung ihres Wahlrechts zu sensibilisieren, wäre eine flächendeckende Dialogveranstaltungsreihe mit zur Wahl berechtigten Jugendlichen in Kärnten anzudenken.

Aufbauend auf die in Kärnten für die EU-Kommunikation entwickelten Formate (Kärntner EU-Cafés mit Abgeordneten zum Europäischen Parlament, Workshops mit thematischen Wanderausstellungen, Informationstreffen zu den Erasmus+-Programmen, Reisen von Kärntner Schüler*innen nach Brüssel etc.) werden bereits jetzt landesweit alle zur Wahl berechtigten Schüler*innen erfasst und über eine dieser Kommunikations- und Dialogveranstaltungen zur Teilnahme an der Europawahl sensibilisiert und animiert. Diese Veranstaltungsreihe sollte mit dem Schuljahr 2023/24 im Herbst erneut starten und mit ergänzender Unterstützung der Bildungsdirektion und von EUROPE DIRECT Kärnten organisiert werden. Als zusätzlicher Impulsgeber könnte ein Wettbewerb zunächst jeweils schulintern und dann landesweit zum Europatag 2024 organisiert werden und dabei dem Muster des einstigen Europa-Quiz folgen. Im Rahmen dieser Kampagne sollten alle höheren Schulen sowie die land- und hauswirtschaftlichen wie auch die polytechnischen und Berufsschulen erfasst werden.

Neben Interreg-Projekten: Kärnten betreibt weitere internationale Kooperationen

Seit 2001 bestanden Kooperationsabkommen, anfänglich mit der autonomen Region Friaul-Julisch-Venetien, später dann gemeinsam mit der Region Veneto. Dieses Abkommen wurde letztmalig 2007 verlängert. Am 21. Juni 2007 wurde das Grundsatzpapier für eine gemeinsame Euregio von den drei Partnern in der „Villa Manin“ unterzeichnet. Nach mehreren Stationen wurde am 18. Dezember 2008 das Kärntner-EVTZ-Gesetz (Europäischer Verbund Territorialer Zusammenarbeit) als formale Grundlage zur Errichtung der EUREGIO Senza Confini beschlossen.

Am 27. November 2012 wurde der EVTZ Euregio Senza Confini in Venedig gegründet. Als erster Präsident wurde der Präsident des Veneto, Luca Zaia, bestellt. Erste Erfolge stellten sich mit dem zweiten Aufruf im grenzüberschreitenden Kooperationsprogramm INTERREG V-A Italien-Österreich 2017 ein: Es wurden mehrere Projekte genehmigt, die auch die Vielfalt der Themen in der EUREGIO widerspiegeln: Vom Lehrlings- und Schüleraustausch, über Migration und Integration, zur verbesserten Warenlenkung mittels IKT (Informations- und Kommunikationstechnik), über Radwege-Tourismus bis hin zu einer Kooperation mit dem EVTZ „Europaregion Tirol Südtirol Trentino“. Mit Juni 2018 übernahm ich selbst den Vorsitz in der Euregio. Dieser wurde bis Juli 2024 einmalig verlängert.

Im Rahmen der verschiedenen Projekte wurden starke Partnerschaften begründet, welche nach Abschluss durch die Unterzeichnung von mehreren Absichtserklärungen eine stabile weitere Zusammenarbeit garantieren. Diese Kooperationen werden vor allem beim Abbau der grenzüberschreitenden Hindernisse wichtig sein, da diese im Fokus der Euregio stehen. Die Euregio hat sich zudem zu einer wichtigen Database für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit entwickelt. Gleichzeitig wird sich die Euregio durch Kooperationen mit den Wirtschafts- und Arbeiterkammern, zukünftig auch stärker sozialpartnerschaftlich aufstellen.

Neben der Kooperation auf regionaler Ebene durch den EVTZ wird zukünftige die verstärkte Zusammenarbeit der lokalen Ebene die Gemeinsamkeiten in den Vordergrund rücken. Erste Schritte dazu wurden mit der Einrichtung der von der lokalen Bevölkerung getragenen Initiativen (CLLD-Regionen) gesetzt. Diese Kooperationsschienen werden durch ein Abkommen zwischen der HEurOpen (CLLD der LAG Region Hermagor (9 Gemeinden), LAG Euroleader (28 Gemeinden) und LAG Openleader (15 Gemeinden)) zusammengeführt, damit konsequent weiter intensiviert und somit die Synergien mit der Euregio genutzt.

Zusätzliche strategische Partnerschaften mit anderen Institutionen bzw. Regionen dies- und jenseits der Grenzen der Euregio bringen einen Mehrwert für alle Beteiligten mit sich. So besteht einerseits ein Arbeitsübereinkommen mit der Region Istrien als permanenter Beobachter in der Generalversammlung und andererseits tauscht man sich mit dem zweiten EVTZ Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino im Gebiet des INTERREG IT-AT regelmäßig aus.

Ein Kärntner Schwerpunktbereich innerhalb der EUSALP (Europäische Strategie für Alpine Regionen) ist das Thema Verkehr und Logistik. Hier sollen die inhaltlichen Anknüpfungspunkte zur EUSAIR (Strategie der Europäischen Union für die Adriatische und Ionische Region) verstärkt und durch konkrete Projekte mit Leben gefüllt werden. Kernstück dieses Brückenschlags zwischen EUSALP und EUSAIR stellt die Baltisch-Adriatische Achse und ihr Teilstück Triest – Fürnitz dar, welches derzeit auch durch das Interreg-Projekt Smartlogi behandelt wird. Auf den Projektergebnissen soll daher aufgebaut werden und die EUSALP dazu genutzt werden, um weiteren Know How-Transfer von anderen Partnern des Alpenraumes in die Euregio sicher zu stellen.

Seit 2022 wird der Nachhaltigkeitspreis der Euregio ausgelobt. Ziel dieses Preises ist es, Best-Practice-Projekte im Raum der Euregio hervorzuheben und nachhaltig zu unterstützen. So wird auch ein Netzwerk von Nachhaltigkeitsbotschaftern geschaffen.

Alpen-Adria-Allianz

Die Alpen-Adria-Allianz wurde 2013 auf Initiative Kärntens neu gegründet. Sie stellt eine dynamische, flexible und niederschwellige Netzwerkstruktur zur projektorientierten Zusammenarbeit im Alpen-Adria-Raum dar, welche die ehemalige Arbeitsgemeinschaft Alpen-Adria ablöst.

Ordentliche Mitglieder sind:

  • die österreichischen Bundesländer Kärnten, Steiermark und Burgenland,
  • die kroatischen Gespanschaften Istrien, Krapina-Zagorje, Koprivnica Križevci, Međimurje, Primorje-Gorski kotar, Varaždin sowie Zagreb-Umland,
  • Slowenien, vertreten durch den Verband der Städte und Gemeinden Sloweniens (Skupnost občin Slovenije – SOS),
  • sowie das ungarische Komitat Vas.

Die regionalen Regierungschefs, vertreten im Format des Alpen-Adria-Rates, traten zuletzt am 9. März 2022 in Varaždin/Kroatien zusammen. Im Rahmen dieser Sitzung wurde auch offiziell der Vorsitz für 2022 und 2023 von der kroatischen Gespanschaft Varaždin an das Land Steiermark übergeben. Die Vorsitzführung wird von EU-Landesrat Werner Amon ausgeübt. Der gegenwärtige steirische Vorsitz hat die Einbindung von Regionen auf dem Westbalkan im Fokus. Eine zentrale Rolle fällt dabei der serbischen autonomen Provinz Vojvodina zu, deren Hauptstadt Novi Sad (Europäische Kulturhauptstadt 2022) am 17. November 2022 auch Gastgeber des Alpen-Adria-Lenkungsausschusses war. Auch eine Heranführung der ehemaligen italienischen Mitgliedsregionen im Rahmen der ARGE Alpen-Adria wird weiterhin angestrebt.

Die konkrete projektorientierte Zusammenarbeit wird von sogenannten Thematic Coordination Points (TCPs) koordiniert, welche gegenwärtig zu den Themen Energie und Umwelt, Europa, Gesundheit, Gleichbehandlung, Higher Education, Inklusion, Katastrophenschutz, Kunst und Kultur, Ländliche Entwicklung und Kulturerbe, Lebenslanges Lernen, Sport, Tourismus sowie Wirtschaft eingerichtet sind. Als Erstansprechpartner für alle Interessierten sind bei allen Mitgliedern Alpen-Adria-Contact-Points eingerichtet, wobei jener des Landes Kärnten gleichzeitig als Generalsekretariat der Alpen-Adria-Allianz fungiert.

Alle Contact Points, Thematic Coordination Points sowie das Generalsekretariat bilden den Lenkungsausschuss der Alpen-Adria-Allianz, in dessen Verantwortungsbereich auch die Genehmigung von Subventionierungen gemeinsamer Projekte aus dem gemeinsamen Budget des Netzwerks fällt.

Seit der ersten Sitzung des Lenkungsausschusses im März 2014 wurden Unterstützungen für insgesamt 276 gemeinsame Projekte genehmigt, worunter einige Vorhaben auch aus den EU-Programmen „Erasmus+“ bzw. „Europe for Citizens“ und „Creative Europe“ gefördert wurden bzw. werden.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Kärnten seine Drehscheibenfunktion im Alpen-Adria Raum beibehalten wird, nicht zuletzt auch da die Alpen-Adria-Rektorenkonferenz – ein Netzwerk von rund 50 Universitäten von Bayern bis Albanien – und das „New Alpe Adria Network of Chambers (NAAN)“ – ein Verbund von Wirtschafts- und Handwerkskammern des Alpen-Adria-Raums – ihre gemeinsamen Sekretariate in Klagenfurt eingerichtet haben.

Peter Kaiser

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